Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1842/V-9-2021 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Präs. Mag. Renner (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich hätte mir auf meine alten Tage im Landtag nicht gedacht, dass ich allen Vorrednern der ÖVP recht geben muss und mir eigentlich eine Rede sparen kann und insbesondere der flammende Appell vom Abgeordneten Hogl war wirklich sehr beeindruckend. Das muss ich ganz kollegial anmerken. (Beifall bei der ÖVP.) Zur Frau Abgeordneten Schuster möchte ich noch sagen, dass ich mit der Frau Kollegin Schindele – bevor die Bewerbung abgegeben wurde – die Gelegenheit hatte, mir im Rathaus in St. Pölten die Bewerbungsvorbereitung anzuschauen und es ist so unglaublich Großartiges im Vorfeld geleistet worden, dass es erstens einmal ein bisschen ein Schock war, dass man die Zustimmung nicht bekommen hat, weil es waren die anderen, glaube ich , nicht so intensiv vorbereitet wie die Landeshauptstadt und ich bin eigentlich dankbar, dass der Bürgermeister und die Landeshauptfrau so schnell reagiert haben und aus dem Potenzial, das hier erarbeitet wurde auch für die kunstschaffenden und kulturschaffenden interessierten St. Pöltnerinnen und Niederösterreicher das Potenzial ausschöpfen können. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist von meinen Vorrednern schon fast alles gesagt worden. Es gibt in Niederösterreich nicht zuletzt aufgrund des hohen und großartigen Engagements auch des Landeshauptmannes a. D. ein vielfältigstes Angebot. Es gibt unzählige Möglichkeiten Kultur und Kunst sozusagen zu genießen. Es gibt eine breiteste Streuung von ganz großer Bühne wie in Grafenegg bis zur Kleinkunst, bis zur niederschwelligen Ausstellung bis zu der hervorragenden Leistung der Musikschulen. Es ist wirklich schon fast alles von meinen Vorrednern erwähnt worden. Besonders herausstreichen möchte ich auch das Thema „Landesausstellung“. Es ist vom Kollegen Hackl, glaube ich, angesprochen worden, weil der Kollege Lobner sich nicht zu Wort melden kann. Jetzt mache ich das halt für uns drei in dem Sinn, ich glaube auch für den Abgeordneten Dorner sprechen zu können, dass die Investition in Marchegg in das Schloss großartig für die Region ist, großartig für das Marchfeld, großartig für den Bezirk, um einen – ich hätte fast gesagt – ein weiteres Juwel, einen weiteren Brillianten in der Schlösserstraße Marchfeld der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Also das ist auch wirklich ein ganz tolle Projekt und ich freue mich schon sehr auf die Ausstellung im kommenden März. Dass das Budget nicht großartig gekürzt wurde, finde ich sehr, sehr gut und auch erwähnenswert. Ein „Dankeschön“ auch an die Verantwortlichen. Ich kenne sehr viele Leute – und der Herr Abgeordnete Ecker hat es vor mir angeredet – die wirklich in Existenzkrisen gekommen sind aufgrund der Pandemie durch das Verbot von Auftritten keine Einkommen hatten und ich kenne wirklich sehr viele Leute aus der Chorszene, aus der Theaterszene, aus der Kleinkunstszene, die wirklich nahezu dem Hungertuch ausgeliefert waren. Insofern bin ich sehr froh, dass das Budget halbwegs dem Stand hält, was die Herausforderungen sind. Ein wichtiges Anliegen habe ich noch, bevor ich das Rednerpult verlasse: Es gibt bei uns im Klub schon länger gute Kontakte mit Damen und Herren, die sich der Erinnerungskultur verschrieben haben. In diesem Sinne möchte ich einen Resolutionsantrag einbringen und den Ihnen zur Kenntnis bringen. Resolutionsantrag der Abgeordneten Mag. Renner zur Gruppe 3 der Voranschläge des Landes NÖ für die Jahre 2022 und 2023, Ltg.-1842, betreffend Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Niederösterreichs Gemeinden (liest:)
„Nichts erinnert mehr an uns, so, als ob es uns nie gegeben hätte.“ Diese Worte sagte Kurt Winkler dem Historiker Johann Hagenhofer, als der ihn für die Recherche zum Buch „Jüdisches Leben in der Region Bucklige Welt“ im Jahr 2010 in Israel besuchte. Winkler und seine Familie waren im Zuge des „Anschlusses“ im Jahr 1938 aus Hochwolkersdorf vertrieben worden. Übrigens: Seine Familie war zuletzt bei einem Treffen mit der Ortsbevölkerung in Hochwolkersdorf, wo anstatt der erwarteten 30 Personen überwältigende 200 Personen erschienen.
Seit 2012 gibt es auch eine Gedenktafel zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürger in Hochwolkersdorf. Ein Forscherteam hat in den letzten Jahren das Leben der jüdischen Familien in der Buckligen Welt erforscht. Die betroffenen Gemeinden der Buckligen Welt haben die Recherche zum Buch sehr unterstützt und konnten Spuren von rund 400 Menschen jüdischen Glaubens entdeckt werden, von denen im Jahr 1938 etwa 130 in der Region sesshaft waren. 60 von ihnen wurden in Konzentrationslagern ermordet, andere flohen, von rund einem Dutzend ist das Schicksal unbekannt. 26 Orte in der Buckligen Welt wurden in diesem Projekt wissenschaftlich erforscht. Die Projektträgerin dieses Projekts, die LEADER Region Bucklige Welt wurde dafür in der Sonderkategorie „Präsentation und Vermittlung von Zeitgeschichte in Niederösterreich“ mit dem Kulturpreis 2020 des Landes Niederösterreich ausgezeichnet. Dennoch haben bis dato jedoch lediglich 6 der 26 Gemeinden der Region Erinnerungsstätten bzw. Gedenktafeln errichtet. Das sind Bad Erlach, Hochwolkersdorf, Kirchberg am Wechsel, Krumbach, Pitten und Trattenbach. Dieses wichtige und prämierte Beispiel zeigt, dass die Vergangenheit in Niederösterreich noch nicht in Vergessenheit geraten ist. „Niemals vergessen“ darf auch in Zukunft nicht zu einem bloßen Schlagwort verkommen.
Es waren auch nicht nur Juden, welche dem Terrorregime des Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind. Auch zahllose politisch Andersdenkende, Kranke, Roma und Widerstandskämpfer wurden Opfer der unsagbaren Gräueltaten der Nazis und haben die Schreckensherrschaft nicht überlebt.
Gerade auch in herausfordernden Zeiten, wie wir sie derzeit erleben, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass wir in einem Land mit höchster sozialer und wirtschaftlicher Stabilität leben. Den Menschen in (Nieder-)Österreich geht es im internationalen Vergleich hervorragend und wir werden dafür auf der ganzen Welt beneidet. Die Dankbarkeit über die „Gnade der späten Geburt“ sollte uns aber auch Verpflichtung zum Gedenken an jene sein, welche dieses Glück nicht hatten. Es erscheint uns daher richtig, wichtig und auch angemessen, wenn in den niederösterreichischen Gemeinden – sofern dies nicht ohnehin bereits erfolgt ist – Gedenkstätten für alle unschuldigen Opfer des Nationalsozialismus errichtet werden.
Das Land Niederösterreich wird sich aber auch seiner Verantwortung nicht entziehen und einen angemessenen finanziellen Beitrag für dieses wichtige Anliegen leisten. Auch unsere Landeshauptfrau Mag. Johanna Mikl-Leitner schreibt im Geleitwort des eingangs erwähnten Buches: „Das Andenken der jüdischen Mitbürgerinnen zu ehren und ihre Lebensspuren der Vergangenheit zu entreißen, ist das nicht hoch genug zu veranschlagende Verdienst dieses Projekts, das damit nicht nur gegen Verdrängen und Vergessen eintritt, sondern auch Toleranz und Offenheit einfordert und als Mahnung für kommende Generationen dazu auffordert, die Grundwerte menschlichen Zusammenlebens hochzuhalten. Denn nur jemand, der die Geschichte kennt, der ist auch in der Lage, die Geschichte zu verstehen. Und nur jemand, der die Geschichte verstehen kann, der kann auch Lehren aus ihr ziehen.“ Zitatende. (Liest:)
Die Gefertigte stellt daher den Antrag
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der Landtag bekennt sich zur Erinnerung und dem Andenken an die zahllosen unschuldigen Opfer der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus;
2. Die Landesregierung wird ersucht, im Sinne der Antragsbegründung an die niederösterreichischen Gemeinden heranzutreten und diesen – durch Beteiligung des Landes mittels entsprechender Förderung – empfehlen, für die zahllosen unschuldigen Opfer des Nationalsozialismus in den niederösterreichischen Gemeinden, angemessene Gedenkstätten zu errichten und zu erhalten;
3. Insbesondere soll dabei jenen Gemeinden, in welchen es zum Zeitpunkt der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich jüdische Mitbürgerinnen gab, die Errichtung entsprechender (gesonderter) Gedenkstätten für die jüdischen Opfer nahegelegt werden.“
Im Sinne dessen, was der Abgeordnete Hogl mit der Tradition und Weitergeben gesagt hat, bitte ich Sie diesem Antrag zuzustimmen, denn die Zeitzeugen, die noch berichten können, werden in unserer Gesellschaft zunehmend weniger und fehlen sehr. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.