Zusammenfassung
Antrag des Landwirtschafts-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2026/A-1/146-2022 – Transparente Nährwertangaben statt irreführendem Ampelsystem
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wir sind derzeit mehr als 8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Die gute Nachricht ist: Niemand von uns müsste Hunger leiden, wenn wir das, was wir an Lebensmitteln zur Verfügung haben, gerecht verteilen würden. Es ist so, dass mehr als 800 Millionen Menschen hungern, leider auch viele Menschen auf dieser Welt. 20 % sind unterversorgt und 20 % leiden genau am Gegenteil – vor allem wir in Europa, in den Staaten, wir leiden am Überfluss und das macht uns krank. Wir wissen und sehen, dass die Vielfalt in der Küche, der Umgang mit Lebensmitteln, sozusagen auch wie man sich … wo der Arbeitsplatz ist, gibt es eine Möglichkeit frisch zu kochen, ist man nicht mehr unterwegs und muss auf „Take Away“ und Fertigprodukte zurückgreifen – sprich: Das Leben passt sich dem ganzen an und so ist der Wohlstand sehr prägend, wie wir uns ernähren. Um nicht zu sagen, da gibt es massive Kulturwandel. Wir alle konnten in den letzten Jahren, Jahrzehnten beobachten, wie Wohlstand das Verhalten hinsichtlich Ernährung z. B. in China oder in Indien geändert hat. Ich habe das damals, während des Studiums, und das ist mir in Erinnerung geblieben, bin ich darüber gestolpert, wie sich im Zuge der Kolonisation in Algerien das Essverhalten geändert hat. Früher war immer Hirse ihr Hauptkohlenhydrat und als sie dann eben nicht mehr Hirse verwendet haben, sondern die guten französischen Baguettes, ist eines passiert – nämlich auch ein eklatanter Magnesiummangel, weil die Hirse die Hauptbezugsquelle für Magnesium war in der dortigen Küche. Die Lebensmittel haben heute besonders in unserem Kulturkreis einen ganz bestimmten Wert – nämlich unterschiedliche Gruppen, Communitys beschäftigen sich mit Essen und interpretieren aber oft ganz andere Werte hinein. Also wir kennen das ja, dass die Vegetarierinnen und die Veggies sozusagen einen ganz anderen Zugang haben und da gibt es die, die flexibel und locker damit umgehen und dann manche, die sagen: „Bitte nur nicht zu viel Gemüse“. Also wir haben alle quasi auch oft familiär bedingt oder regional, je nachdem, was man dort gerne isst, einen Zugang. Ich halte es, so wie viele andere – und ich glaube, das ist die Mehrheit der Niederösterreicherinnen und der Niederösterreicher, die es sehr wohl wissen, wenn sie auf einen Bauernmarkt gehen und dort eine Wurst kaufen, dann ist das ein supertolles Lebensmittel, ein regionales Produkt, aber jeden Tag sollte man halt kein Kilo davon essen. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Also es gibt ein Bewusstsein davon, dass man achtsam mit diesen Lebensmitteln umgehen sollte. Also man sollte dann schon noch daneben am Gemüsestand kräftig zugreifen und dort ein paar Kilo Gemüse mitnehmen, damit sich das irgendwie ausgeht. So meinte auch schon Paracelsus: „Alleine die Dosis macht es, dass ein Ding kein Gift ist.“ Und wenn man halt glaubt, man muss jeden Tag ein dreiviertel Kilo vom Schwein essen, dann wird sich das im Laufe der Jahrzehnte so gestalten, dass der Arzt oder die Ärztin des Vertrauens sagt: „Du, ich glaube, da musst du dir etwas einfallen lassen.“ Wir haben in Europa an der Tat ein Problem, dass zunehmend mehr Menschen eben aufgrund ihrer Arbeitswelt auch – muss man sagen – vom Wissensstand her oft nicht die Fähigkeit haben, das Wissen haben, wie man sich halbwegs gesund ernährt. Also um zu sagen: „Wenn du dort einmal gerne zulangst bei diesen fetten Würsten, wie kannst du das wieder ausgleichen und kompensieren?“ Das setzt Wissen voraus und viele wissen es nicht. Um das irgendwie jetzt für die Konsumentinnen und Konsumenten so aufzubereiten, dass sie zumindest wissen, was sie da kaufen, hat sich irgendwer einmal gedacht: „Na, das könnten wir ja wie bei der Waschmaschine, wo wir das A, B, C nach Energieverbrauch kennen, auch mit diesem „Nutri-Score“… so heißt das.“ Im Grunde: Ernährungsphysiologisch, wissenschaftlich sind Produkte abgeklopft worden und dann sollten sie eingeteilt werden. Das Ziel sind natürlich in erster Linie diese Fertigprodukte, wo man es oft wirklich nicht mehr weiß, was da jetzt drinnen ist. Das heißt, das Ziel ist insbesondere bei diesen Fertigprodukten den Konsumentinnen und Konsumenten Sicherheit zu geben: Was esse ich da? Was kaufe ich da? Und auf der anderen Seite auch den Produzierenden einen Anstoß zu geben, zu achten, dass sie eben beim „Nutri-Score“ natürlich in einer positiven Erscheinungsform sind. Das heißt, da wird halt auf einer – wahrscheinlich – Fertigpizza plötzlich viel mehr Gemüse oben sein. Das könnte sich so auswirken, wird nicht zum Schaden der Konsumentinnen und Konsumenten sein. Eines ist jedenfalls heute falsch dargestellt worden und auch schon die letzten Tage von der ÖVP. Also in der Regel bin ich das nicht so gewohnt, dass so ungeniert „Fake News“ verbreitet werden von der ÖVP Niederösterreich, wie es in diesem Fall gemacht wird. Das sind „Fake News“. Selbstverständlich ist ein Kilo Butter nicht gemeint, selbstverständlich ist ein Liter Rapsöl nicht gemeint, dass das ausgewiesen wird. Es sind nicht die Grundnahrungsmittel, nicht die ganz klaren Nahrungsmittel gemeint, sondern vor allem diese Fertigprodukte, wo sich eben dann wirklich niemand mehr auskennt oder man fast schon glaubt, man muss Ernährungswissenschaften studiert haben, um sich da irgendwie durchzuarbeiten: Was kauft man hier? Essen und Lebensmittel sind hochpolitisch. Warum sind sie hochpolitisch? Weil es um Tierleid geht – das haben wir heute bereits ins Zentrum der Aktuellen Stunde gestellt; weil es um die Auslaugung von Böden geht; weil es darum geht, wie wir Landwirtschaft betreiben. Können unsere Bäuerinnen und Bauern noch davon leben? Und nicht zuletzt geht es um Klimapolitik. Der Antrag, wie er jetzt hier seitens der ÖVP vorliegt, wird von uns nicht unterstützt werden. Das ist purer Populismus. Stattdessen sollten wir daran arbeiten, dass überall Menschen gut informiert werden. Es gibt sehr viele Millionen an Steuermitteln in Niederösterreich für „Tut gut“. Dann bitte machen wir einmal richtige „Tut gut“-Kampagnen, wo wir in die Tiefe gehen, wo wir das noch besser darstellen: Was können Lebensmittel? Worauf muss man achten? Und wie kann man sich anders, an den jeweiligen Lebensalltag angepasst, dennoch halbwegs vernünftig ernähren, so dass man am Wochenende einmal mit gutem Gewissen auch ein Fleischgericht – mit regionalen Produkten natürlich, das ist die Voraussetzung – genießen darf. Kurzum: Wir müssen rein in die Schulen und Ernährungswissenschaft sollte eigentlich wirklich ein Hauptgegenstand sein, weil diese „Nutri-Scores“ sind das Ergebnis einer verfehlten Bildungspolitik in dem Bereich, dass Menschen heute nicht mehr wissen, was das Wichtigste ist – nämlich: Wie halte ich mich fit? Wie ernähre ich mich? Und wie bleibe ich so fit als Mensch? Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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