Zusammenfassung
Antrag des Bildungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1914-1/A-2/66-2022 – Wahlfreiheit und Bedarfsgerechtigkeit in der Kinderbetreuung. Blau-gelbes Familienpaket weiter ausbauen!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Hand aufs Herz, wenn Sie zurückdenken, hätten Sie Ihr Kind mit einem Jahr jeden Tag ganztägig in eine Betreuungseinrichtung gegeben?“ Diese Frage hat Abgeordnete Margit Göll, ÖVP, stellvertretende Obfrau des Bildungs-Ausschusses in der letzten Landtagssitzung in den Raum gestellt. Eine Frage, die suggeriert, dass es nicht in Ordnung sei, wenn Frau, weil die sind es ja in den allermeisten Fällen, ihr Kind nicht selbst betreut. Eine Frage, die dir suggeriert, dass du eine schlechte Mutter bist, wenn du das tust. Also ganz egal, ob du vielleicht alleinerziehend bist und gar keine andere Wahl hast, ob es aus finanziellen Gründen notwendig ist, dass auch die Frau arbeiten geht, oder ob du als Frau vielleicht auch ganz einfach dein Kind und einen Beruf unter einen Hut bringen möchtest. Eine Frage, in den Raum gestellt, die dir als Frau die Richtung weist, dir sagt, wo dein Platz in der Familie ist. Das Rollen- und Familienbild der ÖVP verpackt in eine einzige Frage – und allein schon die Einleitung „… wenn Sie zurückdenken“ zeigt, dass die ÖVP noch immer in der Vergangenheit lebt und die Entwicklung der Gesellschaft offensichtlich spurlos an Ihnen vorübergegangen ist. Wichtig hingegen war der Frau Göll bei der letzten Landtagssitzung zu betonen, wie schön die Gebäude denn, die Kindergärten in Niederösterreich denn seien. Das zeigt die Prioritätensetzung der ÖVP: Wichtig ist die Fassade. Das Bild nach außen. Das ist im Narrativ der niederösterreichischen ÖVP ja auch immer perfekt – das Außen. Auch wenn hinter der glänzenden Fassade nichts mehr zusammenpasst – sei es beim Budget, sei es in der Pflege, sei es bei Erreichbarkeit der Klimaziele oder in diesem Fall das Angebot in der Elementarpädagogik oder echt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da Sie mir, die Damen und Herren von der ÖVP, im Laufe dieser Debatte auch sehr wahrscheinlich unterstellen werden, dass ich das Kindergartenpersonal kritisiere, da darf ich Ihnen gleich den Wind aus den Segeln nehmen. Ganz im Gegenteil: Ich möchte aus tiefster Überzeugung „Danke“ sagen. „Danke“ den vielen engagierten Elementarpädagoginnen und Assistenzkräften für ihren tagtäglichen Einsatz, für die Verantwortung , die sie für jedes einzelne Kind übernehmen. Die Kritik gilt nicht ihnen. Ich schätze ihre Arbeit. Die Kritik gilt den Rahmenbedingungen unter denen sie diese für die Gesellschaft so wichtige Aufgabe leisten müssen und für die Rahmenbedingungen ist die ÖVP zu einem Großteil, zum größten Teil verantwortlich. Die ÖVP im Land, die ÖVP im Bund und an die Geschichte mit der Kinderbetreuungsmilliarde – ich mag das gar nicht mehr aufwärmen. Also von meiner Seite, vonseiten der NEOS haben die Pädagoginnen und Pädagogen, die Assistentinnen volle Unterstützung, wenn es darum geht, die Arbeitsbedingungen im Sinne unserer Kinder besser zu machen. Zurück zur Kollegin Göll: Fast schon zynisch empfand ich die Aussage „Den Gemeinden steht das frei, die Kinderbetreuung auszubauen.“ Das kommt ein bisschen so wie „… dann sollen sie Kuchen essen“. Frau Göll, werte ÖVP, Sie können doch die Verantwortung für dieses gesellschaftspolitisch so essenzielle Thema nicht einfach auf die Gemeinden abschieben! Gerade Sie, Frau Göll, als Bürgermeisterin, Sie wissen doch ganz genau, wie die Gemeinden finanziert sind und mit welchen finanziellen Herausforderungen Sie zum kämpfen haben. Das Thema der Gemeindefinanzierung ist so drängend, dass ich sogar sagen würde, dass man dazu bitte einmal – da würde ich alle Fraktionen hier herinnen bitten – eine Aktuelle Stunde machen, weil wir NEOS als Minderheitsfraktion … wir können ja keine Aktuelle Stunde beantragen. Das wurde uns in diesem Haus ja von der Mehrheitsfraktion verwehrt. Zurück zur Kinderbetreuung. Die SPÖ hat da ein grundsätzlich durchdachtes, umfassendes Kinderbetreuungskonzept eingebracht. Da sind Ziele definiert. Da sind Lösungen aufgezeigt. Da ist sogar die Finanzierungstangente berücksichtigt. Da ist ein Papier, in dem wirklich viel Gehirnschmalz steckt. Und was macht die ÖVP? Also Sie füllen wieder den Weichspüler in die 34er-Waschmaschine und heraus kommt ein Antrag, der außer Lippenbekenntnisse und „Wischiwaschi-Aussagen“ … da steht nichts mehr drinnen. Keine Vision. Keine konkreten Ziele. Keine klaren Maßnahmen. Ja es ist ein wieder einmal wunderschön zu lesender Prosatext, der so schön ist, dass man eigentlich fast zustimmen müsste. Doch da ich die tatsächliche Situation der Kinderbetreuung in Niederösterreich kenne, muss ich ganz klar sagen: Dass, was Sie hier formuliert haben, das ist so inhaltsleer, dass wir NEOS unsere Zustimmung hier verweigern werden. Denn die Familien, die Frauen und die Kinder in Niederösterreich haben Besseres verdient. Und ich glaube daran, dass es besser geht und wir werden darum auch dranbleiben und der ÖVP … wir werden Sie auffordern, immer und immer wieder, klare Ziele, klare Zahlen … dass es einen wirklichen Plan gibt zum Ausbau der Kindergartenpädagogik und der Kleinkinderbetreuung. Einen Plan mit konkreten Zeitleisten, Meilensteinen, Maßnahmen. So und welche Maßnahmen sollten für die niederösterreichischen Familien, die Frauen, die Kinder aus Sicht von uns NEOS gesetzt werden? Ich habe fünf wesentliche Punkte mitgebracht. Ich glaube, was ganz essenziell ist und in den letzten Jahren verabsäumt wird, das ist dass wir eine vorausschauende Planung machen auch auf Basis der demographischen Entwicklung. Wir sind der Meinung, dass das Land NÖ hier eine Plattform einrichten sollte, wo das Land und die Gemeinden eine vorausschauende demographische Entwicklung des Ortes hier einpflegen, damit man einmal endlich eine vernünftige Personalplanung und Budgetplanung machen kann. Das Zweite, was wir brauchen: Diese Kinderbetreuungslücke, die wir haben, im Alter von zwei bis zweieinhalb, muss geschlossen werden, damit endlich Ende der Karenzzeit und der Eintrittsmöglichkeit in den Kindergarten … damit diese Lücke endlich zusammenpasst. Der dritte Bereich ist eine Qualitätsoffensive in der Elementarpädagogik, die wir brauchen und das gelingt nur durch Senkung des Betreuungsverhältnisses von Pädagoginnen zu Kindern. Unser Ziel ist es, dass wir in 15 Jahren auf einen Betreuungsschlüssel von 1:10 kommen, weil dann ist auch eine echte Elementarpädagogik möglich. Der vierte Punkt – natürlich – wir brauchen viele, viele, viele zusätzliche Pädagoginnen und Pädagogen. Daher schlagen wir die Einrichtung von Kollegs an jeder Bildungsanstalt für Elementarpädagogik in Niederösterreich vor. So kommen nicht nur mehr Leute in den Beruf – so haben wir auch die Chance, dass wir Männer in diesen Beruf hineinbekommen. Der fünfte Bereich – und da haben wir in Niederösterreich den allerallergrößten Nachholbedarf – das ist die Kleinkinderbetreuung. In vielen Gemeinden gibt es keine einzige Kinderkrippe. Und wenn es einen Platz gibt, ist der viel zu teuer. Die Familien zahlen 400 bis 600 Euro für einen Platz und das ist einfach unfinanzierbar. Das Land sollte hier zumindest 60 % der Personalkosten für diese Einrichtungen tragen und einen Fördertopf einrichten, dass die Gemeinden hier Unterstützung haben, wenn sie in die Infrastruktur investieren. So schafft man es gemeinsam die Gemeinden mit den Eltern und vielleicht auch in gemeindeübergreifenden Kooperationen, dass wir hier die Chance haben, ein gutes Angebot zu schaffen. Wir NEOS, wir haben eine Vision und die Vision heißt: Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Und mir ist bewusst, das geht nicht von heute auf morgen. Das ist ein Kraftakt. Aber ich bin der Meinung, das sollte unser Leuchtturm sein und ich glaube auch daran, dass das möglich ist – und zwar in einem gemeinsamen Kraftakt. Denn wenn wir unseren Kindern gute Chancen mitgeben, wenn Frauen die Wahlfreiheit haben, um am Arbeitsmarkt partizipieren zu können – auch übrigens ein großes Thema, unser Arbeitskräftemangel, den wir haben – dann können wir unseren Kindern und unseren Frauen und somit auch unserem Land die Flügel heben. Werte ÖVP, geben Sie sich einen Ruck! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schmidl: Die wissen ja gar nicht, was sie sagen.)
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Zur Person
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- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich