Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2017-1/A-3/683-2022 – Militärische Aus– und Weiterbildung von Grundwehrdienern in Österreich forcieren
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Was hätte die Ukraine derzeit am liebsten? Militärischen Beistand durch die NATO. Was erwartet Österreich im Falle eines Angriffs auf sein Bundesgebiet? Militärischen Beistand der EU-Mitgliedsländer. Was ist das neutrale Österreich nicht bereit zu geben? Militärischen Beistand – für niemanden. Wir erwarten also von anderen etwas, was wir selbst nicht zu leisten bereit sind. Und in diesen paar Sätzen, meine Damen und Herren, offenbart sich die Zwickmühle, in der sich Österreich befindet und in die wir immer weiter hineingeraten, wenn wir uns weiterhin nicht ernsthaft mit der realen Bedrohungs- und Sicherheitslage in Europa auseinandersetzen wollen und stattdessen immer weiter am Bundesheer, an der Wehrpflicht und an anderen Schrauben drehen und herumdoktern. Und wer noch immer glaubt, dass unser Bundesheer einen Angriff auf das Staatsgebiet abwehren könnte, einen Angriff, der wohlgemerkt wohl nicht von der ungarischen oder von der slowakischen Armee ausgeführt würde, hat die militärtechnische und geopolitische Entwicklung der letzten 70 Jahre schlicht und einfach verschlafen. Und wer glaubt, dass mit ein paar temporär einsatzfähigen Abfangjägern der österreichische Luftraum verteidigt werden kann, der sollte sich einmal anschauen, wie die Schweiz an diese Sache herangeht – nämlich ernsthaft. Da helfen auch keine zusätzlichen Milliarden, die auf Zuruf von irgendwelchen Generälen unter reger Beteiligung von Lobbyisten in irgendwelche Waffengattungen gesteckt werden, die ihren Auftrag dann halt statt zu 10 % zu 20 % erfüllen können. Da hilft auch nicht die Verlängerung der allgemeinen Wehrpflicht, die ja übrigens so allgemein nicht ist. Sie betrifft ja bekanntlich nur junge Männer. Der Stellenwert der allgemeinen Wehrpflicht, meine Damen und Herren, ist ja hinlänglich bekannt. Die wurde seit Bruno Kreisky immer wieder als parteipolitischer Spielball missbraucht. Das Einzige, was wirklich helfen würde, ist eine gesamteuropäische Armee, die aus Berufssoldatinnen besteht. Das ist schon deshalb notwendig, weil moderne Waffensysteme nur von geschulten Spezialisten bedient werden können und nicht von Wehrpflichtigen, die einen Lebensabschnitt in Uniform verbringen müssen, weil sie vom Staat dazu verpflichtet wurden und nicht weil sie das wollen oder sich gar speziell dafür interessieren. Berufssoldatinnen wollen diesen Job machen. Sie sind dazu geeignet und werden auch entsprechend trainiert und bezahlt. Das, was jetzt gemacht werden muss, ist schnellstens zu erarbeiten, welche Rolle Österreich innerhalb einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik spielen kann und muss und wie das mit der Neutralität zusammenpasst. Bevor das nicht klar ausgeschildert ist, sollte das Budget so bemessen werden, dass wenigstens der laufende Betrieb weitergeführt werden kann und nicht der Rest des Bundesheers auch noch in Stücke fällt. Damit wird wenigstens gesichert, dass das Heer dort einsatzfähig ist, wo es von der Bevölkerung auch geschätzt wird: im Katastropheneinsatz, beim Objektschutz, bei Hilfeleistungen, beim Heeressport und dergleichen. Alles andere wäre verantwortungslos. Verantwortungslos gegenüber den Wehrpflichtigen, die derzeit ein Lebensjahr – das ist oft ein Bildungs- oder ein Berufsjahr – dazu verwenden müssen, völlig unzureichend auf einen Ernstfall vorbereitet zu werden, der hoffentlich nie eintritt und es wäre verantwortungslos gegenüber den Steuerzahlerinnen. Damit da endlich etwas weitergeht, habe ich einen Resolutionsantrag mitgebracht und ich ersuche Sie, dem breite Zustimmung zu geben. "Orientieren im Gelände" ist einer jener Ausbildungsinhalte mit denen Grundwehrdiener und Personen im Ausbildungsdienst beim Österreichischen Bundesheer in den ersten Wochen ihres Dienstes konfrontiert werden. Das ist wichtig, weil man nur irgendwohin kommt, wenn man weiß wohin man will. In der Diskussion um die Ausgestaltung des Bundesheeres mit Budgetmitteln wird dieser militärische Grundsatz seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt. Der durchaus gerechtfertigte Ruf nach mehr Budget muss daher flankiert werden von der Grundsatzfrage: Wie muss der Fähigkeitenkatalog des Bundesheers in Hinblick auf die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Europäischen Union aussehen? Oder anders - Was muss man können, um im Rahmen einer Europäischen Armee einen wertvollen Beitrag zu leisten? Solange diese Vorfrage nicht konkret und hinlänglich geklärt ist, bleibt jede Reform des Ausbildungsdienstes im Bundesheer – das muss man an dieser Stelle so klar sagen – Verschwendung von Steuergeld, oder – um in der ursprünglich gewählten militärischen Diktion zu bleiben – eine Landkarte, die bereits zu Beginn des Orientierungsmarsches falsch herum gehalten wird. Ich stelle daher den Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung in Person unserer ehemaligen Kollegin und nunmehrigen Verteidigungsministerin Claudia Tanner heranzutreten, um sie aufzufordern einen Plan vorzulegen, um
1. die Erfordernisse zur Aufrechterhaltung des Normbetriebes beim Österreichischen Bundesheer auszuweisen,
2. in Absprache mit unseren Europäischen Partnerinnen den Fähigkeitenkatalog des Bundesheeres im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsarchitektur zu erarbeiten und
3. auf diesen Grundlagen die konkrete Budget- und Maßnahmenplanung für ihr Ressort vorzunehmen."
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und ersuche um Zustimmung zu meinem Resolutionsantrag. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich