Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1842/V-9-2021 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Landesregierung! Hohes Haus! Ich spreche als Generalredner zur Gruppe 9. Wir sind der Idee eines Doppelbudgets immer skeptisch gegenüber gestanden – vor allem wegen des Zeitpunkts der Einführung, nicht wegen der Sache an sich. Und was vorgelegt wurde, übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen. Nach einem erwarteten Minus von rund 770 Millionen Euro im Krisenjahr 2021 wird für das kommende Jahr ein Defizit von 530 Millionen Euro geplant, für 2023 sind es noch immer 338 Millionen Euro. Das ist keine Erfolgsstory, aber wenigstens habe ich diesmal einen moderateren Ton bei der Budgetrede von Landesrat Schleritzko festgestellt und auch bei der Rede von Herrn Schneeberger gestern Vormittag. Während das Nulldefizit 2021 in der Vergangenheit quasi schon als fix erreicht gesehen wurde, war man gestern in der Tonalität der Zukunftsprognosen schon vorsichtiger – und leider zu recht, wie die Zahlen zeigen. Dennoch soll dieses Doppelbudget Planungssicherheit bringen, Stabilität. Fragt sich nur für wen? Vielleicht sollen die hohen Ausgaben die Mehrheit der ÖVP stabilisieren. Und Planungssicherheit? Die einzigen, für die dieses Doppelbudget Planungssicherheit bringt, sind die Banken, die schon neue Finanzierungspakete schnüren können. Und da sind wir beim Kernthema in der Gruppe 9 angelangt – nämlich den Schulden. Der Schuldenberg, meine Damen und Herren, den wir hier unseren Kindern und Enkelkindern überlassen, wächst und wächst, solange es uns nicht gelingt merkbare Budgetüberschüsse zu erzielen. Und anders als im Budgetprogramm zu lesen ist, wurden die Schulden der letzten Jahre und Jahrzehnte eben nicht aufgenommen, um in Schulen, in Krankhäuser, in Forschungseinrichtungen zu investieren. Nein, die Schulden wurden aus mangelnder Budgetdisziplin gemacht, garniert mit Verlusten aus Schweizer-Franken-Krediten und anderen kreativen Finanzgeschäften. Praktisch alle Großprojekte, meine Damen und Herren, vom Regierungsviertel über das IST, das Haus der Digitalisierung, den Neubau von Krankenhäusern bis zur Donau-Universität Krems wurden über Sonderfinanzierungen hier im Haus „Operating Leasing“ genannt, außerhalb des Budgets finanziert. Das heißt, diese Objekte gehören gar nicht dem Land, sondern den Banken, den Leasinggebern, wenn es wirklich „Operating Leasing“ ist, was ich hier bezweifle. Aber die damit entstandenen Leasingverpflichtungen engen den zukünftigen budgetären Spielraum mehr und mehr ein. Der Rechnungshof weist jedes Jahr auf diesen Umstand hin, aber keiner will es hören. In unserer ersten Budgetdebatte, das war im Jahr 2018, haben wir NEOS gesagt, dass der Schuldenberg der höchste Berg Niederösterreichs ist und jedes Jahr höher wird. Klubobmann Schneeberger – befreit von jedem Sinn für Metaphern – hat uns damals unter dem Jubel seiner Kollegen belehrt, dass tatsächlich der Schneeberg der höchste Berg in Niederösterreich sei. Wir haben leider recht behalten. Im Gegensatz zum Schneeberg wächst der Schuldenberg zuverlässig Jahr für Jahr und zwar erheblich und unkontrolliert. Und das kann ich Ihnen beweisen. Ich habe mir die Mühe gemacht ältere, mittelfristige Budgetprogramme anzuschauen und da schauen wir einmal ins mittelfristige Budgetprogramm, das im Juni 2017 präsentiert wurde. Damals waren wir noch gar nicht im Landtag, aber es hat natürlich ein mittelfristiges Budgetprogramm gegeben und ich habe mir angeschaut wie Mitte 2017 der Schuldenstand für das Jahr 2019 prognostiziert wurde. 2019 deshalb: Es war das letzte Jahr vor der Pandemie, ein unauffälliges Jahr, Hochkonjunktur, keine Krise, kein Wahlkampf, ein unauffälliges Jahr. Übrigens 2017 war von dem Nulldefizit 2021 noch gar keine Rede. Da war für 2021 noch ein Minus von 163 Millionen Euro vorgesehen und die ÖVP, allen voran Klubobmann Schneeberger, hat das ganz ok gefunden. Er hat uns auch gebeten, das Budgetprogramm doch im nächsten Jahr dann mitzutragen. Das Nulldefizit wurde nämlich erstmals im Juni 2018 aus dem Hut gezaubert, nachdem wir uns als kritischer Oppositionskraft auch medial stark positioniert haben. Mitte 2017, meine Damen und Herren, wurden die Schulden für 2019 mit 4,7 Milliarden Euro prognostiziert. Ein Jahr später, Mitte 2018, da waren wir schon im Landtag, waren die Schulden schon mit 5,1 Milliarden prognostiziert. Und tatsächlich geworden sind es dann 5,4 Milliarden Euro. (zeigt Tafel.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Herr Abgeordneter, ich darf Sie kurz unterbrechen, Sie haben mir, bevor Sie das Rednerpult bestiegen haben, gesagt, Sie haben eine Tafel mit, die Sie zur Erläuterung brauchen. Ich erinnere dennoch an die Hausordnung: Wir sollten uns hier mit Worten ausdrücken und nicht mit Tafeln. Danke. (Abg. Mag. Collini: Stimmt ja nicht. In der Geschäftsordnung steht: Wenn es nicht anders möglich ist.)
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Ja, in der Hausordnung steht aber auch, dass solche Mittel erlaubt sind, wenn es nicht anders möglich ist, den Sachverhalt sinnvoll darzustellen und das ist in dem Fall der Fall. Entschuldigung. Tatsächlich geworden sind es dann 5 Milliarden ...
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Ich denke doch, dass Sie so wortgewandt sind, dass Sie die Darstellungen auch anders rüberbringen können und die Abgeordneten dieses Hauses haben eine hohe Auffassungsgabe. Die können das wirklich auch so verstehen. (Beifall im Hohen Hause.)
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Danke für diese objektive Intervention. Ich stelle fest, innerhalb von zwei Jahren sind die geplanten Schulden um 708 Millionen Euro gestiegen – ohne Krise, ohne äußere Einflüsse. Einfach deshalb, weil diese Regierung keine Prognosefähigkeit hat. Und wer, meine Damen und Herren von der ÖVP, wer soll Ihnen noch glauben, dass Sie Herr der Lage sind, dass Sie verantwortungsvoll mit unseren Steuergeldern umgehen, dass Sie prognosefähig und halbwegs richtig budgetieren können? Dass Sie tatsächlich einen ausgeglichenen Haushalt und in weiterer Folge Budgetüberschüsse und eine Reduktion der Schulden schaffen? Schulden, die in diesem Land in Richtung 9 bis 10 Milliarden Euro gehen, wenn ich bis 2023 alles zusammenzähle. Das sind doppelt so viel wie 2019, vor der Krise. Und da sind die ausgelagerten Gesellschaften und Einheiten noch gar nicht mitgezählt. Da kommen noch einmal rund 1,8 Milliarden dazu. Wenn Sie an Schuldenabbau denken, wie es ja gefallen ist, da brauchen Sie ordentliche Budgetüberschüsse in der Größenordnung von 150 Millionen aufwärts, keine schwarze Null, weil Sie auch die Zinsen zahlen müssen. Und die werden nicht ewig so niedrig bleiben, wie sie jetzt sind. Und tatsächlich, wenn Sie in die Gruppe 9 hineinschauen oder in die Beilage 6c, sehen wir das ja. Voranschlag 2022: Defizit 530 Millionen Euro, Nettoneuverschuldung 608 Millionen Euro. Voranschlag 2023: Defizit 338 Millionen Euro, Nettoneuverschuldung 406 Millionen Euro. Und das ist nur der Voranschlag. In Wirklichkeit kam es bisher immer noch schlimmer. Damit das nicht so weitergeht, habe ich einen Resolutionsantrag zu einem Neuverschuldungsverbot mitgebracht, den ich am Schluss meiner Rede einbringen werden. Bis jetzt habe ich über das gesprochen, was in den beiden Voranschlägen drinnen steht. Was nicht drinnen steht, weil es die VRV 2015 für den Voranschlag nicht vorsieht, ist die katastrophale Vermögenslage des Landes. Nein, Niederösterreich ist nicht reich an Vermögen – im Gegenteil. Mit Ende 2020 war das Land mit 8,3 Milliarden Euro überschuldet. Das heißt, die Verbindlichkeiten sind höher als das gesamte Vermögen des Landes. Für den Zeitraum 2021 bis 2023 kommen nochmal rund 2,2 Milliarden dazu. Was ist der größte Brocken bei den Verbindlichkeiten? Die Pensionsansprüche der pragmatisierten Beamten. Das muss auch einmal gesagt sein. Und finanztechnisch gehört das Land NÖ den Banken und den Pensionisten und es müsste sofort Konkurs anmelden, wenn es ein Unternehmen wäre. Wir müssen hier aufpassen, dass der Kompass nicht in die falsche Richtung zeigt, weil Ihr Mantra von „das Schiff auf Kurs halten“, wirkt hier wie eine gefährliche Drohung. Man kann auch mit fester Hand den Eisberg ansteuern, meine Damen und Herren, und ich habe den Eindruck, das passiert hier gerade. Sie versuchen das zu verschleiern, indem Sie Unterlagen nach wie vor nicht in zeitgemäßer Form vorlegen, indem Sie verfassungsrechtlich bedenklich sich vom Landtag jedes Jahr, sowie auch auch heute, die Lizenz zum Tarnen und Täuschen geben lassen, die in Punkten 3 und 4 des heutigen Antrags versteckt ist. Diese Generalklausel, die Sie in den letzten Jahren auch immer benützt haben, um höhere Einnahmen sofort wieder wo anders auszugeben, hat letztlich zu der katastrophalen Finanzlage des Landes geführt – und sie ist katastrophal. Das führt mich zu meinem abschließenden Urteil: Sie haben kein Interesse an einer qualifizierten Budgetdebatte. Sie haben kein Interesse an einer transparenten Darstellung der Geldflüsse. Das hat man auch gesehen an der überfallsartigen Ausgliederung der Landesgesundheitsagentur, die damit der parlamentarischen Kontrolle entzogen wurde, ohne irgendwelche Proforma Darstellungen „vorher – nachher“. Die Vergleichbarkeit von Voranschlägen und den Jahresabschlüssen im Zeitverlauf ist damit verunmöglicht. Verschleiern, fortschreiben, Schulden machen. Das ist der niederösterreichische Weg, den Sie hier gleich über zwei Jahre fortschreiben wollen. Aber vielleicht ist es ja die von Ihnen angesprochene Stabilität. Von uns kommt jedenfalls eine klare Ablehnung der beiden Voranschläge sowie des weitgehend aus der Luft gegriffenen Budgetprogramms 2021 bis 2026. Herr Kollege Landbauer, du hast gestern gesagt, aus Staatsräson wirst du diesem Budget zustimmen. Ich glaube, gerade das Gegenteil ist der Fall. Als Staatsräson kann man diesen beiden Budgets nicht zustimmen. Vielleicht überlegst du dir das noch. Noch etwas zum Abschluss: Man hat sich in den beiden Tagen sehr oft bei vielen bedankt. Jetzt möchte ich mich bedanken und zwar bei sehr vielen – nämlich bei allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die das alles finanzieren und die es verdient haben, meine Damen und Herren, dass die öffentliche Hand – und dazu gehört auch die NÖ Landesregierung – die Steuergelder sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig einsetzt. (Beifall bei den NEOS.) Damit das auch passiert, habe ich einen Resolutionsantrag mitgebracht. Er betrifft ein Neuverschuldungsverbot für das Land NÖ. In Niederösterreich braucht es ein Neuverschuldungsverbot nach Schweizer Vorbild. Konkret werden durch ein Neuverschuldungsverbot die zulässigen Ausgaben auf die Höhe der um einen Konjunkturfaktor bereinigten Einnahmen begrenzt. Damit ist dafür gesorgt, dass in einer Hochkonjunkturphase der Konjunkturfaktor kleiner als 1 ist und damit Überschüsse erzielt werden müssen, während in einer Rezession Defizite erlaubt werden. Der Antrag soll daher lauten (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung, insbesondere der Landesrat für Finanzen wird aufgefordert, dem Landtag ein Gesetz zuzuleiten, das vorsieht, ein Netto-Neuverschuldungsverbot im Verfassungsrang zu etablieren, welches zum Ziel hat, eine stabile Haushaltsentwicklung zu gewährleisten. Die Effektivität dieses Neuverschuldungsverbots soll durch folgende Kriterien sichergestellt werden:
- Keine neuen Netto-Schulden, solange die Wirtschaft wächst.
- Klare Formulierung der Regeln zum Konjunkturfaktor, der von Wirtschaftsforschungsinstituten und der Statistik Austria zeitnah publiziert wird.
- Starke Sanktions- und Korrekturmechanismen, die die Durchsetzbarkeit sicherstellen und Umgehungskonstruktionen verhindern.
- Kontrolle der Regeleinhaltung durch unabhängige Institutionen, wie etwa dem Landungsrechnungshof sowie eines Fiskalrats, der sich aus fachkundigen Experten, die keine politischen Amts- oder Mandatsträger sind, zusammensetzt.
Das Neuverschuldungsverbot soll mit 1.1.2023 in Kraft treten."
Ich ersuche um Annahme dieses Resolutionsantrags und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich