Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1938/A-8/49-2022 – Parkpickerl in Wien ab 1. März – So handelt Niederösterreich!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Razborcan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP! Der heutige Titel der Aktuellen Stunde sollte nicht heißen „Das Parkpickerl und so handelt Niederösterreich!“, sondern „Täglich grüßt das Murmeltier“, weil wir im Zweimonatsrhythmus hier über Verkehrsthemen diskutieren und in Wahrheit wird nur diskutiert. Draußen geschieht aber wenig. Wenn ich heute in die Reihen der ÖVP schaue und die bringen eine Aktuelle Stunde zum Thema „Parkpickerl in Wien“ ein und dann schau ich mir diese Reihen hier an, dann weiß ich, dass es sehr wenig Interesse bis gar kein Interesse der ÖVP an der eigenen Verkehrspolitik gibt. Punkt eins. Und Punkt zwei: Eindeutig, eindeutig, eindeutig nicht interessiert (Unruhe bei der ÖVP.) den politischen Mitbewerber (Unruhe bei der ÖVP.) … ja ihr habt diese Diskussion eingebracht, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen. Ich bräuchte eigentlich gar nicht viel dazu sagen. Ihr bräuchtet nur die Protokolle der letzten Sitzungen nachlesen. Wie hat der Kollege Königsberger wieder zuerst aufmerksam gemacht? Wir reden seit 10 Jahren … (Abg. Hauer: Das musst du dem Bürgermeister von Wien sagen.) seit 10 Jahren über nichts anderes als dass zu wenige Park & Ride-Anlagen vorhanden sind, dass in der Verkehrspolitik einiges verändert werden muss, … aber liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP: Ihr horcht einfach nicht hin. Die Verkehrspolitik hat aufgehört in Niederösterreich zu funktionieren seit der Herr Präsident Präsident ist und nicht mehr für den Verkehr zuständig ist. Damals hat noch einiges funktioniert. Heute funktioniert es halt nicht mehr. Das muss man halt so zur Kenntnis nehmen. Ich bin da heute gar nicht hergegangen, um Schmutzwäsche zu waschen in der Verkehrspolitik, weil das Schmutzwäsche waschen können andere eh viel besser als ich das kann, (Abg. Weninger: Es liegt uns halt nicht.) sondern man muss einfach die Sachen benennen wie sie sind. Ich stehe auch nicht an, einiges, das passiert ist, hervorzuheben. Es hat einiges gegeben im Bereich Verbesserungen bei Regionalbussen nach Wien. Da hat es einige Bemühungen gegeben. Verbesserungen, mehr Takte, und so weiter und so fort. Es ist ja überhaupt keine Frage, war aber höchst an der Zeit und ist sehr stark auch seitens des Bundes unterstützt worden: Aber vielleicht nur ein paar Zahlen, damit man weiß, worum es vielleicht wirklich geht und diese Zahlen sprechen schon eine eindeutige Sprache und die ÖVP weiß auch ganz genau, warum sie als Redner den Kollegen Schuster rausgeschickt hat, weil der es in seiner sehr sympathischen Art und Weise gut dargestellt hat. Aber trotzdem: Es bleiben unterm Strich die Versäumnisse der ÖVP in der Verkehrspolitik vorhanden und das kann man auch mit einer sehr sympathischen Art und Weise und einer durchaus guten Rede nicht vom Tisch wischen. (Abg. Edlinger: Sehr sozial.) Aber 370.000 Menschen pendeln täglich von Niederösterreich nach Wien und nicht ganz die Hälfte, nämlich 180.000 Personen benützen öffentliche Verkehrsmittel. Dem gegenüber stehen 40.000 Park & Ride-Plätze in Niederösterreich, stimmt, das sind die meisten von ganz Österreich oder mehr als alle anderen Bundesländer gemeinsam haben. Aber es ist trotzdem zu wenig. Das muss man relativ einfach mathematisch oder rechnerisch lösen. 180.000 dividiert durch 40.000 sind 4,5. Es müssten in jedem Auto 4,5 Personen drinnen sitzen, damit sich das ausgeht. Lieber Kollege Schuster, du weißt aus der Realität heraus, dass das so nicht funktioniert und dass nicht in jedem Auto 4,5 Personen drinnen sitzen werden. Jetzt kommt die Parkpickerlerweiterung oder die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung in Wien und jetzt sage ich Zahlen, die nicht ich erfunden habe, sondern die man ja nachlesen kann und die aus dem Verkehrsressort – und das Verkehrsressort gehört zur ÖVP – herauskommen. Und zwar: Von der flächendeckenden Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Wien werden weitere 20.000 – und ich glaube, das ist die Zahl von der wir alle sprechen – Erwerbspendlerinnen betroffen sein, die derzeit mit dem Pkw in die zukünftigen parkraumbewirtschafteten Zonen in Wien pendeln und ab 1. März 2022 auf den öffentlichen Verkehr umsteigen werden. Man weiß das aus Umfragen und Besprechungen – hat auch der Kollege Schuster erwähnt – von 42 Gemeinden. Mit diesen 42 Gemeinden ist Kontakt aufgenommen worden. Die kriegen jetzt ein massives Problem, weil das die Ärgstbetroffenen sind und denen hat man gesagt: Wir unterstützen euch. Super. Es ist für die Gemeinden vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man diese berühmten „Grünen Zonen“ einführt, weil es ein bisschen Geld auch in die Gemeindekassa bringt. Aber Kollege Schuster, glaubst du, dass damit ein Parkplatz geschaffen wird? Es wird damit kein Parkplatz geschaffen. Es wird nur teurer für die Menschen, die da täglich nach Wien pendeln müssen, um ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können. Wie gesagt: Diese Zahlen kann man alle glauben oder nicht. Aber auch aus dem Verkehrsressort, dem rein zuständigen Ressort, kommt das raus – und das ist der Unterschied zu den Zahlen, die du genannt hast – dass im Zeitraum Jänner bis März 2022 in diesen 42 Gemeinden, die untersucht wurden, 447 Pkw- und 221 Zweiradstellplätze errichtet werden. Wie viel – weil das ist ja jetzt bald vorbei – tatsächlich errichtet wurden, entzieht sich meiner Kenntnis, aber ja … schauen wir einmal. Aber was vielleicht auch noch interessant ist? Dass es ja dann weitergeht bis 2024 – nämlich zwischen 2022 und 2024 sollen noch einmal rund 1.000 Pkw- und 500 Zweiradstellplätze dazukommen und errichtet werden. Nicht meine Zahlen, sondern die veröffentlichten Zahlen. Glaubt man diesen Zahlen, dann wird es für diese 20.000 zusätzlichen Pendlerinnen und Pendler 1.447 Pkw-Abstellplätze in den nächsten vier Jahren geben. Und jetzt wieder diese einfache mathematische Lösung: Dividiert man die 20.000 durch die 1.447, sage und schreibe 13,8 Personen müssten dann in einem Auto drinnen sitzen, damit es sich ausgeht. Jetzt Kollege Schuster oder wer auch immer von der ÖVP diese Aktuelle Stunde eingebracht hat: Das zeigt ihr mir, wie das funktionieren soll! Wir haben vor 10 Jahren – der Kollege Königsberger ist Zeuge – wie damals die Parkpickerlerweiterung gekommen ist, hat es geheißen: „Das ist ein Anschlag auf die Pendlerinnen und Pendler“ und die ÖVP ist auf dem linken Fuß erwischt worden. Damals, ja? Habt ihr gesagt, ihr seid am linken Fuß erwischt worden. Es hat mittlerweile einen Paradigmenwechsel gegeben, stimmt, ja? Diesmal seid ihr nicht auf dem linken Fuß, diesmal seid ihr auf dem rechten Fuß erwischt worden. Aber immerhin jedes Mal auf dem falschen. Ist eh schon beachtlich, nicht? Zwei Füße hat man und beide Male war es der falsche Fuß. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist für mich nicht vorausschauende Verkehrspolitik, weil alle, die sich nur ein bisschen mit dem Verkehr beschäftigen, haben gewusst, dass diese Parkpickerlerweiterung kommen wird und jeder, der das ignoriert hat, hat halt keinen Zugang zu den Pendlerinnen und Pendlern. Was vielleicht nicht jedem bekannt ist hier herinnen, vielleicht auch der ÖVP nicht oder nicht jedem der ÖVP und deswegen, Kollege Schuster, wundert es mich ganz besonders, dass du davon sprichst, dass es keine Gespräche gegeben hat. Das stimmt so nicht. Weil du weißt vielleicht, wenn du dich damit beschäftigt hast, dass Wien seit eh und je oder seit langer Zeit sich an Park & Ride-Anlagen in Niederösterreich beteiligt – nämlich auch finanziell beteiligt. Und: Bereits 2019, das heißt jetzt vor mehr als zwei Jahren hat es ein Abkommen gegeben – und das ist paktiert worden – dass sich auch Wien jetzt wieder beteiligen wird – nämlich mit 3,25 Millionen Euro an Ausbau und Park & Ride-Anlagen im Südraum von Wien. Deswegen glaube ich, dass der Verkehrslandesrat irgendwann einmal mit dem Wien-Bashing aufhören sollte und dafür vernünftige Verkehrspolitik in Niederösterreich machen. Das würde uns allen viel besser zu Gesicht stehen und würde den Pendlerinnen und Pendlern viel mehr helfen. (Beifall bei der SPÖ.) Dann noch von dir angesprochen – ich habe es, glaube ich, eh schon erwähnt das mit den „Grünen Zonen“ … ja, ein netter Zugang. Aber wie gesagt: Schafft aber keine Parkplätze. Das war die erste Aktion, die gesetzt wurde. Gleich die zweite Aktion, die gesetzt wurde: Eine Informationskampagne wurde gestartet. Und diese Informationskampagne … aus der kann man rauszitieren. Ich habe das gar nicht zugeschickt bekommen, aber ein Niederösterreicher ist zu mir in die Sprechstunde gekommen und hat gesagt: „Jetzt seid ihr ganz …“(Abg. Weninger: Das sagt man nicht.) … wie hat er gesagt? Na ich übersetze es: „Veräppelt.“ Er hat sich veräppelt gefühlt. Ihr könnt euch aber vorstellen, was er wirklich gesagt hat, passt jetzt nicht in diesen Landtag herein. Aber ich bleibe jetzt einmal bei der Wortwahl „veräppelt“. Da, wenn man es sich anschaut, steht drinnen – übrigens 250.000 Informationsfolder sind da ausgeschickt worden – und da steht drinnen … ich zitiere (liest:)„Park & Ride-Anlagen in Wien kosten 67,90 Euro pro Monat, bei Vorlage einer Zeitkarte der Wiener Linien 55,80 Euro. Damit sparen Sie, wenn Sie bereits in Niederösterreich umsteigen, mindestens 669,60 pro Jahr.“ Zitatende. Das gilt aber nur für jene, die einen Parkplatz kriegen. Weil wenn du nämlich in eine Park & Ride-Anlage fährst und nicht genug Sprit im Tank hast, hast du ein Pech, weil so lange kannst du gar nicht herumfahren, dass du einen Parkplatz findest. Das ist die Realität mit der man sich auseinandersetzen muss. Und wenn wir gleich 40.000 haben – sie sind zu wenig. Aber: Dieser Folder hat ja nicht nur diesen Tipp, dass man schon in Niederösterreich parken soll, sondern es ist dann noch relativ gut beschrieben … das auch Zitat (liest:)„Viele Bus- und Bahnhaltestellen können auch in kürzester Zeit zu Fuß oder mit dem Rad erreicht werden.“ Und ganz fett gedruckt steht (liest:)„Das hält fit und ist gesund.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, einer, der in der Früh nicht weiß, wie er in die Arbeit kommt, der nicht weiß, wie er sein Auto abstellen soll, der tagtäglich mit den Staus, mit allem konfrontiert ist, zu sagen, er soll zu Fuß hingehen in einem Flächenbundesland, weil das fit und gesund hält … wisst ihr, was das ist? Das ist veräppeln. „Veräppeln“, wiederum um bei der Diktion zu bleiben … veräppeln der Menschen und der Pendlerinnen und Pendler in Niederösterreich. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die Realität und das ist die Verkehrspolitik in Niederösterreich. Und da werden wir nicht zuschauen. Wir werden aufmerksam machen und ihr fordert uns eh dazu auf. Ihr bringt diese Aktuellen Stunden permanent ein. Ich weiß ja nicht, normalerweise tut man das nicht, dass man sich mit dem Vorschlaghammer aufs linke Knie haut, aber ihr tut das immer wieder. Das kann ja nicht gut ausgehen für euch, weil die Menschen draußen merken, dass es nicht funktioniert, auch wenn ihr es schönsprechen wollt hier im Landtag. Ganz zum Schluss möchte ich trotzdem nicht unerwähnt lassen, dass zu diesem 1-2-3-Klimaticket Niederösterreich finanziell nichts beiträgt – nämlich überhaupt nichts beiträgt, wird bejubelt, eine alte Forderung … gerade dass es halt abgenickt wurde hier herinnen. Aber finanziell wird dazu nichts beigetragen. Ganz im Gegenteil, liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, ganz im Gegenteil: Das Top-Jugendticket, das sich bewährt hat und das von 230.000 jungen Menschen in Anspruch genommen wurde, ist abgeschafft worden. Abgeschafft worden! Die SPÖ hat es nicht nur wieder einführen wollen, sondern auch noch erweitern, weil es ein Erfolgsmodell war – wieder abgeschmettert von der ÖVP in Niederösterreich. Ja, ich glaube, so kann es nicht funktionieren. Aber die ÖVP hat ja nicht nur für die Leute, die auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen nichts übrig, sondern sie hat ja auch für ihr eigenes Klientel, für die Kleinunternehmer oder für jene, die aufs Auto angewiesen sind, weil es gar nicht anders geht in einem Flächenbundesland, auch nichts übrig, sonst hätten sie dieser unseligen Erhöhung der NoVA auch nicht die Zustimmung gegeben, die das Autofahren dann noch zusätzlich für die Pendlerinnen und Pendler erhöht. Das ist das, was du wahrscheinlich gemeint hast: Niederösterreich handelt. Oder handelt halt auch nicht. Aber die Menschen in Niederösterreich werden sich ihr Urteil bilden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre höchst an der Zeit, Lösungen, welche von der SPÖ seit Jahren vorgeschlagen werden, endlich umzusetzen, damit der volkswirtschaftliche Wahnsinn, der umweltpolitische Wahnsinn und der Wahnsinn, der den Pendlerinnen und Pendlern tagtäglich auf ihrer Fahrt in die Arbeit zugemutet wird, endlich ein Ende findet. (Beifall bei der SPÖ.)
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