Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2192/A-8/55-2022 – Die Krise macht keine Pause – keine Sommerpause für die Politik in Niederösterreich!
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns seit ein paar Jahren in einem Krisenmodus und entgegen aller sprichwörtlichen Weisheit scheint der Mensch aus Schaden nicht klug zu werden. Warum ist das so? Lassen Sie mich einen kurzen Überblick über die aktuellen Krisen, mit denen wir zu tun haben, geben. Wir haben immer noch die Corona-Pandemie. Obwohl natürlich die Verläufe erfreulicherweise deutlich milder geworden sind, gibt es doch eine beträchtliche Anzahl von Menschen, die nach wie vor unter Folgen leiden – sei es „Long Covid“, sei es Depressionen, psychische Erkrankungen. Zweitens: Wir nähern uns einem Klimawandel. Beim Klimawandel … dem „Point of no Return“ … das ist kurz und klar gesagt der Punkt, wo man die Erde nicht mehr retten kann. Drittens: Wir haben eine internationale Sicherheitskrise mit einem Autokraten, der die sowjetischen Machtverhältnisse wiederherstellen möchte und Abhängigkeiten entsprechend ausgebaut hat und Gas als Waffe einsetzt. Und Viertens: Wir haben eine Teuerung, die die Menschen mit geringem Einkommen jetzt schon sehr stark spüren und die auch immer mehr im Mittelstand ankommt. Die Corona-Krise hat die Menschen mürbe gemacht. Dieses Bedürfnis hoffnungsvoller, positiver in die Zukunft zu schauen wäre das, was gebraucht wird, ist aber angesichts der anderen Krisen natürlich sehr, sehr schwierig. Die Klimakrise sollte uns alarmieren, ist aber für viele weit, weit weg. Das hilft jetzt sozusagen die dritte Krise da ein Stückchen vielleicht voranzukommen. Die dritte Krise ist der Ukraine-Krieg mit der Sicherheitspolitik, wo wir durchaus einige Themen haben, über die wir uns aber weigern zu diskutieren. Und die vierte Krise, die Teuerung, hat einen ursächlichen Zusammenhang mit der dritten und enthält soziale Sprengkraft – auch wenn ich ungern solche martialischen Ausdrücke verwende. Die Politiker und Politikerinnen, insbesondere jene mit Regierungsverantwortung sind dazu da, Krisen zu bewältigen. Dazu braucht es aber Fähigkeiten. Es braucht das Wollen und es braucht eine Kommunikation auf Augenhöhe mit der Bevölkerung. Und hier haben wir die fünfte Krise – politisches Führungsversagen: „Management by Vogel Strauß“. „Management by Gießkanne“. „Management by Ablenkung“. Weil mit den Maßnahmen gegen die Teuerung können wir offensichtlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten. Der Kollege Samwald hat das schon ausgeführt. Es ist schließlich dann näher zum Wahltermin und dann lässt sich das auch ganz gut als Wahlzuckerl verkaufen. Die ÖVP kommt nicht einmal jetzt auf die Idee an Lösungen zu denken. Die ÖVP denkt in Macht und in Erhalt ihrer Macht. Das reicht – zumindest für die Volkspartei. Der Russland-Ukraine-Krieg begann am 24. Februar 2022. Das ist ein Datum, das wir uns immer merken werden. Die Vorzeichen waren aber allen schon seit langem klar, sofern sie die Augen offengelassen haben. Die Krim-Annexion 2014, sicher auch die Verschiebung des globalen Machtgefüges über die NATO-Osterweiterung und den bekannten Machtgelüsten des russischen Führers, der seit 22 Jahren dafür sorgt, dass er an der Macht bleibt und dass in Russland keine Demokratie entstehen darf. Seine Mittel sind die Schaffung von Abhängigkeiten und die Destabilisierung des Westens. Und in jener Zeit haben die österreichischen Politikerinnen und Politiker nichts Besseres zu tun als sich von diesem System energiepolitisch abhängig zu machen. Das Problem mag jetzt Putin sein oder der Krieg oder dass Menschen in Österreich sich inzwischen zwischen Lebensmitteln und Energie entscheiden müssen und die vielleicht auch fürchten, dass sie im Winter nicht einmal genug Geld haben werden, um sich das Heizen überhaupt leisten zu können, weil es vielleicht das Gas nicht geben wird. Das eigentliche Problem ist das fehlende Leadership der Regierungen der letzten zwanzig Jahre – und zwar der Bundesregierungen – da haben wir ja relativ viele gehabt in den letzten paar Jahren – und auch unserer Landesregierungen. Ich vermisse den Mut, notwendige Reformen anzugehen, Klartext zu reden und das Richtige auch für die nächsten Generationen zu tun. Raus aus Öl und Gas, das hat man in Österreich viel zu lange als Ökoschwurblerei abgetan, weil was brauchen wir die Wissenschaft, wenn es Wahlen zu schlagen gibt. Das machen wir mit einem schönen bunten Energiefahrplan. Da haben wir Maßnahmen für die nächsten zwanzig Jahre, als ob wir zwanzig Jahre Zeit hätten. Das tut dann nicht so weh, als wenn man Ziele definiert, die zeitnah, die spürbar und die messbar sind. Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung, die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte sind spätestens heuer bei den Menschen in Niederösterreich angekommen – mit Putin als Trägerrakete, aber das Feuer das haben Sie am Köcheln gehalten mit dem zögerlichen Ausstieg aus Öl und Gas, mit falschen Versprechungen gegenüber der Bevölkerung, dass sich vor lauter Heimattümelei eh nichts ändern muss, weil alles so schön war wie es immer war. Sie von der ÖVP Niederösterreich haben sich dieses Land gekapert mit dem Anspruch „die Niederösterreich-Partei“. Wo kommen wir denn da hin? Aber die Niederösterreicherinnen beginnen aufzuwachen, wenn es nicht mehr warm ist in ihren Wohnungen und wenn sie sich im Herbst dann fragen, ob die Bezirksfeste vom Juni ihre Kinder auch im Herbst noch satt machen werden. Und sie werden sich fragen, was denn diese Landesregierung ermöglicht oder vielleicht auch verhindert hat, damit Energie leistbar ist. Und dann kommen all die verzweifelten Vorschläge, den Geldregen über die Bevölkerung zu gießen. Geld, das wir schon seit langem nicht mehr haben und über möglichst viele Wählerinnen das zu gießen – das ist nämlich das, was wir unter „Gießkanne“ verstehen – nicht, dass das nur bei jenen ankommt, die einen womöglich sowieso nicht wählen. Ich muss da auch die Kollegen und Kolleginnen von der Sozialdemokratie und von der FPÖ dazunehmen, die alle das politische Handwerk gelernt haben und das lautet Erstens: Ziele misst man in Prozentsatz von Wählern. Deren Zeithorizont ist immer die nächste Wahl und Drittens: Bis dahin soll man möglichst keinem wehtun. Mit welchem Feudalismusverständnis wird da eigentlich den Wählerinnen und Wählern begegnet? Wir nehmen euch Steuergeld weg, das wir euch dann wieder zum Teil in Gutsherrenart zurückgeben. Brot und Spiele. Und da sind wir schon bei drohender Krise Nummer sechs: einer Demokratiekrise. Wenn Menschen sich mit Verachtung von der Politik verabschieden und abwenden, weil „die sind eh alle gleich“. Was ich an dieser Stelle sagen muss und möchte: Es sind nicht alle gleich, aber viele von denen, die in Verantwortung sind. Geld verteilen, das ist das, was dieses Land offenbar tun kann, werte Kollegen von der ÖVP. Aber das ist zu wenig. Was wir brauchen, sind strukturelle Reformen statt einem Geldregen als Abspeisung mit Einmalzahlungen. Was wir brauchen, sind Aus- und Umstiegspläne für die Energiewende. Sie müssen erklärt werden, denn die Bürgerinnen und Bürger müssen ins Boot geholt werden für die Umsetzung. Wir müssen raus aus diesen kurz- und langfristigen Abhängigkeiten. Da komme ich beim Thema „Windenergie“ im späteren Verlauf der Sitzung noch darauf zu sprechen. Und einen Spartipp haben wir auch schon seit längerem auf der Agenda – einen relativ guten Spartipp übrigens, im Gegensatz zu anderen, die so in den Medien kursieren – und das ist heute mindestens genauso aktuell wie vor vier Jahren: In Zeiten, wo viele Menschen in Niederösterreich nicht mehr wissen, wie sie die Ausgaben bewältigen sollen, da muss die Politik ein Zeichen setzen und einen Teil ihrer Parteien- und Klubförderung zurückschrauben. Da haben Sie alle wieder dagegen gestimmt. Warum denn? Warum kann man nicht zeigen: Ja, es ist möglich mit einem vielleicht auch kleineren Teil der Parteienförderung auch eine gute politische Arbeit zu machen. Das ist ganz sicher möglich, wenn man will. Die derzeitige Teuerung ist die unmittelbar erlebte Auswirkung von fehlendem Mut und ganz besonders von fehlendem Leadership. Zeit für die Landesregierung, die Hausaufgaben zu machen und endlich ein Krisenmanagement aufzusetzen, das diesen Namen auch verdient oder sie soll abdanken und Platz machen für jene, die wirklich für das Land und nicht nur für den Machterhalt arbeiten wollen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
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- Mödling
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- NEOS – Das Neue Niederösterreich