Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1894/A-8/46-2022 – Blau-gelber Arbeitsmarkt schafft und sichert Arbeitsplätze
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Pfister (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind von der ÖVP Niederösterreich ja gewohnt, dass die Aktuelle Stunde nur zum Zweck abgehalten wird, um sich selbst hier zu bejubeln. Dass es bei der ÖVP zurzeit allerdings alles andere als rund läuft, bezeugt auch die Tatsache, dass es bei der Einbringung zur Aktuellen Stunde zu einer sehr kuriosen Situation in Niederösterreich kam. Denn beinahe zeitgleich mit der Einbringung der Aktuellen Stunde – der Jubeltitel „Blau-gelber Arbeitsmarkt schafft und sichert Arbeitsplätze“ – hat niemand geringerer als unser sehr geschätzter Sozialpartner, der Wirtschaftskammerpräsident Wolfgang Ecker, eine Aussendung mit der Überschrift „Neue Studie Arbeitskräftemangel in Niederösterreich – jede zehnte Stelle kann nicht besetzt werden“ gesendet. Des weiteren wurde er mit den Worten „Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel. Wir haben auch einen Personalmangel – und alle Branchen sind davon betroffen“ zitiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist Fakt? Fakt ist, dass wir seit Jahren vom Arbeitskräftemangel in unserem Bundesland wissen und dass wir seit Jahren auch eine massive Anzahl von langzeitbeschäftigungslosen Menschen in Niederösterreich haben. Allein im Dezember 2021 waren das beispielsweise 18.450 Menschen, die langzeitbeschäftigungslos sind. Jeder von euch kann sich, glaube ich, hier erinnern, dass wir im letzten Jahr eine Fülle an Anträgen zum Thema „Arbeitsmarkt“ und vor allem Schwerpunkte hier eingebracht haben und diese Schwerpunkte auch als Sozialdemokratie in Niederösterreich gesetzt haben. Ich erinnere nur an einen kleinen Auszug: Beispielsweise der Antrag zur raschen Einführung der „Aktion 40.000“; einen Antrag betreffend der Arbeitszeitverkürzung 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich; einen Antrag für ein Maßnahmenpaket für eine gezielte Unterstützung der niederösterreichischen Ein-Personen-Unternehmen; einen Antrag betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Situation für Jugendliche am Lehrstellenmarkt oder auch einen Antrag betreffend einem erweiterten Arbeitsmarktpaket für Frauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, all diese Anträge wurden zum Leidwesen der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher und wie wir der Aussendung der Wirtschaftskammer hier auch entnehmen können, auch zum Leidwesen der Wirtschaft von der ÖVP Niederösterreich, die heute genau diese Stunde eingebracht hat, abgelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein starker Fokus betrifft uns hier alle – nämlich der Kampf gegen Langzeitarbeitslose. Jeder fünfte Arbeitslose in Niederösterreich ist derzeit ein Jahr und länger jobsuchend. Gehen wir auf den Fokus der Frauen und schauen uns das genau an – der Kollege Rennhofer, der da sehr vollblumig und vollmundig verkündet hat, was alles gut läuft. (Abg. Kainz: Zu Recht, zu Recht!) Es gibt jede Menge Programme, aber die muss man auch hier unterstützen und auch mitfinanzieren. Nämlich der Hauptfinanzier dieser Programme ist der Steuerzahler und die Steuerzahlerin in Niederösterreich, in ganz Österreich – nämlich mit den AMS-Mitteln. Und hier Summen drei oder vier Mal zu verkaufen, die eigentlich schon ein alter Hut sind, trägt nur zur Verwirrung, zur Verunsicherung und nämlich von Falschmeldungen bei. (Beifall bei der SPÖ.) Es gibt diverse Projekte, wenn ich nur an das „FiT-Programm“ denke – Frauen in die Technik – auch der Herr Wirtschaftskammerpräsident unterstützt das. Zwei Drittel der „FiT“-Absolventinnen werden spätestens drei Monate nach Ausbildungsende wieder im Berufsleben Fuß fassen und haben Fuß gefasst. Das wissen wir. Das sind Projekte, die weitergeführt werden müssen, die ausgebaut werden müssen und wo auch ein Geld in die Hand genommen werden muss, Herr Landesrat. Die punktgenaue Qualifizierung hier auch speziell für Frauen in Niederösterreich, eine verkürzte Lehre in einem Betrieb mit anschließender Übernahme – auch hier muss der Fokus gelegt werden. Wir brauchen jetzt Hilfen und nicht blau-gelbe Arbeitsmarktpolitik in der Überschrift und Jubelmeldungen. Diverse Ideen sind nicht nur hier im Haus vorhanden, die sind bei den Sozialpartnern vorhanden, die sind in den diversen Gremien vorhanden. Ich möchte nur zur Klarstellung auch eine Bilanz ziehen – nämlich wenn man sich das genauer anschaut und ihr wisst ganz genau, wo ein Fokus darauf liegt, nämlich auf der Lehrlingsoffensive und vor allem auch auf den Fachkräften von morgen. Da möchte ich hier auch die Bilanz heranziehen und möchte die Zahlen ein bisschen relativieren, die der Herr Rennhofer da so vollmundig als die Almosen der ÖVP hier verkündet. Wenn ich mir nur die Lehrlingsoffensive allein im Jahr 2021 anschaue, in einer sehr, sehr schwierigen Zeit. Die Zahl der Plätze in Niederösterreich wurde hier um 700 in den überbetrieblichen Lehrbetrieben aufgestockt. Das war notwendig und ist notwendig. Die eingesetzten Budgetmittel vom Land NÖ: 8 Millionen Euro. Das Gesamtvolumen, ja? Sage und schreibe 56 Millionen Euro, die der Herr Rennhofer verkündet hat. Die kommen aber zum überwiegenden Teil vom AMS. Die neuen Angebote wie das „Digitalisierungs-Gap“ wurden 2021 entwickelt, um junge Menschen auf die Herausforderungen durch „Distance Learning“ gut vorbereitet entgegenzutreten. Was war die Bilanz? Diese Zahlen würde ich mir wünschen, dass Sie die präsentieren. 6.250 Jugendliche nutzten das Angebot, davon 2.500 Frauen. 1.578 waren per Ende Dezember aktiv eingebunden im Jahr 2021. 114 haben den Pflichtschulabschluss positiv absolviert. 2.106 gelang 2021 der Jobeinstieg und die Lehrabschlussprüfung. 601 Personen oder Jugendliche nutzten weiterführend die Qualifizierungsmaßnahmen des AMS, das gemeinsam hier ein hervorragendes Programm nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch für das Jahr 2022 aufgelegt hat. Ich möchte da nur auch einen Ausblick geben: Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen sinkt Gott sei Dank. Wir haben aber noch immer 3.800 Jugendliche, die hier keine Chance auf einen Job haben oder die keine Perspektiven haben. Wir haben hier Nachfrage bei den Betrieben, die hier junge Lehrlinge suchen, die wir auch weiter anhalten. Wir haben hier voraussichtlich eine Lücke von 1.300 Lehrstellen. In bestimmten Branchen wird es zunehmend schwieriger, Jugendliche zu finden hier eine Ausbildung zu machen. Stichwort „Fremdenverkehr“, Stichwort „Bau und Handel“. Aber was würde ich mir noch wünschen und wo würde ich mir wünschen, dass wir auch den Fokus hinlegen und nicht nur Jubelraketen abschießen? Aber die Zahl der jungen Menschen, die aufgrund unterschiedlichster Problemlagen den Übergang ins Erwerbsleben nicht schaffen, nimmt zu. Allein im Jahr 2021 hat die Zahl der Jugendlichen sich hier – Jugendliche, die langzeitarbeitslos sind, nämlich den Einstieg in die Jobwelt nicht schaffen – allein hier verdoppelt, um 134 % zugenommen. Im Jahr 2022 wird von den Expertinnen und Experten ein weiterer Anstieg hier um noch einmal knapp 100 % erwartet. Was soll hier passieren und was muss hier passieren? Und ich glaube, das müssen wir alle gemeinsam hier auch machen und dieses Bekenntnis erwarte ich mir nicht nur, wenn großblumige Zahlen verkündet werden, was die ÖVP macht, sondern wir gemeinsam hier – gemeinsam hier aus dem Landtag, gemeinsam mit den Sozialpartnern in Summe 6.195 Plätze in Jugendausbildungszentren zu schaffen. Nämlich Jugendlichen die Perspektive zu geben, in einer überbetrieblichen Ausbildung und in einem Programm „JUST2JOB“ z. B. auch hier eine Perspektive zu haben. Mit einem Förderbudget, die 56 Millionen Euro, die hier seitens des AMS natürlich mit 51 Millionen Euro auch unterstützt werden, mit einem neuen Schwerpunkt im Bereich „Outplacement“ und mit einem klaren Fokus der Jugendlichen, die einen Einstieg in einen passenden Job und vor allem auch in ihrem Wunschfachkräftebereich, den sie sich auch wünschen, hier auch anstreben. Das würde ich mir wünschen und nicht Überschriften mit Zahlen, wo man sich abfeiern lässt. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn wir bei den Lehrlingen sind und bei der Ankündigung mit „Job.ReAct“ 110 Positionen zu schaffen … ja, das ist wichtig. Das hat es nur in der Vergangenheit schon gegeben. Das ist keine neue Idee. Das gibt es schon seit 30 Jahren … diese Idee. Das hat es auch schon in der „Aktion 20.000“ gegeben. Das hat es auch als Inhalt, wenn Sie die Anträge gelesen hätten, auch in der „Aktion 40.000“ bereits gegeben. Also so einen alten Hut neu zu verkaufen, halten wir für wirklich sehr, sehr uneinfallsreich. Aber schauen wir uns noch einen Punkt an, wenn wir bei der Ausbildung sind. Schauen wir es uns auch an, wenn wir bei dem Thema „Frauen“ sind. Dann kommt zwangsläufig das Thema „Kinderbetreuung“ um die Ecke. Und die Kinderbetreuung in Niederösterreich ist in einem großen Teil des Landes nicht mit einer Teil- bzw. mit einer Vollzeitbeschäftigung eines Zweitverdieners vereinbar. Viele Familien in Niederösterreich sind immer noch stärker aufgebaut und so aufgebaut, dass die Kinderbetreuung von Oma oder Opa, die ums Eck wohnen, mitgemacht wird. Weil junge Familien mobiler werden und sich häufiger dort ansiedeln, wo die Erwerbschancen natürlich höher sind. (Abg. Kainz: Das macht ja nichts, oder?) Aber die Betreuungspflichten, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden noch immer in unserem Bundesland zum Großteil von Frauen übernommen. Gleichzeitig haben wir aber auch das große Glück und auch die Entwicklung zeigt das … sind unsere Niederösterreicherinnen immer besser ausgebildet. Das zeigen die Daten der „Statistik Austria“. Das zeigen auch die diversen Studien, die die Wirtschaftskammer hat. Wir werden es uns nicht mehr lange leisten können, auf das Know-how der Frauen zu verzichten. Vielfach geht die Erwerbsbeteiligung der Frauen mit dem Angebot qualitativ und quantitativ hochwertiger Kinderbetreuungseinrichtung einher. Da lohnt es sich hinzuschauen – nämlich in die Ausbildung und vor allem auf die Kinderbetreuung zu setzen, damit wir unsere gut ausgebildeten Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher am Arbeitsmarkt nicht verlieren. (Beifall bei der SPÖ.) Die Rufe nach Fachkräften und gut ausgebildetem Personal werden seitens der Wirtschaft immer lauter. Gleichzeitig verzichtet hier Niederösterreich aufgrund eines zu wenig attraktiven Angebots an Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf das Potenzial unserer Niederösterreicherinnen. Viele andere Bundesländer wie beispielsweise Wien oder das Burgenland zeigen vor, wie es in diesem Bereich ginge. Im Wesentlichen geht es um die echte Wahlfreiheit für die Eltern. Die gibt es nur dann, wenn auch dementsprechend ein attraktives Angebot an Kinderbetreuungseinrichtung zur Verfügung steht. Erst vor kurzem – und das freut mich auch, dass diese Aktuelle Stunde, die wir dann auch gleich im Anschluss einbringen – nämlich vergangene Woche hat die Sozialdemokratie in Niederösterreich das „KinderPROgramm“ präsentiert, welches eine erhebliche Erleichterung für die Familien und somit auch ein Booster für unseren niederösterreichischen Arbeitsmarkt sein kann. Die 3-G stehen dabei im Vordergrund: ganzjährig, ganztägig und gratis. (Abg. Weninger: Gute Idee.) Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Sinne unseres niederösterreichischen Arbeitsmarktes müssen wir hier die gemeinsame Kraftanstrengung einer verbesserten Kinderbetreuung angehen und unsere Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher nicht zu Hause mit der Kinderbetreuung zu beschäftigen, sondern wertvoll, für das sie auch ausgebildet und gelernt haben, am Arbeitsmarkt einsetzen. Das funktioniert nur gemeinsam und das ersuche ich euch. (Beifall bei der SPÖ.)
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- Bruck an der Leitha
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- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
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- Sozialdemokratische Partei Österreichs