Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1842/V-9-2021 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Landesrätinnen! Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Luft wird nicht nur hier drinnen immer dicker und mutmaßlich ungesünder, wenn wir an die frei zirkulierenden Aerosole denken, es ist auch für das Gesundheits- und Pflegesystem immer belasteter. Ich muss jetzt noch einmal sozusagen den Bogen zurückschlagen zum Thema „Pflege“, weil das jetzt durch die Reihenfolge natürlich ein bisschen durcheinandergekommen ist und ich möchte gerne die Tradition aufgreifen, an die der Präsident Karner uns erinnert hat, obwohl er nur ein bisschen zu wenig zugehört hat bei der Frau Kollegin Collini, die durchaus auch sehr Positives gesagt hat. Ich möchte das durchaus sehr anerkennend erwähnen – auch das Plädoyer vom Herrn Kollegen Erber und man merkt auch, wie sehr er dieses Thema voranbringen möchte und wie sehr ihm das ein Anliegen ist. Er hat sich nur, fürchte ich – jetzt sind wir leider schon wieder beim Ende der Anerkennung – beim Budget nicht durchgesetzt oder es haben sich die Personen, die das Budget im Pflegebereich und im Sozialbereich machen, von ihm nicht überzeugen lassen. Denn es ist dieses Budget im Bereich der Pflege wirklich mutlos. Es ist visionslos. Es ist erstarrt. Es wird nicht zukunftsträchtiger dadurch, dass man ein Jahr aus der Zukunft noch dazunimmt. Wir erleben aktuell Verwerfungen in der Gesellschaft. Es ist schon mehrfach auch angesprochen worden. Ich möchte das Wort „Spaltung“ nicht schon wieder bemühen. Ich rede von echten sozialen Verwerfungen, wo Menschen den Optimismus verloren haben, wo Kindern und Jugendlichen schöne Momente ihrer Kindheit und Jugend gestohlen werden, weil der Egoismus und Narzissmus in Gesellschaft und Politik leider fröhliche Urstände feiert. In der Gruppe Soziales im Doppelbudget 2022 und 23 wird kein Motor gezündet, um den Pflegenotstand anzupacken. Die Pflegeeinrichtungen, die im Dickicht der Landesgesundheitsagentur verschwinden … das können wir ja nicht mehr so richtig nachfragen, weil wir keine Antworten bekommen, wenn es um die Landesgesundheitsagentur geht, dieses großartige Strukturprojekt … das ist auch nicht der einzige Ort, wo Pflege stattfindet. Jetzt sind tausende Pflegerinnen und Pfleger auf die Straße gegangen, weil sie die untragbaren Zustände, diese Belastung nicht mehr aushalten, weil die Politik in diesem Land nicht bereit ist, diese Probleme proaktiv anzugehen, weil Jahre des Zuwartens uns im Pflegebereich in eine Situation gebracht haben, die von Überforderung und Fachkräftemangel geprägt ist. Da muss man mit Blick auf die Budgetkürzungen z. B. bei der 24-Stunden-Betreuung sagen: Sie haben das Problem nicht verstanden. Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung, die dafür zuständig sein sollten – ich spreche die Frau Landesrätin Teschl-Hofmeister auch gerne direkt an: Nehmen Sie sich in diesem Bereich eigentlich ernst, wenn Sie sich anschauen, was außerhalb der Pflegeeinrichtungen des Landes, der Pflege- und Betreuungszentren, für die Pflege getan wird, in diesem Budget, wo wir wissen, wie es den Menschen geht und wie die Entwicklung in den nächsten Jahren sich weiter abzeichnet? Da muss ich sagen, ist überhaupt kein Argument in diesem Budget drinnen, warum es ein Doppelbudget braucht. Man kann dann nicht einmal – es wurde schon angekündigt, irgendwann wird es vielleicht ein Nachtragsbudget geben … aber man kann nicht davon ausgehen, dass sich im nächsten Jahr diese Situation mit dem vorhandenen Budget lösen lässt. Wir wissen, dass Pflege in Niederösterreich nicht nur in Pflegeeinrichtungen stattfindet. Das hat auch die Kollegin Hinterholzer schon betont und auch der Kollege Erber. Das ist in Niederösterreich bis zu 85 % … das ist abnehmend … wird noch zu Hause gepflegt mit Angehörigen, die sich unglaublich bemühen, diesen Spagat auch mit der eigenen Berufstätigkeit, oder es sind auch pflegende Angehörige, die selbst schon in Pension sind und das auch durchaus eine schwere Belastung ist. Die nehmen das auf sich. Das wird nicht so bleiben, weil es einen demographischen Wandel gibt und weil es keine Ideen gibt und weil die Weichen in die Richtung gestellt werden, dass Pflege zu Hause nicht mehr möglich sein wird oder nicht mehr in diesem Ausmaß. Und das obwohl es sich die Menschen wünschen, möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden leben zu können, obwohl es die kostengünstigste Variante ist und obwohl es auch nach modernen pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen die sozialverträglichste Form der Pflege ist. Die 24-Stunden-Betreuung – auch schon ein paarmal angesprochen heute – soll möglichst billig sein und dann wird sich schon wer finden – vermutlich aus dem osteuropäischen Ausland, wie das heute in den meisten Fällen auch der Fall ist. Keine Rede oder nichts, was sich aus den Zahlen ableiten lässt, von einer Neuaufstellung, von einer Qualifizierung, von einer sozialen Absicherung der Pflegekräfte, von Qualitätssteigerung – denn das würde ja etwas kosten. Ausgehend vom Rechnungsabschluss 2020 ist es aber mehr als eine Halbierung des Budgets bis zum Jahr 2023. Da sollte man glauben, und da möchte ich auch noch einmal zurückkommen auf die Aussage vom Herrn Abgeordneten Erber: Man wird auch neue Wege gehen müssen. Da bin ich ganz bei ihm. Aber die neuen Wege sind z. B. auch neue Wege in der Hauskrankenpflege. Da wird man Geld in die Hand nehmen müssen auf der einen Seite und das wird man sich zum Teil auch wieder ersparen in den Pflegeeinrichtungen, wo Pflege natürlich viel teurer ist und natürlich gibt es Fälle, wo die Pflege wirklich am besten dort stattfindet. Aber es gibt sehr, sehr viele Fälle, wo es gut ist, wenn Pflege und Betreuung zu Hause erfolgen kann. Der Herr Landesrat Schleritzko – wir können uns schon kaum erinnern, weil das war heute ganz am Anfang des Tages – hat von der Steigerung in der mobilen Pflege gesprochen, von 17 Millionen Euro. Ja, das ist ungefähr so viel wie man in einem Jahr für die zusätzlichen Verwaltungsbeamten ausgibt. Für tausende von Pflegebedürftigen in ganz Niederösterreich haben wir gleich viel wie für die zusätzlichen Dienstposten in der Verwaltung. Die Wertigkeit ist einfach etwas, was etwas aussagt und dass sich die Menschen, die in diesen Berufen arbeiten abstrudeln und wirklich Übermenschliches leisten gerade in den letzten zwei Jahren … das ist eine Tatsache. Der Dank ist wirklich mehr als angebracht, der auch schon von allen gekommen ist und da schließe ich mich auch sehr gerne an. Das verdient höchsten Respekt. Aber ich verstehe nicht, warum sich das in den Budgets 2022 und 23 … warum sich da nichts zeigt, wie sich diese Situation entspannen wird und wie die Politik das Signal verstanden hat und hier auch wirklich mehr tut als eben nur Danksagungen und einen Applaus zu veranlassen. Es gibt auch Bereiche, wo etwas steigt, wo etwas stärker berücksichtigt wird – das ist in der Jugendwohlfahrt. Das kann ich, glaube ich, der Frau Landesrätin Königsberger-Ludwig verdanken. Das sind erfreuliche Positionen. Auch in der Arbeitnehmerförderung – wie gesagt – in einem kleinen Absolutbetrag bei den ambulanten Pflegediensten. Das sind dann aber leider die rühmlichen Ausnahmen, die die traurige Regel im Sozialbudget bestätigen. Frau Landesrätin Teschl-Hofmeister, wir lassen Sie nicht so einfach aus der Verantwortung. Wenn alles, was man tun kann im Land wiederum nur das ist, dass man an die Bundesregierung herantritt, dass man wiederum nur darauf warten kann, dass der Bund ein Pflegekonzept vorlegt – wo die übrigens sehr säumig sind. Das schaffen die offensichtlich nach mehreren Jahren immer noch nicht. Ich möchte, dass diese Erkenntnisse, die wir gerade aus dem Pflegenotstand gewonnen haben, dass die einfließen, dass sie zu Handlungsanweisungen führen. Frau Kollegin Hinterholzer ist jetzt gerade nicht da. Ich möchte Sie wirklich fragen, ob Sie zufrieden sind mit dieser in Zahlen gegossenen Politik? Und zwar nicht nur als Abgeordnete dieses Hauses, sondern ganz besonders auch als Vertreterin einer der ganz großen Hauskrankenpflegedienste in Niederösterreich. Ich habe einige Resolutionsanträge mitgebracht, die dabei helfen sollen, die Politik für die Menschen zu machen und nicht in erster Linie für das Einbetonieren vorhandener Strukturen. Der erste befasst sich mit dem Pflegekräftemangel in Niederösterreich. Wir haben das auch in den vorhergehenden Wortmeldungen vom Problemaufriss schon gehört. Mein Antrag lautet daher (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die Landesregierung, insbesondere die Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales Mag. Christiane Teschl-Hofmeister wird aufgefordert umgehend ein Konzept zur Lösung des Pflegekräftemangel vorzulegen, welches folgendes Punkte beinhaltet:
- Ein Pflegegesamtkonzept, das auf die aktuellen und kommenden Bedürfnisse und Bedarf in Niederösterreich eingeht
- eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte
- einen niederschwelligen Zugang für Quereinsteigerinnen, Rückkehrerinnen und Wiedereinsteigerinnen in den Pflegebereich
- eine qualitative Verbesserung der Ausbildung sowie eine faire Entlohnung während dieser
- einen Fokus auf das Recruiting von Pflegekräften und Ärztinnen mit Zusatzausbildung in der Geriatrie für die Pflegeeinrichtungen
- einen Fokus auf Präventionsangeboten, besonders im Bereich der Demenzerkrankung
2. Die Landesregierung, insbesondere die Frau Landesrätin wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit einem Konzept für die Finanzierung heranzutreten und diese sicherzustellen, sowie die Mehrkosten in den kommenden Jahren darzulegen, welche ein attraktives Berufsumfeld für Pflegekräfte möglich macht."
Zum zweiten Resolutionsantrag – das werden wir auch nicht müde zu wiederholen: Hier geht es darum, ein umfassendes Pflegekonzept vorzulegen. Ein Pflegekonzept, das die verschiedenen Formen der Pflege, von der Hauskrankenpflege, mobile Pflege, Tagespflege, Übergangspflege bis eben in die Langfristpflege in Pflegeeinrichtungen umfasst (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die Landesregierung, insbesondere die Landesrätin Mag. Christiane Teschl-Hofmeister wird aufgefordert, umgehend ein Konzept zur Lösung des Pflegenotstands vorzulegen, welches folgende Punkte beinhalten soll:
- die Förderung von alternativen Pflegekonzepte in der mobilen Pflege. Dazu gehören Buurtzorg oder andere Modelle einer Community Nurse oder von Alters-Wohngemeinschaften mit geteilten Unterstützungsleistungen, um länger im gewohnten Umfeld leben zu können,
- eine Reform der 24-Stunden-Betreuung mit entsprechender Qualitätssicherung für die Pflegebedürftigen, sozialer Absicherung der Betreuerinnen und Verschränkung mit mobilen Pflegediensten,
- eine Neuaufstellung der Akut-/Intensivpflege sowie
- eine Attraktivierung des Berufsbildes Pflege
2. Die Landesregierung, insbesondere die Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten, umgehend ein Pflegegesamtkonzept nach den oben genannten Punkten auf Bundesebene einzufordern und dieses mit dem Landespflegekonzept abzustimmen."
Da ich sehe, dass die Redezeit schon ein bisschen beansprucht ist, werde ich zu den anderen Punkten in einer anderen Wortmeldung Stellung nehmen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
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- Wohnbezirk:
- Mödling
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- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich