Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1842/V-9-2021 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Zweiter Präsident Mag. Karner übernimmt den Vorsitz.) Die Gruppe 5 verbindet mit Gesundheit und Umwelt zwei Bereiche, die untrennbar voneinander sind und die auch global – und auch in Niederösterreich – unsere größten Herausforderungen darstellen. Als Hauptrednerin dieser Gruppe nehme ich zu beiden Themen Stellung. Ich beginne mit Umwelt, unserer Lebensgrundlage. Umweltschutz, Naturschutz, Klimaschutz gehören zusammen. Die Bekämpfung der Klimakrise ist das wichtigste Ziel. Die Bevölkerung ist sich dieser Problematik bewusst. Wir haben es gestern alle in den Medien gelesen. Die Österreicherinnen und Österreicher sehen den Klimawandel als größte Bedrohung der Gesellschaft an. Die Erderwärmung wird als höchstes Risiko eingeschätzt. Sie sehen den Kampf dagegen aber höchst pessimistisch. Nur mehr 10 % halten es für realistisch, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Als Hauptakteurin wird die Politik gesehen und ihr gleichzeitig ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt. Diesem Vertrauensverlust kann nur mit unmittelbaren, wirksamen und für die Menschen nachvollziehbaren Maßnahmen begegnet werden. Auf Bundesebene ist das mit dem Klimaticket, der Ökosozialen Steuerreform und mit dem massiven Ausbau der Öffis in die Wege geleitet. Ich kann hier nur sagen: „Wie gut, dass es die GRÜNEN gibt.“(Beifall bei den GRÜNEN.) Im Budget knappe 4,5 Millionen für Umweltprojekte, 5,2 Millionen für Klima- und Energieprojekte für 2022 und noch weniger gar für 2023 … das wird nicht reichen. Herr Landesrat Schleritzko, ich kann die genannten 1,5 Milliarden Euro nicht finden – beim besten Willen nicht. Die Klimakrise, sie schreitet unumstritten schneller voran als erwartet. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden steigen. Es besteht dringendster Handlungsbedarf bei Bodenversiegelung, Waldartenvielfalt, Trinkwasser, erneuerbaren Energien, usw. Gestern haben wir den Antrag „Klimacheck“ eingebracht, dass wäre ein Mittel auf diesem Weg erfolgreich zu sein – wurde leider von der ÖVP abgelehnt. Österreich hat das Ziel zur Stabilisierung des Weltklimas bis 2040 klimaneutral zu werden. Zur Umsetzung dieses Ziels und zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens muss auch Niederösterreich dringend die entsprechenden und ausreichenden Maßnahmen treffen. Der Energiesektor muss klimafit und ökologisch nachhaltig gestaltet werden und zwar rasch. Man kann sich nicht noch Jahrzehnte darauf ausreden, dass wir die Donau haben, dass wir genügend Wasserkraft haben. Wir müssen uns der Zeit und den Anforderungen der Zeit stellen. Das Land hat mit dem Klima- und Energiefahrplan 2020 – 30 den Ausbau von Photovoltaik auf zwei Terawattstunden und Windkraft auf sieben Terawattstunden beschlossen. Die Rahmenbedingungen dafür – wie das sektorale Raumordnungsprogramm – fehlen. Darin sollen Eignungszonen für PV-Anlagen im Flächenausmaß für mehr als zwei Hektar festgelegt werden. Es gibt daher einen Baustopp für Anlagen über zwei Hektar und so geht wieder einmal hier wertvolle Zeit verloren. Wir sind nicht dafür, landwirtschaftlich wertvolle Flächen für Photovoltaik zu nutzen. Nein, aber wir sind dafür, nutzbare Flächen, jene die für Landwirtschaft gar nicht mehr zu verwenden sind, weil ehemalige Deponien, etc. … dass wir diese für Photovoltaik ausweisen. Auch das sektorale Raumordnungsprogramm für Windkraft muss dringend überarbeitet werden. Ich stelle daher folgenden Resolutionsantrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, Niederösterreichs Beitrag zur Energiewende zeitnah zu leisten, indem
- rasch die Verordnung „Sektorales Raumordnungsprogramm PV“ auf den Weg gebracht wird, um die, für die Energieziele notwendigen Projekte nicht länger zu blockieren,
- die Überarbeitung der Verordnung „Sektorales Raumordnungsprogramm Windkraft“ in Angriff genommen wird, um eine notwendige Kapazitätsausweitung bei Windkraftanlagen in Niederösterreich zu ermöglichen.“
Heute auf der Tagesordnung auch ein Antrag der ÖVP „STOPP der Atomkraft“. Wir werden diesem Antrag natürlich zustimmen. Es geht uns hier wieder einmal um die Sache. Trotzdem möchte ich Sie, vor allem Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, daran erinnern, dass Sie mehrmals unsere diesbezüglichen Anträge abgelehnt haben. Z. B. keine Betriebsverlängerung Krško, Stopp Paks II, Verhinderung Inbetriebnahme Mochovce … alles von Ihnen abgelehnt. Jetzt finden sich diese Projekte in Ihrem Antrag und in eurer Antragsbegründung. Naja, besser spät als nie. Aber es wäre halt auch an der Zeit, dass ihr einmal mehr Sachlichkeit findet und den Anträgen anderer Parteien zustimmt. Eine kleine Seitenbemerkung: Die Landesregierung hat es auch nicht notwendig ständig auf den Bund zu verweisen und Aktivitäten zu verlangen. Sie kann auch selbständig tätig werden – z. B. auch in Form von Stellungnahmen. Mehr Sachlichkeit wünsche ich mir auch bei der Bewältigung der Corona-Krise. Diese offenkundige Parteipolitik ist hier völlig fehl am Platz und lässt das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik weiterhin schwinden. Ja, es ist schon mehrmals gesagt worden: Covid hat unser Gesundheitssystem, die Verwaltung und die politisch Verantwortlichen vor die größten akuten Herausforderungen der letzten Jahre gestellt. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass zu Beginn der Pandemie vieles auf Anhieb nicht geklappt hat, in weiterer Folge aber Testungen und Impfungen gut organisiert wurden. Ich kritisiere aber, dass wir hier, der Landtag, keinerlei Informationen bekommen haben. Ich habe aber kein Verständnis dafür, was sich jetzt in puncto PCR-Testungen und teilweise auch Impfung abspielt. Ich frage mich: Es gab ja hier schon Erfahrungen aus anderen Bundesländern, Erfahrungen aus Wien, (LR Königsberger-Ludwig: Oberösterreich und Salzburg – Entschuldigung.) Erfahrungen aus dem Burgenland, die ein funktionierendes Testsystem haben. Warum hat man sich hier nicht ein Beispiel genommen? Fällt da jemandem ein Stein aus der Krone, wenn man sich ein Beispiel aus einem anderen Bundesland zu Herzen nimmt? Es gab auch in Niederösterreich die Erfahrung mit den Testautomaten an den Tankstellen. Man hat gesehen: Die Leute horten die Tests, wenn sie frei zugänglich sind. Warum man hier eine Abholung bei einem Supermarkt in einem Bezirk lediglich, und das ohne Registrierung, startet, das ist mir völlig unverständlich. Hat man dann einen Test ergattert, dann wartet man lange auf ein Ergebnis derzeit – es sind bei uns einige Beschwerden eingegangen – oft so lange, dass die Gültigkeit dieses Tests schon vorbei ist. Jetzt sollen die Menschen möglichst rasch geimpft werden. Ja, das ist gut. Die Erststiche und die dritte Impfung, die Impfzentren, die Impfbusse werden gestürmt und ich muss ehrlich sagen: „Hut ab vor den Mitarbeiterinnen dort.“ Die sind echt auf Zack. Am Abend geimpft und nächsten Tag ist schon der Eintrag im „Grünen Pass“ da. Aber diese Möglichkeiten müssen rasch ausgebaut werden, zumindest verdoppelt. Ich richte hier einen Appell an alle Leute, die noch nicht geimpft sind: Holt euch die Impfung! Sie ist gratis. Lasst euch impfen! Auch für die dritte Impfung möchte ich mich hier eindringlich aussprechen. Beim Thema „Gesundheit“ deckt allerdings eines die Gruppe im wahrsten Sinne des Wortes zu und das ist die Landesgesundheitsagentur. Pflegenotstand, Ärztinnenmangel – der Mantel der Landesgesundheitsagentur liegt darüber und somit ein Mantel des Schweigens. Die Mitarbeiterinnen trauen sich nichts mehr zu sagen – nur heimlich, höchstens unter der Hand – weil sie einen Maulkorberlass unterschreiben mussten, auch jene in Leitungspositionen. Informationen kann man vielleicht von jenen kriegen, die knapp vor der Pensionierung stehen. Die Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen der Landesgesundheitsagentur sind irgendwie entmündigt. Das macht unzufrieden. Wir haben einen sündteuren Wasserkopf als Zentrale – unter der Hand spricht man von mindestens 440 Personen: überbordende Anweisungen, Standards, Richtlinien, mehrmals täglich, Standards, Richtlinien aus den Krankenhäusern, die unpassend sind für die Pflegeheime, Landeskliniken, die gegeneinander ausgespielt werden und darum buhlen, ihr Leistungsangebot zu erhalten, usw. Ich empfinde das als Disaster. Die von Landesrat Schleritzko angesprochenen Spitzenleistungen in allen Regionen sind irgendwie konträr zu den Aktivitäten – nämlich den Aktivitäten der Landesgesundheitsagentur, die einzig und allein in die Richtung Zentralisierung gehen. Ich fordere Sie dringend auf, bestehende erfolgreiche Strukturen, Abteilungen und Stationen in den Landeskliniken nicht willkürlich zu zerschlagen und damit die Mitarbeiterinnen gänzlich zu frustrieren. Ich habe ehrlich gesagt noch niemanden getroffen – weder in einem Pflegebetreuungszentrum noch in einem Landesklinikum – der oder die sich positiv zu den Auswirkungen der Landesgesundheitsagentur geäußert hätte. Im besten Fall ist es den Mitarbeiterinnen egal. Schlimmer: Dienst nach Vorschrift. Am Schlimmsten: innere Kündigung. Die Bedingungen für Mitarbeiterinnen in den Gesundheitsberufen müssen laufend verbessert werden und die Ausbildung dem Bedarf angepasst werden. Für das Pflegepersonal hat der Landtag die Einstiegsphase bereits abgeschafft und es ist höchste Zeit, diese Einstiegsphase für alle Gesundheitsberufe, Mitarbeiterinnen in der Landesgesundheitsagentur abzuschaffen und die Ausbildungsplätze vom Gesundheitspersonal am Bedarf zu orientieren. Ich stelle daher folgenden weiteren Resolutionsantrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, sich für
- die Abschaffung der Einstiegsphase für alle Bedienstete im Gesundheitsbereich und
- die Erhöhung der Ausbildungsplätze von Hebammen, Physio- und Ergotherapeutinnen einzusetzen.“
Meine Kollegin Helga Krismer-Huber hat es gestern schon gesagt: Die Landeskliniken und die Pflege- und Betreuungszentren sind dem Landtag völlig entzogen. Fast 30.000 Mitarbeiterinnen, Angestellte vom Land NÖ, scheinen nirgends auf. Die zuständige Personalabteilung ist in die Landesgesundheitsagentur gewechselt und es herrscht hier völlige Intransparenz: keine Infos mehr und auch keine Anfragebeantwortungen. Ich finde es wirklich als Zumutung auf eine Anfrage zur Personalsituation, die ich am 30.9. eingebracht habe, am 11.11. die Antwort zu erhalten, keine Antwort zu erhalten. Es ist kein Faschingsscherz, obwohl 11.11. Landeshauptfrau-Stellvertreter Pernkopf hat sechs Wochen gebraucht, um mir mitzuteilen, dass ich von ihm keine Antwort erhalte. Ein weiteres Geheimnis ist die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung des Landes mit der Landesgesundheitsagentur – nirgends aufzufinden und ich bin gespannt, ob ich sie im Rahmen meiner Anfrage erhalten werde. Zu den Resolutionsanträgen: Wir werden dem Antrag von Kollegen Dinhobl nicht zustimmen, weil hier die Pflegelehre gefordert wird. Begründet haben wir das bereits gestern. Dem Antrag von Kollegen Erber und den NEOS stimmen wir gerne zu. Ganz kurz, Kollegin Göll, zum Gesundheitszentrum in Gmünd: Ich weiß jetzt noch nicht, welche Ärzte dort einquartiert sind, welche Ärztinnen und Therapeutinnen, muss ich mich erst selber davon überzeugen. Eines jedenfalls dürfen wir heutzutage nicht mehr machen: Dieses Gesundheitszentrum steht an der Grenze – mehr oder weniger – auf der grünen Wiese zwischen den zwei Stadtteilen Gmünd eins und Gmünd zwei und ist öffentlich nicht erreichbar und zu Fuß auch nicht sehr gut, vor allem für Ältere und gehbehinderte Menschen. Zum Abschluss: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landeskliniken und in den Pflege- und Betreuungszentren, vor allem das Pflegepersonal leisten Enormes und ihnen gebührt unser größter Dank. Leider warten sie noch immer auf den versprochenen Corona-Bonus. Danke für das Engagement und Durchhaltevermögen. Wir stimmen der Gruppe 5, Gesundheit und Umweltschutz aus den genannten Gründen nicht zu. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.