Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1918/A-1/138-2022 – NÖ Wahlrechtsänderungsgesetz 2022 – NÖ Landesverfassung 1979 (NÖ LV 1979), Änderung; Gesetz über die Landesbürgerschaft, Aufhebung; NÖ Landtagswahlordnung 1992 (LWO), NÖ Gemeinderatswahlordnung 1994 (NÖ GRWO 1994), NÖ Landesbürgerevidenzengesetz 2019, NÖ Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO 1973), Stadtrechtsorganisationsgesetz (NÖ STROG), Gesetz vom 24. Februar 1972 über die Schaffung eines Ehrenzeichens für vieljährige verdienstvolle Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens, NÖ Familiengesetz, NÖ Einsatzopfergesetz, NÖ Pflichtschulgesetz, NÖ Feldschutzgesetz, NÖ Seniorengesetz, NÖ Umweltschutzgesetz, Geschäftsordnung – LGO 2001 – Änderungen
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Dr. Michalitsch(ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Diskussionen über das Wahlrecht finden öfter statt. Beschlussfassungen nicht allzu oft und das ist auch gut so, weil das Wahlrecht natürlich eine Basis unserer Demokratie ist und gerade in diesem Jubiläumsjahr „100 Jahre Niederösterreich“ glaube ich, ist es auch gut, sich daran zu erinnern, dass das allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen in Niederösterreich erst mit der Republik gekommen ist 1918 und daher keine so lang, jahrhundertelange Selbstverständlichkeit ist als wie wir sie heute empfinden. Wir haben heuer 30 Jahre Jubiläum „Persönlichkeitswahlrecht“ in Niederösterreich. Ich hatte das Privileg da bei der Entwicklung dabei zu sein. Vorher war es ein Listenwahlrecht. Jetzt gibt es ein Persönlichkeitswahlrecht. Die Bindung von Abgeordneten und Wählern ist wesentlich verstärkt worden und das ist auch ein modernes Wahlrecht, das auch für den guten Weg in Niederösterreich durchaus ganz ursächlich ist. Heut geht es um das Zweitwohnsitzerwahlrecht. Hier zeichnet sich ja ein ganz großer Konsens über alle Parteigrenzen hinweg ab. Was wir natürlich sagen müssen – wir haben auch entsprechende Reaktionen gehabt: dass das Zweitwohnsitzerwahlrecht natürlich nicht eine Erfindung der Volkspartei war, sondern dass das Zweitwohnsitzerwahlrecht auch historisch betrachtet eine Berechtigung hatte, weil es eben in Niederösterreich die Winter-Sommer-Pendler gibt. Gerade in meiner Region im Wienerwald gibt es Leute, die verbringen den Winter in der Stadt und sehr engagiert und eingebunden den Sommer am Land in einer schönen Wienerwaldgemeinde. Es gibt die Wochenpendler, die untertags unter der Woche in Wien sind und am Wochenende im Waldviertel und sich dort einbringen. Also es gibt schon Gründe, die auch dafür sprechen Persönlichkeiten, die sich irgendwo engagieren, auch einzubinden. Die Konsequenz des heutigen Beschlusses ist natürlich, dass wenn ich in Bruck an der Leitha wohne und mich abmelde nach Wien, verliere ich das Wahlrecht. Verfassungsrechtlich festgeschrieben – Ausländerwahlrecht: Ich gehe nach Pressburg, nach Bratislava, wohne dort, kann ich zehn Jahre noch wählen. Also Dinge, die durchaus auch diskutiert werden können. Das Problem des Zweitwohnsitzerwahlrechts ist ja nur, dass es zwischen der ganz klaren Verankerung in irgendeiner Gemeinde und dem was manche Leute sich dann rosinenartig herauspicken eben ganz schwierig ist, das rechtlich korrekt festzuhalten. Das Parkpickerl ist ja nur der letzte Punkt, der hier schlagend geworden ist, wo man sieht – und ich kenne das ja aus meiner Heimatgemeinde – Leute, die 99,5 % der Nächte in meiner Heimatgemeinde Eichgraben verbringen, die melden sich auf einmal um, nur weil sie in Wien einen Parkplatz brauchen. Ehrlich gesagt, das kann es auch nicht sein. Gerade diese Flexibilität und Mobilität, die an den Tag gelegt wird, ist auch eine Veranlassung, dass die ganze Festlegung – das müssen wir ja rechtlich ordentlich machen – auch immer schwieriger wird und wurde und was in der Vergangenheit ganz klar war, ist eben jetzt schwieriger und daher haben wir … also ist es durchaus nicht so absurd gewesen, wie es von manchen Vorrednern dargestellt wurde, sondern hat einfach eine richtige und berechtigte Begründung und hat auch einen Wert gehabt. Aber Dinge ändern sich und daher ist heute so ein Wendepunkt da in unserer Wahlrechtsentwicklung im Land NÖ. Für mich und für uns ganz maßgeblich sind natürlich die Gemeindevertreterverbände, Gemeindebund und der SPÖ-Gemeindevertreterverband, die sich gemeinsam mit dem Thema befasst haben, an den Landtag herangetreten sind, an die Klubobleute. Es gab Verhandlungen und damit ist heute dieses Ergebnis hier, das eben auf die geänderten Verhältnisse Rechnung nimmt und auch eine Klarheit im Vollzug ermöglicht. Daher kommen wir heute diesem Wunsch der Gemeinden nach. Wir berücksichtigen die Änderungen und wir sorgen für eine leicht vollziehbare Regelung – ein Entwurf von historischer Bedeutung zur rechten Zeit. (Beifall bei der ÖVP.) Und weil jetzt über den d´Hondt so geredet wurde als wäre das eine Erfindung der Volkspartei Niederösterreich. Der d´Hondt ist – und da muss ich der Kollegin Krismer-Huber beipflichten – in Österreich ein tragendes System der Feststellung von Verhältnissen. Das ist bei der Nationalratswahlordnung so. Das ist bei der Landtagswahlordnung so. Das ist bei der Wahl der Landesregierung seit 1945 so gewesen. Das ist in allen Bundesländern, die einen Proporz haben, sprich Wien und Oberösterreich, der Fall. Ganz klar, wenn man wissen will, wie ist das zu besetzen, ist es der d´Hondt und das Verfassungserkenntnis Groß Gerungs sagt, dass die Unsicherheit dort nicht war, den d´Hondt anzuwenden, sondern die Unsicherheit war, dass es nicht ausdrücklich im Gesetz drinnen gestanden ist. Es gibt natürlich andere Verhältniswahlrechtssysteme auch und der Verfassungsgerichtshof hat verlangt, dass das klar genannt wird und das haben wir auch getan mit Antrag oder Gesetzesbeschluss vom 19. November 2020 mit einem gemeinsamen Änderungsantrag. Damals war die Sozialdemokratie noch dabei. Antragstellung ganz klar: So wie es war, so sollte es auch festgeschrieben werden. Andere Systeme haben eben den Nachteil, dass sie zu „Patt“ oder „Los“ führen. Wenn ich da gleiche Koeffizienten habe, dann kann ich in die Situation kommen, dass ich das Los werfen muss, wer den fünften oder sechsten kriegt und das wollen wir nicht. Die edle Sozialdemokratie, Herr Landeshauptfrau-Stellvertreter Schnabl, deine Unterschrift und die des Klubobmanns waren im Arbeitsübereinkommen ganz transparent festgehalten für den d´Hondt. Ihr habt das im Klub auch so beschlossen. Dann kam ein Artikel im „Standard“, der hat die Dinge falsch dargestellt. Der wurde korrigiert. Ihr habt aber nur die erste Fassung gelesen, nicht die zweite. Also ein bisschen mehr Stand- und Prinzipienfestigkeit bei der Sozialdemokratie wäre in diesen Dingen durchaus wünschenswert. (Beifall bei der ÖVP.) Zum Proporz: Das Thema „Proporz“ ist natürlich eine legitime Frage, die man diskutieren kann. Welches System ist gescheiter, um hier die Exekutivarbeit in der Landesregierung festzustellen? Es gab ja einmal einen Vorstoß auch von uns, das zu ändern. Mittlerweile haben sich, glaube ich – also für mich jedenfalls – die gesellschaftlichen Verhältnisse so verändert, dass sehr viele eine Polarisierung spüren, eine Spaltung spüren. Also ehrlich gesagt: Ich persönlich finde das gut, dass in der Landesregierung, meiner Landesregierung als Landesbürger, nicht nur die, die ich natürlich besonders schätze, die ÖVPler drinnen sitzen, sondern dass es auch eine maßgebliche gesellschaftliche Kraft wie die Sozialdemokratie gibt, die da vorinformiert ist bei den Exekutivdingen, mit denen man reden muss. Auch die Freiheitlichen … ich meine, man mag den Landesrat Waldhäusl mögen oder nicht, das mag einem gefallen oder nicht, aber es ist eine relativ große Fraktion hier, die auch einen Rückhalt in der Bevölkerung hat, ob einem das gefällt oder nicht und dass die in der Landesregierung vertreten ist und hier auch eine Gemeinsamkeit, das finde ich durchaus in Ordnung. Also ich finde, gerade in Zeiten wie diesen, wo es schwierig ist, ist ein Miteinander in der Landesregierung etwas ganz Wertvolles. (Beifall bei der ÖVP.) Tja, und was die Weiterentwicklung unserer Demokratie betrifft … ist ja auch mein Ressort ... ich bin ja der Chef des Verfassungs-Ausschusses. Da haben wir wirklich einiges zusammengebracht (Abg. Razborcan: Der Chef nicht. – Unruhe bei der FPÖ.) und einiges durchaus im Sinn der Bürger. Wenn man …(Unruhe bei der SPÖ.) … ihr werdet ja auch mit der Bevölkerung reden, so wie wir das tun: Also die Begeisterung für Parteien ist aus meiner Sicht weniger groß als die Begeisterung für einzelne Persönlichkeiten. Jeder von uns, so wie ich meine Kolleginnen und Kollegen kenne, aber auch euch, werden wahrscheinlich viele Menschen haben, die euch als Person schätzen, aber mit eurer Partei vielleicht nichts zu tun haben wollen. Daher ist der Grundsatz „Name vor Partei“ wirklich etwas, wo wir weiter sind als die anderen. Da geht es nicht um die Partei. Es gibt Persönlichkeitswahlrecht. (Unruhe bei Abg. Dr. Krismer-Huber.) Du kannst einen Menschen wählen. Also das ist eine Errungenschaft, ein Fortschrittt und auf den sind wir eigentlich stolz. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte an dieser Stelle allen Gewählten danken. Wahlrecht, ich meine Demokratie, ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade an einem Tag wie diesem, wo einer in einem großen Land der Erde sich über Recht und Gesetz hinwegsetzt, da einfach einmarschiert und einen gewählten Staat einfach überfällt, muss man eigentlich sagen, dass wir gerade auch aufgerufen sind, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen und auch Rede zu führen, wo wir das Miteinander betonen und dem anderen nicht ständig schlechte Gedanken und Missfallen unterstellen, dass er nur nachdenkt, wie er es am Schlechtesten macht, (Heiterkeit bei Abg. Mag. Scheele, Abg. Razborcan und Abg. Rosenmaier.) sondern wir haben ein Ziel und das Ziel ist unser Land und unsere Gemeinden voranzubringen und den vielen Gewählten, egal welcher Fraktion, wird viel zu wenig oft gedankt. Ich möchte das heute hier tun: den Gemeinderäten, den Abgeordneten aller Fraktionen – ich glaube, wir bemühen uns alle und das gehört auch einmal gesagt. (Abg. Dr. Krismer-Huber: Bitte. – Beifall bei der ÖVP.) Vielleicht – ich meine, Verhandlungen bringen es ja immer mit sich, dass man gemeinsame Lösungen finden muss und die werden auch gefunden. Also ich möchte doch aus einem gewissen … nein, Nostalgie ist der falsche Ausdruck … aber dem sensiblen Klubobmann Schneeberger auch speziell danken für die Dinge, die er immer wieder zusammengebracht hat (Heiterkeit bei Abg. Mag. Schneeberger.) für die Demokratie in Niederösterreich. (Beifall bei der ÖVP.) So ist der heutige Tag wirklich ein guter Tag für die Demokratie. Es ist ein Beschluss im Zeichen des Miteinanders zwischen Land und Gemeinden, auch zwischen den Parteien hier im Landtag und das Wahlrecht als Basis der Demokratie trägt jetzt eine neue klare Basis für unser Bundesland Niederösterreich und darüber können wir uns freuen. Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)
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