Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1748/B-52/3-2021 – NÖ Sozialbericht 2020
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Und jährlich grüßt das Murmeltier“ kann man schon fast sagen. Wir haben, wie jedes Jahr im Herbst, den Sozialbericht vorliegen und das hat etwas Beständiges. Seit Jahren immer dasselbe Foto auf dem Titelblatt. Das ist vielleicht ein Synonym dafür „Älter werden in Niederösterreich gibt es nicht“. Aber das wäre nicht das Problem. Das Problem ist, dass sich auch nach dem Titelblatt leider wenig ändert. Wir haben, wenn ich jetzt speziell auf das Thema „Pflege“ eingehen möchte, immer noch keine Pflegereform. Ich komme mir schon ein bisschen vor wie die Kassandra mit den Weissagungen, die dann letztendlich immer wieder eintreffen. Wenn ich sage, dass es wieder sehr, sehr lange dauern wird, wenn überhaupt da etwas auf den Weg kommt. Sie können sich erinnern, Mitte 2017: Abschaffung des Pflegeregresses ohne irgendeine Idee, wie man denn das finanzieren möchte. Aber das Team Kurz war ja – wie man aus den Ermittlungsakten weiß – schon damals der Meinung, Budgets für maximal zwei Jahre einhalten oder durchhalten zu müssen, weil man dann ja wieder zu Neuwahlen kommt. Dann lässt sich natürlich leicht sagen: Das ist überhaupt kein Problem, das schaffen wir ab. Da erhöhen wir etwas, ohne eine Langfristwirkung beachten zu müssen. Wenn der Sozialminister Mückstein seit Wochen jetzt nicht wirklich wahrnehmbar war … gestern in der ZIB hat man ihn gesehen, aber ich habe mir dann gedacht, vielleicht arbeitet er sehr stark an der Umsetzung der Pflegereform, wenn schon bei den Verordnungen für das „3-G“ am Arbeitsplatz nichts weitergeht … in der Zwischenzeit haben wir es zumindest angekündigt bekommen … hilfreich wäre es jedenfalls. Auch wenn die Pflege im Wesentlichen Ländersache ist, ist es doch sehr hilfreich, wenn es einheitliche Standards gibt und wenn es einen gemeinsamen Blick auf das „Wie“ und auf das „Woher“ gibt. Covid hinterlässt seine Spuren. Nicht nur dort, wo Menschen teilweise sehr schwer erkrankt sind, wo Menschen verstorben sind, sondern gerade auch im Pflegebereich, wo wir auch alle immer wieder hervorgehoben haben, was da auch an Leistung erbracht worden ist von den Pflegekräften. Aber wenn man in den Medien mitbekommt, dass die Hälfte der Pflegekräfte überlegt, aus dem Beruf auszusteigen, wo wir eigentlich in die Gegenrichtung unterwegs sein sollten, weil wir immer mehr Pflegekräfte brauchen, dann ist das wirklich ein Alarmsignal. Es war auch vor Covid nicht alles auf Schiene. Covid hat – wie in vielen anderen Bereichen – nur vieles noch einmal klarer sichtbar gemacht. Wenn die Kollegin Hinterholzer in einer Pressekonferenz darauf hinweist und auch beklagt, dass wir mit einem Pflegekräftemangel auch weiterhin rechnen müssen und dass wir dringend eine Pflegereform bräuchten, dann muss ich mich schon fragen: Wer ist denn im Lande politisch verantwortlich für die Pflege und warum kommt sie erst jetzt zu dieser Schlussfolgerung? Denn die ÖVP hat unsere diesbezüglichen Anträge immer abgelehnt. Warum diese Pflegereform so wichtig wäre, ist im Grunde genommen schon einmal daher, weil man sich dann damit auseinandergesetzt haben muss. Wenn ich etwas präsentiere, muss ich mich eingehend damit beschäftigt haben, muss ich Betroffene einbezogen haben, weil man sich auseinandergesetzt haben muss, wie wir Pflege sicherstellen können, wie die Pflege aussehen soll, welche Modelle Erfolg versprechen, wie das Berufsbild der Pflege attraktiver werden kann, damit die Menschen gerne in diesem Beruf arbeiten. Niemand von uns hält etwas davon, jemanden in einen Beruf hinein zu zwingen oder auch nur zu überreden, wo der oder die sich das selber gar nicht vorstellen kann, diese Tätigkeiten zu machen, diese wichtigen Aufgaben zu übernehmen. Nicht zu vergessen: Wie pflegende Angehörige eingebunden und auch entlastet werden können und letztendlich wie wir das finanzieren. Aufschieben hat noch nie ein Problem gelöst. Ich wage also wieder ein paar Prophezeiungen – nämlich: Wenn wir zu diesen wichtigen Punkten keine Lösung finden, dann wird es nicht gelingen. Was sind diese wichtigen Punkte? Erstens: Wenn der Pflegeberuf an Attraktivität gewinnen soll, dann muss man auch andere Pflegeformen als die in den Pflege- und Betreuungseinrichtungen durchgeführten Pflegedienste mitdenken. Es gibt sehr gute Erfahrungen – nämlich: Wie schaffe ich es, auch die mobilen Dienste besser zu unterstützen? Wenn dann – wie man das hört, der Kollege Gepp ist gerade nicht da – in Korneuburg gibt es Versuche auch mit dem „Buurtzorg“-Modell hier zusätzliche Kapazität zu schaffen. Wenn das dann offensichtlich als Konkurrenz zu den bestehenden mobilen Diensten gesehen wird, statt zu sagen: „Gut, das ist ein Modell, das hat sich schon in anderen Ländern wirklich gut bewährt. Das wollen wir als Pilotprojekt, als Modell auch für Niederösterreich probieren. Und wenn es gut ist, dann kann man es weiter ausrollen.“ Wieso man das nicht unterstützt, ist mir schleierhaft, denn wir wissen: Es kann keine Konkurrenz in der Pflege geben, weil wir brauchen mehr davon. „Community Nurses“, also das sind selbständige, hochqualifizierte Pflegekräfte, die sich um die Pflege- und Betreuungsbedürftigen kümmern, die pflegende Angehörige auch anweisen können und die selbständig mit der Gesundheitskasse oder den Behörden abrechnen können. Das war Punkt 1: Was macht den Pflegeberuf auch attraktiver? Punkt 2: Man muss beachten, dass in den Langzeitpflegeeinrichtungen immer mehr Personen mit schweren Erkrankungen wohnen werden. Das Lebensalter steigt, wissen wir schon alle. Die Demenzerkrankungen steigen drastisch an und auch andere körperliche und mentale Einschränkungen … das ist natürlich mit hochaltrigen Personen dann auch immer stärker zu sehen und das heißt im Umkehrschluss, dass es für die Pflegekräfte eine viel, viel größere Herausforderung ist, als es vielleicht noch vor 10, 20, 30 Jahren war, wo die oft Pflegestufen 1, 2, 3 auch dabei hatten und damit auch eine ganz andere Möglichkeit gegeben war, hier auch Aktivitätsprogramme zu machen. Es sind andere Anforderungen gestellt. Darauf muss man Rücksicht nehmen. Und das wird voraussichtlich – wieder eine Prophezeiung – nicht ohne eine kürzere Wochenarbeitszeit für die Pflegekräfte in den Einrichtungen gehen. Der dritte Punkt, den wir ganz, ganz wichtig finden ist: Das langfristige Ziel muss es sein, länger fit und gesund zu bleiben. Vielleicht hat das jemand auch mitverfolgt. Es gab jetzt einen Programmschwerpunkt bei Ö1 in den letzten Wochen, der hat sich genannt „Gewonnene Lebensjahre“, wo sehr viele Projekte vorgestellt wurden, was ältere Personen für Ideen haben, wie sie sich fit halten usw. Es geht im Grunde genommen immer wieder darum: Wie schafft man es, dass man länger gesund und fit bleibt, damit man auch länger selbständig leben kann? Natürlich beginnt das nicht erst bei den Älteren. Das ist ein Lebensprojekt. Das beginnt bei den Kindern und Jugendlichen. Wenn ich erinnere: Wir haben zum Thema „Sportbericht“ gehört, dass es bedrohlich ansteigt, dass sich Kinder und Jugendliche nicht mehr körperlich so viel bewegt haben – gerade in der Pandemiezeit – aber es ist vorher auch schon ein bisschen eine Tendenz gewesen, dann ist das ein ganz wichtiger Hinweis, dass wir hier das wirklich verschränkt denken müssen, weil die gesunden Kinder von heute sind auch die gesunden Erwachsen und in einigen Jahrzehnten dann die gesunden Seniorinnen und Senioren. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht verabsäumen den Menschen zu danken, die in der Pflege arbeiten. Sie haben hier einen sehr schönen, einen herausfordernden, aber oft auch sehr, sehr anstrengenden Beruf gewählt und bemühen sich da nach Kräften, das auch gut zu erfüllen, mit Sachkenntnis, mit Empathie, mit Menschlichkeit. Vielen Dank und der Kenntnisnahme des Sozialberichts werden wir natürlich zustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
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