Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1895/A-8/47-2022 – Schalten wir um – auf ein neues KinderPROgramm für NÖ
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Landesregierung! Werte Kollegenschaft! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über die Kinderbetreuungssituation in Niederösterreich sprechen, dann sehe ich zwei Tangenten entlang denen es sinnvoll ist, diesen Diskurs, diese Debatte zu führen. Die eine Tangente ist die Frage nach dem „Wie“? Wie soll denn das Kinderbetreuungsangebot in diesem Land optimalerweise aussehen? Die andere noch wesentliche Frage ist schon auch die Frage nach dem „Warum“? Und mit dem „Warum?“ möchte ich jetzt auch in den Diskurs einsteigen. Denn wenn wir wollen, dass unsere Kinder fliegen können, dann müssen wir ihnen auch Flügel geben. Ich will – und ich nehme an, jede, jeder Anwesende hier im Saal herinnen will das auch, dass jedem Kind in Niederösterreich die große weite Welt der Möglichkeiten offensteht – und zwar offensteht, ganz egal, ob die Mama Wissenschaftlerin, Pflegerin, Frisörin ist, Reinigungskraft oder sonst einen anderen Beruf hat. Ganz egal, ob der Papa die Zeit findet zum Singen, Spielen, Lesen und Basteln mit dem Kind. Und ganz egal, ob die erste gelernte Sprache eine internationale ist oder eine autochthone. Die Welt der Möglichkeiten öffnet sich für alle Kinder dann, wenn wir eine echte Qualitätsoffensive in den Kindergärten starten. Unsere Kindergartenpädagoginnen leisten Tag für Tag in den Kindergärten Großartiges. Die geben ihr Bestes. Doch leider – und das hat man heute auch wieder gehört, wenn man hier Richtung ÖVP hinhört – sehen die politisch Verantwortlichen die Kindergärten oftmals nach wie vor als Kinderaufbewahrungsstelle. Und dabei … es ist nämlich sehr stark darum gegangen, dass die Gebäude sehr schön sind … worüber wir vielmehr diskutieren sollten, ist auch über den Inhalt. Denn Kindergärten könnten so viel mehr sein. Ein qualitativ guter Kindergarten, ein kluger Kindergarten – wir haben das heute schon gehört – ist die erste pädagogische Einrichtung und sie sollte allen Kindern ein gutes Fundament mitgeben für den weiteren Lebensweg, ein Fundament für den gelingenden Eintritt ins Schulleben, eine Basis für die spätere berufliche Entfaltung – ja, das Fundament für ein gelingendes selbstbestimmtes Leben wird, kann und soll im Kindergarten gelegt werden. Dazu braucht es wirklich eine gemeinsame Kraftanstrengung, dass wir die Elementarpädagogik nach vorne bringen – und zwar von uns allen: vom Bund, von den Ländern, von den Gemeinden. Frau Kollegin Göll, ich bleibe da fast sprachlos zurück und das passiert nicht leicht bei mir, wenn Sie sagen, dann sollen die Gemeinden für die kleineren Kinder halt Gruppen einrichten. Sie wissen genau, dass die große Herausforderung die Finanzierung ist. Es braucht auf der einen Seite den Willen – und den vermisse ich schon bei der ÖVP – dass sich hier etwas tut und auf der anderen Seite braucht es – und da muss man auch ehrlich sein – wesentlich mehr finanzielle Mittel. Daher auch mein Appell an all jene, die jetzt bei den 15a-Verhandlungen mit dabei sind: Holen wir uns die Millionen für die Kinderbetreuung, die den niederösterreichischen Kindern und Familien zustehen! Das sind jene Millionen, die der Ex-Ex-ÖVP-Bundeskanzler Kurz unseren Familien aus reinem Eigeninteresse vorenthalten hat. Und: Seien wir auch mutig und orientieren wir uns an den Besten! Das sind die Skandinavischen Länder. Wenn man dort hinschaut, sieht man: Die geben 2 % des BIP aus für eine qualitätsvolle Kinderbetreuung, Kindergärten und Kinderbetreuung bis zum Schuleintritt hinein. In Österreich sind das 0,6 %. Wenn die ÖVP sagt, die Tendenz ist steigend, dann kann ich einfach nur sagen: Diese Anstrengung reicht nicht aus. Wir brauchen eine flächendeckend qualitativ hohe Kinderbetreuung und auch eine Nachmittagsbetreuung und zwar bis zum Schuleintritt und zwar für faire Chancen für alle Kinder, jedoch auch für faire Chancen für die Frauen. Nämlich nur dann, wenn die Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Niederösterreich endlich auch den Lebensrealitäten, den modernen Lebensrealitäten der modernen Familien entsprechen, haben die Frauen – und wir haben es vorher schon gehört – eine echte Wahlfreiheit und müssen nicht zwischen Kind oder Beruf entscheiden. Weil zwischen dem, was berufstätige Eltern brauchen und zwischen dem, was das Land NÖ anbietet, klafft eine gewaltige Lücke. Das sind zum Einen die Öffnungszeiten in den Kindergärten. Das sind die vielen Schließtage in den Kindergärten und zum anderen haben wir ein gewaltiges Loch, was die Möglichkeiten in der Kleinkinderbetreuung anbelangt. Es gibt in Niederösterreich schlichtwegs kaum Krippenplätze. Wenn man hineinschaut in die Städte und Bezirke: In Krems gibt es eine Krippe. In Waidhofen an der Ybbs gibt es eine einzige Krippe. Im ganzen Bezirk Lilienfeld gibt es eine einzige Krippe. Wenn man in Niederösterreich einen Kinderbetreuungsplatz für ein- bis dreijährige, ein- bis zweieinhalbjährige Kinder braucht und man Glück hat, dass man einen findet, dann ist das mit enorm hohen Kosten verbunden. Es ist sehr, sehr teuer. Somit komme ich auch schon zum „Wie?“ Wie sollte das Kinderbetreuungsangebot in Niederösterreich denn sein, damit es unseren Kindern und den Mamas die Flügel hebt? Das Erste ist das, was unsere Eltern brauchen. Die Eltern brauchen einen Rechtsanspruch auf einen leistbaren und ganztägigen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Und auch werte ÖVP und liebe Kollegin Göll, die Entscheidung, ob die Mamas und die Familien ihre Kinder ab dem ersten Geburtstag in eine Betreuung geben oder nicht, die gehört bitte in die Familien hinein. Das ist keine Entscheidung einer politischen Partei. (Beifall bei den NEOS und SPÖ.) Erst wenn wir einen Rechtsanspruch für eine Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag haben … erst dann entscheidet eben nicht mehr der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin entsprechend des Weltbildes darüber, ob die Frauen zu Hause bleiben sollen und auf ihre Kinder aufpassen … erst dann können sich die Frauen frei entscheiden, ob und wie sie Job und Kinder unter einen Hut bringen wollen. Und erst dann haben auch die Frauen die Chance, unabhängig auf eigenen Beinen stehen zu können. Es ist mir natürlich klar: So ein Rechtsanspruch kommt nicht von jetzt auf heute. Das ist ein großes gemeinsames Ziel, auf das wir hinarbeiten müssen. Der erste Schritt ist einmal diese Schließung der Lücke nach der Karenzzeit. Wir wissen: Die meisten Eltern gehen nach zwei Jahren zu Hause wieder in einen Beruf hinein. Die Kindergartenplätze gibt es jedoch erst ab zweieinhalb und einen Rechtsanspruch erst ab fünf Jahren. Dass das alles nicht zusammenpasst, ich glaube, das liegt hier auf der Hand. Der zweite große Bereich, den wir noch brauchen und den habe ich eingangs angesprochen: Wenn wir wollen, dass unsere Kinder fliegen können, müssen wir ihnen Flügel geben. Wir brauchen eine echte Qualitätsoffensive in den Kindergärten. Ja, das heißt kleinere Gruppen und das heißt mehr Pädagoginnen. Weil das muss man sich halt einmal vorstellen – so eine Gruppe mit 25 Kindern: Natürlich kann eine gute Pädagogin hier den Tagesablauf gut organisieren. Aber sich um jedes Kind individuell kümmern und fördern, das ist da einfach nicht möglich. Auch hier haben wir bereits einen Vorschlag vorgelegt, wie man in einem Stufenplan zu einem Betreuungsverhältnis von 1:10 zumindest kommen kann, obwohl wir wissen, dass die Expertinnen und Experten sagen, dass eine Gruppengröße mit sieben Kindern auf eine Pädagogin eigentlich das Idealbild wäre. Die Herausforderungen in der Kinderbetreuung sind bekannt. Sie sind groß in Niederösterreich – die Lücken, die hier klaffen. Doch wie in vielen anderen Bereichen in diesem Land auch fehlt es hier an einer Vision und zwar an einer Vision, die über den nächsten Wahlzyklus hinausgeht. Es fehlt an konkreten Zielen, Zielen in der Elementarpädagogik und Zielen in der Kleinkinderbetreuung. Liebe Frau Bildungslandesrätin Teschl-Hofmeister, warum setzen wir uns nicht alle Fraktionen zusammen und schauen gemeinsam hin? An was für einem Zielbild wollen wir arbeiten und wie kommen wir auch zu konkreten Lösungen, damit wir den Kindern und auch den Frauen in Niederösterreich die Flügel heben können? (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
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- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich