Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2133/R-1/5-2022 – Rechnungsabschluss des Landes Niederösterreich für das Jahr 2021 sowie Stellungnahme des Landesrechnungshofes Niederösterreich
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Hundsmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Landesräte! Heute im Besonderen Herr Finanzlandesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Budgets und ein Landesbudget ist natürlich wie immer eine in Zahlen gegossene Politik und daher wird es Sie nicht massiv verwundern, wenn hier die dogmatischen und die weltanschaulichen Unterschiede zwischen der Sozialdemokratie und der ÖVP zutage treten, weil wir eine völlig andere Gewichtung gesehen hätten, wie wir unsere Landsleute unterstützen. Im Zuge der Vorbereitung ist uns dazu ein Zitat untergekommen, was mir recht gefällt (liest:)„Was ihr nicht tut mit Lust, gedeiht euch nicht“ von William Shakespeare „Der widerspenstigen Zähmung“. Das passt ein bisschen so zur ÖVP. Dieses Zitat beschreibt natürlich die Budgetpolitik der Landes-ÖVP. Es ist ja heute schon einiges gesagt worden. Wenn man sich den Rechnungsabschluss für das Jahr 2021 vornimmt oder durchsieht und einen Nettofinanzierungssaldo von 170 Millionen Euro darin findet, dann muss man sich genau anschauen, warum das so passiert ist. Aber der öffentliche Schuldenstand beträgt nach der Veröffentlichung der Statistik Austria mittlerweile 9,1 Milliarden – das haben wir heute auch schon einmal gehört – und wir sind nun mittlerweile bei der Haftungsobergrenze bei 81,5 % des Möglichen angelangt. Also es ist praktisch fünf Minuten vor zwölf und wir müssen aufpassen, dass wir weiterhin nicht drüberkommen, sondern innerhalb des Budgets entsprechend umgewichten, denn die Pro-Kopf-Verschuldung der Niederösterreicher nach der VRV ist mittlerweile von 3.686 Euro im Jahr 2020 auf 3.862 Euro angestiegen und das ist doch eine Tendenz, der man entgegenwirken sollte. Dazu ist aber noch gekommen die – ich sage es jetzt bewusst – die Verscherbelung der Wohnbaugelder, die wir völlig anders gesehen hätten. 419 Millionen Euro sind ins Budget reingeflossen und haben praktisch diesen Einmaleffekt erwirkt, der dann unwiederbringlich weg ist. Klar, der Finanzlandesrat freut sich darüber. Er hat auch die entsprechenden Jubelmeldungen abgegeben. Aber das Geld ist jetzt einmal zur Schuldenabdeckung da und hätte aus unserer Sicht völlig anders eingesetzt werden können. Wir haben bereits vorher gewarnt davor, dass Niederösterreich nicht dem Stillstand zum Opfer fallen darf und dass es Investitionen benötigt. Investitionen für die Kinderbetreuung – haben wir heute schon gehört – das soll angeblich nicht dringend sein. Investitionen im Pflegebereich, um den wachsenden Pflegebedarf und den Leistungen gerecht zu werden und Investitionen zugunsten der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, um die bekannte Teuerung entsprechend abzufedern. In puncto Kinderbetreuungsprogramm ist festzuhalten, dass viele Jungfamilien, insbesondere Alleinerziehende – und das sind in der Regel Frauen – unter der aktuell unbefriedigenden Situation leiden müssen. Fakt ist, dass in Niederösterreichs Zahlen bedauerlicherweise die Länge der Öffnungszeiten von Kindergärten seit vielen Jahren auf sehr niedrigem Niveau stagniert. Laut Kindertagesheimstatistik erfüllen österreichweit 51,8 % aller Kindergärten die Kriterien zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Bereich der 3 bis 5-Jährigen Kinder. Niederösterreich liegt mit 41,5 % nicht nur Lichtjahre hinterhalb, hinter dem Spitzenreiter Wien mit 94 %, sondern leider Gottes auch unter dem österreichweiten Durchschnitt von 51 %. Dazu kommen noch die enormen Kosten, die unsere Eltern in Niederösterreich entsprechend belasten. Ich habe hier ein Beispiel mitgebracht aus dem Bezirk Tulln, wo ein Familienvater vollzeitbeschäftigt ist und die Mutter teilzeitbeschäftigt mit 22 Stunden und die zweijährige Tochter in einer Kinderbetreuungseinrichtung untergebracht werden muss, damit die Mutter arbeiten gehen kann. Dafür werden ihr zwischen 430 Euro und 470 Euro per Monat entsprechend abgezogen. Wenn man sich das Einkommen eines 22-Stunden-Jobs vor Augen hält, was da netto rauskommt und die 470 Euro dann davon noch abzieht, dann bleibt im Endeffekt nichts mehr davon übrig. Dann arbeiten wir eigentlich nur mehr für die Steuer oder für den Kindergarten. Das ist eigentlich für ein selbsternanntes Familienland, meine sehr geehrten Damen und Herren, unwürdig. Aus diesem Grund hat die Sozialdemokratie schon im Februar das „KinderPROgramm“ für Niederösterreich vorgelegt, in welchem konkrete Schritte vorgesehen sind, um die Kinderbetreuung in unserem Bundesland ganztägig, ganzjährig und gratis anbieten zu können. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses „KinderPROgramm“ würde im Detail vorsehen, dass im ersten Schritt – und zwar ab dem Kindergartenjahr 2023 und 2024 – Kinder ab zwei Jahren den Landeskindergarten besuchen könnten. Die Eltern könnten wählen, ob sie eine kostenlose Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen oder nicht, aber die Kindergärten müssten zumindest 45 Stunden in der Woche, davon an vier Tagen mindestens 9 ½ Stunden offenhalten und es sollte maximal 25 Schließtage pro Jahr geben. In einem zweiten Schritt beginnend mit dem Kindergartenjahr 2025/26 würde das Angebot aus unserer Sicht nochmals erweitert werden und Kleinkinderbetreuungseinrichtungen, die bereits mit einem Jahr besucht werden können, sollen ausgebaut werden. Natürlich finanziert vom Land NÖ durch Umschichtung der Budgetmittel und nicht durch neue Schulden. Gerechnet wird aus unserer Sicht mit Kosten von etwa 80 bis 100 Millionen Euro. Ich denke, dass man das für eine zukunftsfitte Kinderbetreuung, die auch den Namen verdient, den niederösterreichischen Eltern geben sollte, damit sie die Wahlfreiheit haben, auch entsprechend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu leben. Ich bitte ein geneigtes Auge auf die Industriellenvereinigung und auf die Wirtschaftskammer zu legen, die ja kaum als linkslinke – ich sage einmal – Sozialdemokraten bezeichnet werden, weil genau das verlangt die Wirtschaft. Ich höre das jeden Tag immer wieder: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – und da sollte die ÖVP als Wirtschaftspartei doch für sich einmal in Einklang gehen und das machen. Den Dringlichkeitsantrag, den wir heute eigentliche diskutieren wollten – das haben wir gehört – der sei nicht dringlich. Gut, sei es drum. Er bleibt euch nicht erspart. Dann diskutieren wir ihn in der nächsten Landtagssitzung. Ich halte nur die Aussage, Kollege Kasser, ein bisschen verunglückt, weil dass 600 Euro im Jahr für die Eltern für 50 Euro nicht dringlich sein sollten, na wann ist es denn dringlich? Wenn sie kein Geld mehr haben und wenn sie die Kinder ganz einfach nicht mehr in den Kindergarten schicken? Also das halte ich ehrlich für ein bisschen beschämend. (Beifall bei der SPÖ.) Das Thema „Pflege“, meine sehr geehrten Damen und Herren, das verfolgt uns alle und das ist unsere Zukunft. Wir selbst werden irgendwann in das Alter eintreten, wo wir Pflege brauchen. Wenn wir heute von 450.000 Menschen in Österreich sprechen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen müssen, so rechnen wir im Jahr 2050 – und das ist gar nicht so weit her – von 750.000 Menschen. Also die Überalterung der Gesellschaft schreitet voran. Diejenigen, die dazu beitragen, dass das Ganze finanziert wird, werden immer weniger und daher müssen wir uns auch mit dem Thema „Pflege“ ganz massiv der Herausforderung stellen. Da ist halt auf aufgrund der Zuständigkeiten das Land NÖ in verschiedenster Art und Weise gefordert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da drängt das Thema wirklich. Wir haben ein Pflegeprogramm vorgelegt. Das könnt ihr euch einmal zu Gemüte führen. Es ist nicht alles schlecht, was die Sozialdemokratie vorschlägt. Aber das 17-Punkte-Pflegeprogramm wäre aus unserer Sicht zukunftsweisend. Was wir jetzt noch brauchen – wir wissen es alle – wir haben das Problem mit den Pflegekräften. Wenn wir sie jetzt von Vietnam holen wollen, ok, sei es drum. Aber es wird unser Problem nicht lösen. Wir brauchen ein attraktives Berufsbild. Wir brauchen eine attraktive Ausbildung, die die Menschen gerne in die Pflege bringt und die darin einen Sinn sehen, das zu arbeiten und nicht schon von Haus aus wissen, dass sie drei, vier Jahre später ausgebrannt sind. Weil wir wissen ganz genau, dass sie nach der Ausbildung maximal zwei Jahre im Beruf bleiben, dann gehen sie in die mobile Pflege, dann gehen sie wieder ins Spital, dann gehen sie wieder in die mobile Pflege und dann sind sie vom Pflegemarkt weg. Da muss man einmal Löhne rauf, die Ausbildung entsprechend sichern und die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher für die Zukunft entsprechend absichern. (Beifall bei der SPÖ.) Ein Thema, das der Sozialdemokratie natürlich immer wieder am Herzen liegt und das uns das Burgenland vorgelebt hat – und ich betreibe ja Pflegeheime im Burgenland – ist die Anstellung pflegender Angehöriger. Man sollte das nicht so einfach abtun … so, das sind Dilettanten. Die bekommen eine gute Ausbildung, weil es gibt ja zwei Möglichkeiten: Ich pflege ohne Ausbildung oder ich pflege mit Ausbildung. Die Anstellung pflegender Angehöriger ist allemal besser als die Menschen einem Pflegeheim zu überantworten. Das Erste, was der Mensch will: Er möchte in seinen eigenen vier Wänden alt werden. Da gibt es immer den sogenannten „Kirchturm“. Solange ich meinen eigenen Kirchturm noch sehe, fühle ich mich zu Hause. Die Anstellung pflegender Angehöriger kostet im Wesentlichen ein Drittel dessen, was ein zu Pflegender in einem Heim kostet. Überlegt euch das, ob das nicht doch auch ein gangbarer Weg für Niederösterreich wäre. Es ist nämlich neben der menschlichen Komponente, die das trifft, auch eine pekuniäre Komponente und würde auch das Budget entsprechend entlasten. (Beifall bei der SPÖ.) Das allgemeine Thema „Teuerung“ wird uns ja nicht nur in den nächsten Wochen und Monaten verfolgen. Wir befürchten ja, dass uns das über Jahre hindurch noch verfolgen wird und es hat uns halt jetzt mit voller Wucht entsprechend getroffen. Wir sind meilenweit davon entfernt von diesen 2 %, die die Europäische Zentralbank als Inflation als Richtwert vorgesehen hat. Wenn man sich die Prognosen anhört, wenn man jetzt in die Länder reinschaut, wie es in den anderen Ländern, sogar in den anderen Kontinenten, in China, zugeht, so steht uns Schlimmes bevor. Auch Amerika hat ein Riesenproblem. Also eigentlich steht die Stagflation vor der Tür und da sollten wir jetzt helfen und nicht immer sagen: „Wir warten noch ein bisschen zu. Wir warten noch und im September wird alles besser werden.“ Das hat die Frau Kollegin Collini heute schon gesagt: Im September wird dann die ÖVP die Wahlzuckerl verteilen, damit man hoffentlich die Absolute wieder kriegt. Das könnt ihr euch sparen. Ihr werden die Absolute sowieso nie wieder kriegen. Daher würde ich überlegen, dass man auch jetzt eingreift, dass man als Teuerungsausgleich die 500 Euro entsprechend ausgibt, die Umsatzsteuer entsprechend auf Grundnahrungsmittel, Lebensmittel senkt, den Spritpreisdeckel einführt und auch Maßnahmen für die Jugend mit einem Jugendticket, damit sie mobiler sind, damit sie öffentliche Verkehrsmittel nehmen und nicht mit dem Auto fahren müssen, entsprechend machen und hier eingreifen. In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich … (Unruhe bei Abg. Ebner.) … ja, Kollege Ebner, ich weiß es eh, das gefällt dir nicht, aber das ist nicht das Thema, ob das dir gefällt oder nicht. Das Thema ist die Realität. Wenn ihr euer „Miteinander“ …
Zweiter Präsident Moser: Herr Klubobmann, ich möchte auf die Redezeit hinweisen.
Abg. Hundsmüller (SPÖ): … das „Miteinander“ immer postuliert, dann lebt das „Miteinander“. Die Sozialdemokratie ist jederzeit immer für Gespräche bereit, für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, für unsere Landsleute entsprechend zu arbeiten und zu sorgen. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
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