Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1894/A-8/46-2022 – Blau-gelber Arbeitsmarkt schafft und sichert Arbeitsplätze
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Lieber Kollege Teufel, es war ja sehr unterhaltsam, was du da gesagt hast. Ich kann es auch verstehen, weil die Aktuelle Stunde „Arbeitsmarkt“ … ich sehe die Aktualität nicht, du scheinbar auch nicht. Nach dem thematischen Ausritt möchte ich aber trotzdem wieder auf das Thema dieser Aktuellen Stunde zurückkommen. Die ist meiner Ansicht nach ein Ablenkungsmanöver, meine Damen und Herren. Ein Ablenkungsmanöver von einem ganz anderen niederösterreichischen Arbeitsmarkt, einem schwarzen. Einem Arbeitsmarkt, auf dem gut bezahlte Posten unter der Hand vergeben werden. Einem Arbeitsmarkt, auf dem das Parteibuch, die Bünde, die „Connections“ zählen. Einem Arbeitsmarkt, auf dem der Jagdschein wichtiger ist als ein Studienabschluss. Einem Arbeitsmarkt, der durch Postenschacher und Freunderlwirtschaft befeuert wird. Und einem Arbeitsmarkt, dessen Funktionsweise und dessen Strippenzieher und da muss ich jetzt gendern, auch Strippenzieherinnen – Oberstrippenzieherin ist leider nicht da – jetzt durch diverse Chatverläufe immer deutlicher ans Licht kommen. Und in dieser Situation zaubern Sie schnell das Thema „Blau-gelber Arbeitsmarkt schafft und sichert Arbeitsplätze“ aus dem Hut. Man merkt die Hast, die Nervosität, die dahintersteckt, denn schon der Titel ist hingeschludert. Man fragt sich nämlich: Kann ein Markt überhaupt Arbeitsplätze schaffen und sichern? „Auf dem Arbeitsmarkt“ – ich zitiere hier Gablers Wirtschaftslexikon „treffen das Arbeitsangebot der privaten Haushalte und die Arbeitsnachfrage der Unternehmen sowie des Staates zusammen.“„Treffen zusammen“ wohlgemerkt. Da wird nichts geschaffen. Da wird nichts gesichert. Da wird verhandelt und kontrahiert. Auf dem Fischmarkt werden auch keine Fische geschaffen. Die Politik kann nur Maßnahmen setzen, damit sich auf diesem Markt möglichst viele qualifizierte Marktteilnehmer bewegen und zueinander finden. Geschaffen, meine Damen und Herren, werden die Arbeitsplätze – und das hat sogar der Finanzlandesrat in einer seiner Reden richtig erkannt – von den vielen tüchtigen innovativen einsatzbereiten und risikobereiten Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Lande. (Beifall bei den NEOS.) Und was die brauchen, ist eine Landes- und Bundespolitik, die es ihnen ermöglicht zu unternehmen und nicht in erster Linie zu verwalten. Aber dazu später. Aber sind wir einmal ein bisschen blauäugig: Nehmen wir an, Sie haben das ernst gemeint, Sie wollten nicht ablenken. Sie wollten die Aktuelle Stunde eigentlich „Blau-gelbe Wirtschaftspolitik schafft und sichert Arbeitsplätze“ nennen und haben sich nur vertippt – kann ja vorkommen. Das heißt, Sie wollten den Fokus auf die Wirtschaftspolitik in Niederösterreich lenken. Meine Damen und Herren, wenn wir NEOS etwas ernst nehmen, dann schauen wir uns die Fakten an und da sehen wir bei aller Freude über den Wirtschaftsaufschwung, dass Niederösterreich im Jahr 2021 im Bundesländervergleich nicht so wahnsinnig beeindruckend abgeschnitten hat. Rückgang bei der Arbeitslosigkeit im Jahr 2021: Mit 22,9 % Rückgang liegt Niederösterreich an drittletzter Stelle unter den Bundesländern vor dem Burgenland und vor Wien. Zuwachs an unselbständig Beschäftigten: In Niederösterreich plus 2,3 %, in ganz Österreich war dieser Wert plus 4,1 %. Hier liegt Niederösterreich an letzter Stelle unter allen Bundesländern. Und die Langzeitarbeitslosigkeit – das hat auch der Herr Kollege Rennhofer richtig erkannt – vor allem die von Personen über 50 Jahren, bleibt das größte Problem. Diese Zahlen kommen nicht aus einem neoliberalen „Think Tank“, nein, sie kommen von unverdächtiger Stelle – nämlich vom AMS. Ehrlich gesagt, für mich ist das auch keine Überraschung. Denn was tut denn das Land, außer dieselben Investitionsprogramme dreimal zu verkaufen? Wir wissen aus den Budgetdebatten, wenn wir über die Gruppe 7 reden: Die Wirtschaftsförderung, abgesehen von der Landwirtschaftsförderung, ist ein Stiefkind in Niederösterreich. Daran hat auch das Nachtragsbudget 2021 nicht viel geändert. Die Zahlen, die da unlängst in den Medien oder heute in der Rede vom Herrn Rennhofer genannt wurden, ein Konjunkturpaket von 229 Millionen Euro sucht man dort nämlich vergebens. Heute hat er schon von 2 Milliarden Euro geredet. Man kriegt ja den Eindruck, dass die ÖVP sozusagen den weltweiten Wirtschaftsaufschwung befeuert hat. Also meine Damen und Herren, die Federn, mit denen Sie sich heute schmücken, sind nicht auf Ihrer blau-gelben Wirtschaftspolitik gewachsen, sondern sind dem weltweiten Konjunkturaufschwung nach dem heftigen Einbruch durch die Covid-19-Krise im Allgemeinen geschuldet und der gemeinsamen Anstrengungen von Wirtschaftstreibenden und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Besonderen, und auf das haben Sie vollkommen vergessen, Kollege Rennhofer: der umfassenden Unterstützung der Bundesmaßnahmen. Denn die wirksamsten Hilfen kamen eben nicht vom Land NÖ, sondern vom Bund, der dafür hohe zusätzliche Schulden aufgenommen hat. Die Rechnung dafür werden kommende Generationen von Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen tragen und nicht die NÖ Landesregierung. Aber die, die könnte gemeinsam mit der so mächtigen und auch auf Bundesebene ja tonangebenden niederösterreichischen ÖVP etwas ganz anderes auf den Weg bringen: Z. B. eine Steuer- und Abgabenreform, die den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig stärkt durch eine spürbare Senkung der Lohnnebenkosten und durch die Abschaffung der kalten Progression; auch eine Bildungsreform, die sicherstellt, dass auch in Zukunft innovative und qualifizierte Arbeitskräfte das Land nach vorne bringen; und eine Gegenfinanzierung dieser Maßnahmen durch eine Verwaltungsreform, die diesen Namen verdient und die vor allem aus Einsparungen bei Bürokratie und Verwaltung besteht, aus der Eliminierung von Doppelgleisigkeiten, Ineffizienz, Kompetenzwirrwarr und Steuergeldverschwendung. (Beifall bei den NEOS.) Da könnten Sie zeigen, dass die ÖVP in Land und Bund noch immer Wirtschaftspartei und nicht Wirtschaftskammerpartei ist und sich nicht nur vom ÖAAB vor sich hertreiben lässt. Das, meine Damen und Herren, wäre ein lohnendes Feld auf dem Sie Ihre Fähigkeiten beweisen könnten, nicht im Selbstbeweihräuchern in einer Aktuellen Stunde, bei der – wie so oft – die Aktualität mit freiem Auge ohnehin nicht erkennbar ist. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich