Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2133/R-1/5-2022 – Rechnungsabschluss des Landes Niederösterreich für das Jahr 2021 sowie Stellungnahme des Landesrechnungshofes Niederösterreich
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): So, ich habe eine ganze Menge Unterlagen mit, aber ist ja auch eine wichtige Debatte. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Hohes Haus! Es ist interessant. Ich habe heute schon zwei Mal gehört, dass wir heute erstmals über den Rechnungsabschluss debattieren. In Wirklichkeit war das letzten Juni schon haargenau dasselbe, weil das Doppelbudget ist ja bekanntlich im November beschlossen worden und nicht im Juni. Aber macht nichts, man muss sich ja nicht alles merken. Wir NEOS sind angetreten mit dem Anspruch – im Gegensatz zu dem, was man uns vorwirft – nicht immer nur das Negative herauszukehren und zu schimpfen, sondern doch auch etwas Wertschätzendes zu sehen, etwas Positives. Mit dem möchte ich heute beginnen. Es wird allerdings der kürzere Teil meiner Rede sein. Positiv ist hervorzuheben, dass sich die neue Bewertungsrücklage positiv entwickelt hat. Das ist zwar nicht der Tätigkeit der Landesregierung zuzuschreiben, sondern der Entwicklung an den Weltbörsen, aber macht nichts. Und die Überstunden in der Verwaltung sind leicht zurückgegangen – nämlich um 300.000 Euro. Das ist wahrscheinlich Corona geschuldet. Das war es dann schon. An allen andren Stellen in diesem Rechnungsabschluss, meine Damen und Herren, gibt es wenig zu loben und eine stabile Finanzpolitik, Herr Landesrat, sieht jedenfalls anders aus. Das Nettoergebnis, das beinhaltet Abschreibungen und Änderungen der Rückstellungen: minus 847 Millionen. Das ist 263 Millionen schlechter als budgetiert und im Budget war bekanntlich Corona in Form eines Nachtragshaushalts enthalten. Der Nettofinanzierungssaldo: minus 170 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der Verkäufe des Familiensilbers wäre es ein Minus von 590 gewesen. Der Nettofinanzierungssaldo ist damit nicht besser, sondern wieder schlechter als budgetiert, trotz der höheren Einnahmen, die ja auch zu verzeichnen waren. Die Finanzschulden – wir haben heute schon die verschiedensten Zahlen dazu gehört: meine ist die Zahl von 222 Millionen – das sind lang- und kurzfristige zusammen. Die Finanzschulden sind um 222 Millionen gestiegen, obwohl die Wohnbauförderungskredite in der Höhe von 419 Millionen verkauft wurden. Haftungen sind weiter angestiegen auf 7,2 Milliarden, meine Damen und Herren. 7,2 Milliarden. Davon relevant für die Haftungsobergrenze laut Stabilitätspakt – weil so etwas gibt es auch – sind 5,9 Milliarden. Das sind 81,5 % der Haftungsobergrenze. Im Vorjahr waren es noch 75,4 %. Das Land Kärnten lässt grüßen. Die ohnehin niedrigen Rücklagen … weiter gesunken: um 21 Millionen auf 414 Millionen Euro. Das alles mündet in ein negatives Eigenkapital von 9,1 Milliarden Euro. Das war die Eröffnungsbilanz vom 1.1.2020 – und der Herr Schneeberger hat den Saal verlassen. Ich kann es verstehen, dass er das tut. Da hat er nämlich das erste Mal schwarz auf weiß gesehen, dass die Story, die er immer erzählt, dass das Land so reich ist und wir eigentlich gar nicht wissen, wohin mit den Reserven, unhaltbar ist. Die Eröffnungsbilanz vom 1.1.2020 – und das hat mit Corona damals überhaupt nichts zu tun gehabt – hat schon ein negatives Eigenkapital gezeigt und zwar von 6,6 Milliarden Euro. Jetzt – zwei Jahre später – sind 2,5 Milliarden dazugekommen. Ich muss Ihnen jetzt sagen, was das heißt. Die Frau Collini hat es in ihrer Rede auch schon erwähnt. Wir reden hier von krasser Überschuldung. Jedes Unternehmen, Frau Hinterholzer, müsste mit solch einem Bilanzbild (Unruhe bei Abg. Hinterholzer.) und der negativen Fortführungsprognose, die sich hier im Haus Budgetpfad nennt, sofort Konkurs anmelden und die Geschäftsführung würde wegen Konkursverschleppung nicht nur angeklagt, sondern auch verurteilt. Was bis jetzt keiner erwähnt hat ist, dass in diesem ganzen Abschluss die Leasingverbindlichkeiten von fast 2 Milliarden nur in einem Bericht erwähnt sind, aber nicht im Zahlenwerk. Da können Sie mir natürlich ruhig sagen, dass die öffentliche Hand anders zu beurteilen ist. Das ist auch der einzige Grund, warum die Ratingagenturen zu einer halbwegs akzeptablen Beurteilung von Niederösterreich kommen, weil jedes Unternehmen mit solchen Zahlen würden sie ganz anders beurteilen. Da werden Sie mir hoffentlich recht geben. Jetzt seien Sie nicht stolz auf „Moody´s“ und dergleichen, weil die haben diese Einschätzung nur deshalb gemacht, weil hinter Niederösterreich halt die Republik steht – wie wir wissen. Wenn Sie schon diesen Abschluss so toll finden, dann sagen Sie das doch der Frau Goldeband, die da hinten sitzt, die seit Jahren auf Konsolidierungsbedarf hinweist – schon lange, bevor die Corona-Krise begonnen hat. Auf den Herrn Klubobmann Schneeberger repliziere ich jetzt nicht. Der hat das alles nicht verstanden. Das war doch seine Wortmeldung. Offenbar ganz klar. Ich wünsche ihm einen schönen Ruhestand. Er steht vor dem Scherbenhaufen der Politik der letzten Jahrzehnte. Wenn ich schon bei den Rednern bin: Das dröhnende Schweigen der Jugendsprecher fällt mir heute wieder auf. Wo ist er, der Herr Heinreichsberger? Wieder nicht im Saal. Die Jugendsprecher hier im Haus, meine Damen und Herren, sehen tatenlos zu, wie der Jugend hier die Zukunft geraubt wird und zwar Jahr für Jahr. Da sage ich auch noch gleich eines: Wir sind hier in Niederösterreich und nicht in Wien. Wenn Sie die politischen Realitäten kennen, werden Sie wohl den Unterschied zwischen einer Mehrheitspartei und einem Junior-Koalitionspartner kennen. Wenn Sie das nicht tun, lesen Sie bitte nach und schauen Sie, wer in den letzten Jahrzehnten hier in Niederösterreich das Sagen hatte. Wenn Sie dann vielleicht draufkommen, dass der Jahresabschluss vielleicht doch nicht so toll ist, dann werden Sie sagen: „Das ist alles nur wegen Corona.“ Und ohne Corona – das haben wir heute auch wieder gehört – das Märchen hätten wir ausgeglichen budgetiert und auch so abgeschnitten. Diese Argumentation, meine Damen und Herren, darf ich ins Reich der Märchen verweisen. Die meisten Belastungen im Zusammenhang mit Corona sind vom Bund übernommen oder ersetzt worden. Zuletzt waren auch die Steuereinnahmen, die Bundesanteile viel höher als im Voranschlag befürchtet. Der Rechnungshofbericht, den wir in der letzten Sitzung diskutiert haben, hat ja auch gezeigt, wie wenig Niederösterreich absolut um den Bundesländervergleich zur Corona-Bewältigung beigetragen hat. Wie der Landesrat zu seiner Einschätzung kommt, Corona hätte in den letzten beiden Jahren 915,6 Millionen gekostet, bleibt offen. Aus den Berichten ist es jedenfalls nicht herauszulesen. (Abg. Hinterholzer: Das ist aber so.) Und wenn Sie sich, Frau Hinterholzer und Herr Schneeberger, immer mit den fremden Federn schmücken, der tollen Wirtschaftsentwicklung und der Kaufkraft, die in Niederösterreich sind, dann frage ich Sie: Was war denn Ihr Beitrag dazu? (Abg. Hinterholzer: Ja, ich hätte sowas … unverständlich.) Nein, das Problem liegt ganz anderswo. Wir sehen seit Jahren, meine Damen und Herren, seit Jahren, dass die Budgets in fast allen Gruppen regelmäßig überschritten werden. Diesmal in acht von neun Gruppen und das hat nichts mit Corona zu tun, sondern mit mangelnder Ausgabendisziplin, mit mangelndem Reformwillen, fehlenden Leadership, Dauerwahlkampf, den die ÖVP führt, weil alles in diesem Land wird dem einzigen und höchsten Ziel der ÖVP untergeordnet: dem absoluten und unbedingten Machterhalt. Diese ÖVP führt das Land mit sicherer Hand gegen die Wand. Das reimt sich sogar, eignet sich aber nicht gut als Wahlkampfslogan. Apropos Wahlkampf: Klubobmann Schneeberger hat einmal gesagt: „Die ÖVP braucht keine Wahlkampfbudgets.“ Und er hat vollkommen recht. Die ÖVP macht das im Vollzug – und zwar Jahr für Jahr mit dem Ergebnis, dass Jahr für Jahr deutlich mehr ausgegeben wird als budgetiert. Jetzt in ein paar Tagen sind es die Bezirksfeste, die abgefeiert werden, vorher war es die Landesstrategie und immer wieder werden die eigenen Leute bedacht. Sie wissen ja schon, dass mir die Subvention für die Landwirtschaftskammer am Herzen liegt. Ich habe den Begriff der „LWK-Einheit“ geprägt – das sind ungefähr so 22 Millionen Euro – das ist der Betrag, den das Land der Landwirtschaftskammer jedes Jahr hineinschiebt. Das zeigt sehr gut, wo die ÖVP den Hammer gerne hinhängt. Wir sehen wieder die übliche Budgetüberschreitung bei der Landwirtschaftskammer. Budgetiert waren 17 Millionen, ausgegeben wurden satte 4,8 Millionen mehr. Jetzt kann man sagen: „Gut, 4,8 Millionen … hm …“ Setzen wir das einmal in Relation. Schauen wir uns die Kosten für den Rechnungshof an, die wichtigste und unumstrittene Kontrollinstanz in diesem Lande: Der Rechnungshof hat 2021 Kosten von sage und schreibe 2,3 Millionen Euro verursacht. Mit einem Wort: Der ganze Rechnungshof ist diesem Land nicht mehr wert als die halbe Budgetüberschreitung bei der Landwirtschaftskammer. Das zeigt den Stellenwert, meine Damen und Herren, den die Transparenz in diesem Lande hat. Das sehen wir auch bei den Berichten, die wir später noch diskutieren werden. Das sehen wir in der Weigerung der ÖVP, die umfangreichen Unterlagen zum Rechnungsabschluss, aber auch den Budgets in elektronisch weiter verarbeitbarer Form zu Verfügung zu stellen und gar nichts ändern möchte die ÖVP auch bei der Parteienförderung. Sollen die Leute da draußen halt den Gürtel enger schnallen. Wir geben nichts her, wir wollen noch mehr. Nicht die kleinste Geste der Solidarität kommt von Ihnen, wenn alles teurer wird, wenn die Leute nicht mehr wissen, ob sie ihre Rechnungen bezahlen können. Ich habe dazu zwei Resolutionsanträge mitgebracht, die ich Ihnen ganz kurz vorstellen möchte. Das Erste ist: Abschaffung der automatischen Anhebung der Parteien- und Klubförderung. Sie haben diesen Antrag vor sich. Sie kennen ihn auch. Ich brauche nicht viel zu argumentieren. Ich stelle daher den Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die automatische Valorisierung der Parteien- und Klubförderung in Niederösterreich wird ab (inklusive) dem Jahr 2023 ausgesetzt.
Dazu werden nachstehende Passagen wie folgt geändert:
- § 6 NÖ Parteienfinanzierungsgesetz 2012:
Die bisherige Formulierung wird gestrichen, § 6 lautet neu: "Die den politischen Parteien auf Grund dieses Gesetzes zukommenden Förderungen erhöhen beziehungsweise verringern sich auf Grundlage des jährlich zu fassenden Beschlusses des Niederösterreichischen Landtages".
Und § 4 des Gesetzes über die Förderung der Tätigkeit der Landtagsklubs:
Die bisherige Formulierung wird gestrichen, § 4 des Gesetzes über die Förderung der Tätigkeit der Landtagsklubs (NEU) lautet:
"Die den Landtagsklubs auf Grund dieses Gesetzes zukommenden Förderungen erhöhen beziehungsweise verringern sich auf Grundlage des jährlich zu fassenden Beschlusses des Niederösterreichischen Landtages".
Ich bin sicher, dass Sie angesichts der laufenden Teuerungswelle diesen Akt der Solidarität mittragen werden und ich hoffe auf einstimmige Zustimmung zu diesem Antrag. Dann habe ich noch etwas mitgebracht – nämlich transparente Parteien, 365 Tage im Jahr. Sie haben vielleicht verfolgt, dass gerade die ÖVP hier kein Musterbeispiel an Transparenz ist. Da werden Vereine gegründet, die zufällig dieselbe Adresse haben, die zufällig dieselben Vorstände haben wie ein parteinaher Verein, aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das können wir uns von der Frau Sachslehner erklären lassen. Das ist immer sehr unterhaltsam. Wir sagen daher: Wir brauchen Parteien, die transparent in ihren Strukturen sind und Hinterzimmerentscheidungen keinen Platz bieten. Das ist der Grund, warum wir NEOS seit den Gründungstagen alle – und zwar alle – Ein- und Auszahlungen in Berichten auf einer Transparenzseite im Internet veröffentlichen: Das ist auch der Grund, warum immer alle schreien: „Haselsteiner! Haselsteiner!“, weil wir es eben veröffentlicht und nicht verheimlicht haben, so wie die ÖVP die Spenden ihrer unlängst verstorbenen Gönnerin. Ich stelle daher den Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die im Niederösterreichischen Landtag vertretenen Parteien verpflichten sich, zukünftig alle Zahlungsflüsse transparent darzustellen und im Internet zugänglich zu machen. Rechtlich verbindlich bleibt naturgemäß auch weiterhin ausschließlich der gemäß Parteiengesetz dem Rechnungshof vorzulegende Rechenschaftsbericht.“
Es handelt sich also um eine Art Selbstverpflichtung und ich ersuche hier um Annahme unseres Antrags.
Zurück zu dem Rechnungsabschlussbericht. Wir werden diesem Rechnungsabschluss nicht zustimmen. Wir werden der Landesregierung nicht die Entlastung für die Misswirtschaft erteilen und schon gar nicht können wir dem Punkt 6 des Antrags zustimmen, der da eine Generalamnestie vorsieht … alle Abweisungen werden genehmigt, hin- und herbuchen, höhere Einnahmen, sofort wieder ausgegeben … nein, einem solchen Punkt können wir nicht zustimmen. Was ich allerdings sehr gerne machen würde – schon aus Respekt dem Rechnungshof gegenüber, der zwar finanziell, wie wir gehört haben, nicht so toll ausgestattet ist, aber gute Arbeit leistet – ich würde gerne die Stellungnahme des Rechnungshofs zum Rechnungsabschluss zur Kenntnis nehmen. Das kann ich aber nicht, weil ich dem ganzen Antrag die Zustimmung verweigern muss – und das muss ich, das habe ich begründet. Das heißt, ich stelle den Geschäftsordnungsantrag, diese Stellungnahme heute separat zur Abstimmung zu bringen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich