Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1895/A-8/47-2022 – Schalten wir um – auf ein neues KinderPROgramm für NÖ
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Suchan-Mayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptfrau-Stellvertreter! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich lade Sie alle ein: Schalten wir um – auf ein neues KinderPROgramm in Niederösterreich. Bereits die Aktuelle Stunde im Novemberlandtag 2021 hat gezeigt, dass ja ein Großteil der Fraktionen in diesem Haus einen Handlungsbedarf im Bereich der Kinderbildung, der Kinderbetreuung in Niederösterreich sieht, wenngleich es Unterschiede gibt. So soll es ja auch sein. Aber der Befund ist jener, dass mit Ausnahme der ÖVP alle Fraktionen hier im Landtag Verbesserungsbedarf im Bereich der Kinderbildung und –betreuung in Niederösterreich erkennen. Jedoch nicht nur ein Großteil der Parteien in diesem Haus, sondern auch andere Organisationen, Institutionen, die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung – auch dieses Papier zur Vereinbarkeit von Familie haben wir in diesem Haus hier schon diskutiert und auch Organisationen wie die „Kinderfreunde“, die „Volkshilfe“ und andere erkennen dieses Problem. Liebe ÖVP, nicht nur wie es beim Arbeitsmarkt hier Kollege Rennhofer erwähnt hat, auch hier, gerade hier im Bereich der Kinderbildung wäre ein gemeinsames Miteinander gefragt. (Beifall bei der SPÖ.) Als SPÖ Niederösterreich haben wir vergangene Woche das „KinderPROgramm für Niederösterreich“ vorgestellt. Dieses Programm orientiert sich an den Bedürfnissen der niederösterreichischen Familien. Wir wollen mit dem „KinderPROgramm“ ein neues Zeitalter in Niederösterreich einleiten und den Eltern in Niederösterreich die Wahl überlassen, ab wann und ob sie ihre Kleinsten in eine Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtung geben wollen und nicht müssen oder können. Wir wollen mit dem „KinderPROgramm“ die politische Diskussion vorantreiben und haben auch aus diesem Grund alle anderen im Landtag vertretenen Parteien zu Gesprächen eingeladen, um Gemeinsames herauszufinden und Trennendes zum Thema zu erörtern. Ich bin mir sicher, dass mit dem notwendigen politischen Willen auch der nächste Schritt gesetzt werden kann. Danke hier auch schon an all jene, die sich bezüglich einer gemeinsamen Terminfindung bereits zu diesem wichtigen Thema zurückgemeldet haben. Der letzte substanzielle Schritt im Bereich der Kindergärten ist am 1. September 2008 gesetzt worden. Seither können Kinder mit dem 2,5. – und das ist ja eigentlich eine komische Altersbezeichnung – Lebensjahr die Landeskindergärten besuchen. Die Welt dreht sich aber weiter und immer schneller und daher ist es auch in diesem Bereich, wo es um die Zukunft unseres Landes geht, dringend notwendig, den nächsten Schritt, die nächsten Schritte zu setzen. Zusammengefasst orientiert sich das „SPÖ Niederösterreich-KinderPROgramm“ an den 3-Gs: ganzjährig, ganztägig und gratis. (Beifall bei der SPÖ.) Die Arbeiterkammer hat bereits 2006 den sogenannten Vereinbarkeitsindikator – „VIF“ genannt – entwickelt. Ich habe an diesem Rednerpult ja schon oft darüber gesprochen, also sie sollten Ihnen auch bekannt sein. Ich werde sie noch kurz wiederholen, sie sind ja auch Bestandteil der 15a-Vereinbarung: Der Vereinbarkeitsindikator zeigt, vereinfacht gesagt, wie die Kinderbetreuung vor Ort mit einer Beschäftigung einhergeht. Die Eckpunkte: 47 Wochen im Jahr geöffnet. Das heißt, maximal fünf Wochen geschlossen – und das geht sich leider schon vielerorts alleine mit den Ferien, Weihnachten, Semester, Ostern, Sommer gar nicht aus – mindestens 45 Stunden pro Woche geöffnet; an vier Tagen pro Woche mindestens 9,5 Stunden pro Tag geöffnet; Angebot eines warmen Mittagessens. Und diese vier Punkte sind auch integraler Bestandteil des „SPÖ Niederösterreich-KinderPROgramms“. Wir haben uns an den Bedürfnissen der jungen Familien orientiert. Das heißt, wir wollen den Besuch des Landeskindergartens schon ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr ermöglichen. Dies ist insbesondere notwendig, da der Kündigungs- und Entlassungsschutz kurz nach dem zweiten Geburtstag des Kindes ja endet. Dieser „Gap“ gehört geschlossen. Die arbeitsrechtliche Absicherung ist für viele Frauen, die auch den Großteil der Kinderbetreuungspflichten immer noch übernehmen, dabei auch ein ganz wichtiger Punkt. Geht es nach unserem „KinderPROgramm“, würde dies der Vergangenheit angehören. Dies sollte in einem ersten Schritt ab dem Kindergartenjahr 2023/24 möglich sein. Außerdem haben wir uns auch die Situation im Kleinstkinderbereich angesehen. Niederösterreich weist hier mit 12,7 % die geringste Betreuungsquote der Einjährigen im Bundesländervergleich aus. Daher muss auch im Kleinstkinderbereich in der Betreuung etwas passieren und ein besseres Angebot zur Verfügung stehen. Insbesondere gut ausgebildete Frauen können es sich oft nicht leisten, länger vom Job fernzubleiben. Der Ausbau der Kleinkinderbetreuungseinrichtungen soll in einem zweiten Schritt ab dem Jahr 2025/26 erfolgen. Außerdem haben wir einen weiteren wichtigen Punkt im „KinderPROgramm“ – nämlich die Frage rund um ein ausgewogenes und gesundes Essen, die Ernährung der Kleinsten, aufgenommen. Da immer mehr Kinder in den Kinderbetreuungseinrichtungen essen, muss auch hier ein wichtiger Schritt folgen – nämlich der eines gesunden und ausgewogenen Ernährungsplans. Mit „Tut gut!“ haben wir ja hier in Niederösterreich ein sehr gutes Instrument, welches auch ein Angebot bei der Speiseplanerstellung im Bereich der Verpflegung von Kindern liefert. Dies gilt es zu nutzen. Ein ausgewogenes und gesundes Essen im Kindesalter hat auch viele Vorteile, auf die ich hier jetzt nicht extra eingehe. Wir könnten eine eigene Aktuelle Stunde zum Thema „Ernährung“ ja einmal machen. Nun zu den niederösterreichischen Gemeinden, unseren Partnern für eine bessere Kinderbetreuung: Das „SPÖ-KinderPROgramm“ will den Gemeinden nicht etwas aufzwingen, sondern soll den niederösterreichischen Familien eine Wahlfreiheit bieten. Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sehen die Gemeinden als unsere Partner in der Verbesserung der Kinderbetreuung in unserem Land. Gleichzeitig wollen wir jedoch auch als Land maximale Unterstützung den Gemeinden geben. Lange genug haben viele Gemeinden in Niederösterreich im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht, ein Angebot zur Verfügung zu stellen. Das Land NÖ soll unserer Meinung nach eine viel aktivere Rolle im Bereich der Kinderbildung und Betreuung wahrnehmen. Wie soll das konkret aussehen? All jene Gemeinden, die in das neue System wechseln wollen, haben echte Vorteile – also hier ein positives Anreizsystem für die Gemeinden. Geht es nach unserem Vorschlag, so soll jede Gemeinde im ersten Schritt – also ab dem Jahr 2023/24 – einen Personalkostenzuschuss in der Höhe von 45 % für die Kinderbetreuer, -betreuerinnen und die Stützkräfte erhalten. Die Bedingung ist: eben Einhaltung der VIF-Kriterien, die Punkte unseres Programms wie eben Öffnungszeiten oder Schließzeiten. Somit ist es auch einfach für jeden Bürgermeister, Bürgermeisterin sich das durchzurechnen. Wenn man das macht, wird man auch schnell die finanziellen Vorteile unseres Programms für die Gemeinden erkennen. Dadurch würde es auch nicht mehr notwendig sein, am Nachmittag Elternbeiträge einzuheben. Im zweiten Schritt – eben ab 2025/26 – soll das Angebot der Kleinkindbetreuung ausgebaut werden. Auch hier soll das Land NÖ eine deutlich aktivere Rolle in der Finanzierung wahrnehmen. Als Bürgermeisterin weiß ich, welche finanzielle Belastung für das Budget eine Kleinkinderbetreuung darstellt und das haben wir auch hier bereits thematisiert. Wir wollen auf das Know-how von Trägern wie beispielsweise der „Volkshilfe“, der „Kinderfreunde“ oder auch des „Hilfswerks“ hier zurückgreifen. Die haben hier ja schon beste Erfahrungen und leisten im Bereich der Kleinkinderbetreuung hervorragende Arbeit. Die Kosten für die Kleinkinderbetreuungseinrichtungen – ginge es nach unserem Vorschlag – würden hier wiederum vom Land übernommen werden. Wie im ersten Schritt, einzige Bedingung: Erfüllung der Kriterien des „KinderPROgramms“. Also: Druck raus, Spaß rein. Es braucht eine echte Entlastung der niederösterreichischen Familien. Unser Vorschlag zu einer verbesserten Kinderbetreuung würde einen Meilenstein in der niederösterreichischen Familienpolitik darstellen. Erstmals hätten die Familien eine echte Wahlfreiheit, ab wann und wie viele Stunden die Kleinsten in eine Bildungs- und Betreuungseinrichtung wechseln – echte Wahlfreiheit. Gleichzeitig würde es eine massive Entlastung des Familienbudgets sein. Durch den Entfall der Kosten für die Nachmittagsbetreuung würden sich die Eltern mehrere hundert Euro pro Jahr im Kindergartenbereich ersparen. Im Kleinkindbereich - hier habe ich auch beim letzten Mal in der Aktuellen Stunde schon ein Beispiel gebracht – würde es überhaupt zu einer Entlastung von mehreren tausend Euro pro Jahr kommen. Der Druck, der auf vielen Familien hier, respektive auch auf Frauen lastet, wenn man den Bedarf für die Nachmittagsbetreuung melden muss, würde auch deutlich genommen werden. Eine echte Wahl haben die Eltern nur dann, wenn auch das Angebot stimmt. Und das Angebot bestimmt hier auch die Nachfrage, wie in vielen Bereichen. Nur auf den Bedarf zu reagieren, ist hier zu wenig. Aber es gibt auch andere Familienmodelle wie beispielsweise Alleinerziehende, die ganz besonders von unserem „KinderPROgramm“ profitieren würden. Nun zur Finanzierung unseres „KinderPROgramms“. Es bringt mittelfristig auch für das Land NÖ Vorteile. Ja, es stimmt: Unser Vorschlag kostet dem Land NÖ Geld und gar nicht wenig, um ehrlich zu sein. Die gute Nachricht: Mit dem notwendigen politischen Willen ist es finanzierbar. Wie stellen wir uns das vor? Zum Einen wird ja gerade die 15a-Vereinbarung im Bereich der Kinderbetreuung neu verhandelt. Dies soll bis zum Sommer 2022 abgeschlossen sein. Weiters hat die Österreichische Bundesregierung für den Bereich der Kinderbetreuung auch mehr Geld angekündigt – wahrscheinlich nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, was rund um die Chatprotokolle vom ÖVP-Exbundeskanzler veröffentlicht wurde und wir ja schon in einer Aktuellen Stunde hier thematisiert haben. Weiters haben die ÖVP Niederösterreich und auch die Freiheitliche Partei in diesem Haus am 21. Juni 2021 den Verkauf der Wohnbaudarlehen in der Höhe von 1,65 Milliarden Euro beschlossen. Wir waren seinerzeit dagegen, weil es um eine langfristige Finanzierung des Wohnbauförderungssystems gegangen ist. Es wurde jedoch beschlossen und jetzt gilt es, die aus den Verkäufen erzielten Erlöse auch für die Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen einzusetzen. Ehrlich gesagt: Was gibt es Besseres, als in die Zukunft unseres Bundeslandes zu investieren, in die Jüngsten unseres Landes? Das wäre ein echtes Statement, eine zukunftsträchtige Investition sozusagen. Der Vorteil, den ich hier auch als Budgetsprecherin der SPÖ sehe, dass wir die Erlöse aus den Wohnbaudarlehen nehmen, ist, wenn man die Budgetpolitik auch seriös betreiben will – wie es ja auch Herr Landesrat Schleritzko macht – dass es eben nicht in den Budgetvoranschlägen bzw. in den Budgetpfad eingerechnet ist. Das heißt, dieses Geld stünde zur Verfügung. Nochmals: Wo wäre es denn besser eingesetzt, als in die Zukunft unseres Landes, in die jüngsten Landsleute? Herr Kollege Ebner – er ist leider jetzt nicht im Raum – hat in den Medien eben hier darauf hingewiesen, dass wir ein Doppelbudget beschlossen haben. Hier möchte ich daran erinnern: Ja, wir haben es beschlossen, aber die SPÖ hat die Bereiche 240 und 250, wo es um die Kindergärten geht, abgelehnt, weil wir eben schon gesehen haben, dass hier viel zu wenige finanzielle Mittel veranschlagt waren. Ich hoffe wirklich im Sinne der niederösterreichischen Familien, dass wir in sehr absehbarer Zeit den nächsten Schritt in der Kinderbetreuung machen können. An dieser Stelle möchte ich mich auch sehr herzlich bei unserem Landesparteivorsitzenden Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl für seine Initiative bedanken. Gerade im Bereich „Kinderbetreuung“ – man merkt, lieber Franz, dass es dir um die Zukunft dieses Landes, um die Familien in Niederösterreich geht. (Beifall bei der SPÖ.) Der Klubobmann der SPÖ, Reinhard Hundsmüller und sein Stellvertreter Christian Samwald, haben ja alle in diesem Haus vertretenen Parteien zu Gesprächen zu diesem Thema eingeladen. Im Sinne unserer Landsleute bin ich auch davon überzeugt, dass uns ein gemeinsames Ergebnis hier gelingen kann, ein attraktives Angebot für die niederösterreichischen Familien hier zur Verfügung zu stellen. „Wir tun, was ein Land tun kann“, höre ich hier so oft, aber es muss im Kinderbildungsbereich noch mehr getan werden. Wir haben heute – unser Landesparteivorsitzender und wir – Blumen bekommen – Blumen von einer Kindergartenpädagogin. Auf dieser Blume steht: „Kindergarten = Bildungseinrichtung“. Ja, und darum geht es: um eine Aufwertung des Kindergartens, um eine Verbesserung des Kinderbildungssystems für unsere kleinsten Kinder, für die Familien, für die Erziehungsberechtigten, für die Pädagogen und Pädagoginnen, die ganz Wertvolles leisten und für die Gemeinden. Setzen wir dieses „KinderPROgramm“ gemeinsam um! Dankesehr. (Beifall bei der SPÖ.)
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- Sozialdemokratische Partei Österreichs