Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1842/V-9-2021 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Razborcan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Landesrätin! Geschätzter Herr Landesrat! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich habe dem Kollegen Hogl sehr aufmerksam zugehört und er hat schon recht … mit dieser blau-gelben Wohnbaustrategie ist in vielen Bereichen auch vieles ok. Das kann man unterschreiben. Aber wie so oft liegt der Hund im Detail begraben. Ich habe es als sehr lustig oder anregend empfunden, wenn der Kollege Hogl spricht davon, in seinem Umfeld die Projekte „Junges Wohnen“ und so weiter und so fort … dass das so boomt und dass das so gut ist. Ich weiß nicht, wie lange du im Landtag bist, aber ich kann dir nur sagen, dass das alles Projekte oder Ideen der Sozialdemokraten waren, die wir lange und jahrelang und jahrelang gefordert haben, bis die ÖVP halt irgendwann einmal draufgekommen ist, dass das gar nicht so schlecht ist und jetzt erklärt ihr uns, wie das alles funktioniert. Auch ok – unterm Strich muss alles stimmen. Das ist das Entscheidende. (Beifall bei der SPÖ.) Meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen, Wohnen ist ganz einfach teuer geworden. Die Mieten sind in den letzten 20 Jahren um 80 % gestiegen. Wenn man sich die Inflation dazu anschaut: gerade einmal die Hälfte, ungefähr 40 %. Trotzdem müssen wir schauen, dass wir leistbares Wohnen anbieten können und dafür gibt es eben die Wohnbauförderung. Wir müssen aber nachdenken, ob eine Wohnbauförderung zum Ziel hat leistbares Wohnen zur Verfügung zu stellen, was ihrem ursprünglichen Sinn entspricht, wenn Wohnraumschaffung ohne Wohnbauförderungen zu gleichen bzw. sogar zu günstigeren Preisen angeboten werden kann. Mit den eingesetzten Mitteln der Wohnbauförderung – und da geb ich dem Kollegen Schuster völlig recht – werden jährlich Investitionen getätigt und damit Investitionen in der Höhe von 1,7 Milliarden Euro ausgelöst, was natürlich auch Arbeitsplätze im Bau- und vor allem auch im Baunebengewerbe sichert und schafft – keine Frage. In diesem Fall kommt der Wohnbauförderung eine enorme wirtschaftspolitische Bedeutung zu. Wir müssen aber an vielen Stellschrauben drehen, damit die Wohnbauförderung nicht nur eine wirtschaftspolitische Bedeutung hat, sondern ihre Bedeutung in sozial- und gesellschaftspolitischer Sicht nicht verliert. Wohnen und die Wohnbaupolitik muss für mich ganzheitlich gesehen werden. Da gehört die Raumordnung dazu. Da gehört das Baurecht dazu – und die Wohnbauförderung als solches … eh klar. Wir Sozialdemokraten fordern – und vielleicht kommt die ÖVP mit der Zeit auch drauf, dass das eine sinnvolle Forderung ist – die Widmungskategorie „Sozialer bzw. geförderter Wohnraum“. Ich höre die ÖVP immer reflexartig sagen, das wäre kalte Enteignung. Ich sehe es nicht so, dass das kalte Enteignung ist. In anderen Bundesländern funktioniert das hervorragend. Wenn man sich anschaut, dass die Kostentreiber im Wohnbau – vor allem auch im großen Wiener Umland – die Grundstückspreise sind … mittlerweile müssen auch Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften weit mehr als 500 Euro für Grundstücke bezahlen … dann weiß man, dass das irgendwann einmal nicht mehr gut funktionieren können wird. Wenn man sich ansieht dagegen: Was kostet ein Quadratmeter Grünland oder Acker? Da gibt es eine extreme Differenz dazwischen. Die Aufwertung dieses Grundstücks kann man, glaube ich, nicht als kalte Enteignung nennen, sondern das ist eine hohe Aufwertung. Einen kleinen Teil davon für die Widmungskategorie „Sozialer Wohnbau“ zu verwenden wäre ein Gebot der Stunde. (Beifall bei der SPÖ.) Für mich gehört aber auch genauso im Baurecht angesetzt, weil sie gemeint haben – und da gebe ich dem Kollegen Landbauer auch völlig recht – es kann nicht sein, dass ein freifinanzierter Wohnbau günstiger ist als der geförderte Wohnbau. Und jene, die über genug Geld verfügen, kaufen bzw. mieten sich frei finanzierte Wohnungen. Und jene, die auf den geförderten Wohnbau angewiesen sind, tragen noch zusätzlich die Last dieser ökologischen Maßnahmen und die sind teilweise völlig überzogen, diese thermisch energetischen Standards, die da eingehalten werden müssen. Ich möchte heute nicht allzu lange werden. Ich glaube, die Positionen der Sozialdemokratie, was die Wohnbauförder- und die Wohnbaupolitik in Niederösterreich anbelangt, sind klar. Ich möchte mich auch beim Herrn Landesrat bedanken. Es gibt eine gute Zusammenarbeit im Bereich des Wohnbaus. Aber es gibt auch Ansätze, über die man zumindestens nachdenken kann. Einige Beispiele, nur ganz kurz angeführt, die das Wohnen sofort billiger machen würden, z. B. eben die Maklergebühren: In Deutschland zahlen nicht die, die die Wohnung mieten oder brauchen diese Maklergebühr. In Österreich müssen Wohnungssuchende dem Makler bis zu zwei Monatsmieten bezahlen, obwohl eigentlich für den Vermieter gearbeitet wird. Nach dem Bestellerprinzip könnten zukünftig die Maklergebühren vom Vermieter getragen werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung eines Universalmietrechts. Das Mietrecht, wie es sich jetzt darstellt, ist nicht einmal mehr von Experten nachvollziehbar. Es ist wahnsinnig kompliziert und keiner durchschaut es. Deswegen würde es durchaus Sinn machen, eine mietpreisdefinierte Normwohnung herzunehmen und dann einen Katalog zu nehmen: Was ist preiserhöhend? Was ist preismindernd? Laut Experten würden Kosteneinsparungen bis zu 15 % erzielt werden können. Das sind alles Maßnahmen, die es besser machen könnten. Ein weiterer sinnvoller Vorschlag unsererseits wäre auch die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten. Ein Wegfall dieser Steuer wäre ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und würde zu einer wesentlichen Entlastung für kleiner und mittlere Einkommen führen. 1,6 Millionen Haushalte könnten dadurch Entlastungen von bis zu einer Monatsmiete ermöglicht werden. Ich weiß schon, es ist nicht ganz so leicht umzusetzen, weil da auf EU-Ebene entsprechende Ausnahmen von der Mehrwertsteuer zu erwirken wären, aber dafür ist ja die Politik letztendlich da, solche Dinge auch umzusetzen. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, Politik ist für mich ein Wettbewerb der guten Ideen und wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, dann wird es uns auch gemeinsam gelingen auch in Zukunft leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
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