Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1748/B-52/3-2021 – NÖ Sozialbericht 2020
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Pfister (SPÖ): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie alle Jahre mit dem Sozialbericht 2020 liegt uns wieder ein ordnungsgemäßer Bericht über die Leistungen des Landes im Sozialbereich vor. Es ist hier fein säuberlich aufgelistet, um welche Leistungen es sich handelt, wer die Zielgruppe ist, auf welchen gesetzlichen Grundlagen die Leistungen basieren, wie sich diese in den vergangenen Jahren auch geändert haben und einige Eckdaten zur Nutzung der Angebote und deren finanziellen Aufwand. Ich möchte hier auch all jenen danken, die diesen Bericht ordnungsgemäß und nach Vorschrift erarbeitet haben. Wir haben eine sehr fordernde Zeit hinter uns und wohl auch ein Stück weit vor uns. Die Pandemie hat sehr viel Zeit und Kraft gekostet – gerade auch jene Fachabteilungen, die mit Pflege und Sozialem betraut sind und dennoch mussten neben allen anderen die regulären Dinge der Verwaltung vorangetrieben werden – wie z. B. auch dieser Bericht. Dafür sage ich recht, recht herzlich „Danke“ und wenn ich jetzt auch etwas Kritik übe, soll das nichts von meiner Wertschätzung für die Arbeit hinter diesem Bericht nehmen – ganz im Gegenteil: Es ist mir ein Anliegen diesen Bericht hier auch aufzuwerten. Ein Bericht wie dieser soll die Basis für Politik und Verwaltung sein, die sozialen Herausforderungen der Gegenwart und vor allem auch der Zukunft zu benennen und zu analysieren, damit wir auf einer fachlichen Basis darüber beraten können, wie wir unsere Systeme weiter gestalten können. In einem Teilbereich ist das hier auch der Fall und es wurde schon angesprochen: der Bereich „Pflege“. Es ist völlig unwidersprochen, dass wir eines der größten sozialpolitischen Herausforderungen unserer Zeit haben und die Nachfrage nach Pflegeleistungen enorm steigt. Wir müssen das stationäre, teilstationäre und vor allem auch das mobile Pflegeangebot ständig erweitern. Gleichzeitig wäre es aber auch unsere Pflicht den unzähligen pflegenden Angehörigen spürbar unter die Arme zu greifen und es ist bedauerlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Landtag hier in Niederösterreich dem Erfolgsmodell des Burgenlandes, angelehnt an den SPÖ-Antrag, der das letzte Mal auch abgelehnt wurde, nämlich die „Pflege zu Hause“ durch die pflegenden Angehörigen möglich zu machen. Die „Pflege zu Hause“ ist die günstigste, die es gibt. Zeitgleich stellen wir Angehörige viel zu oft vor die Wahl, für ihre Geliebten da zu sein oder ausreichend Geld zum Über-die Runden-Kommen zu verdienen. So viele Menschen rufen uns an und melden sich bei uns: „Ich will meinen Mann, meine Frau, meine Eltern pflegen. Ich weiß genau, was sie benötigen, aber ich bin leider finanziell am Ende. Es geht nicht mehr.“ Dann kommen die Pflegebedürftigen, anstatt zu Hause gepflegt werden zu können, in ein Heim, das das x-Fache kostet. Ich stelle hier schon auch die Frage: Ist das sinnvoll, liebe Kolleginnen und Kollegen? Wir sind der Ansicht, Angehörige zu pflegen ist viel Arbeit, eine große Leistung und soll dementsprechend auch bewertet werden. Hier teilt die Mehrheit in diesem Haus unseren Zugang leider nicht. Aber wenigstens haben wir hier einen Bereich, wo alle das Problem klar erkannt haben. Wir haben aber auch in Niederösterreich massive soziale Probleme. Diese müssen uns hier auch bewusst werden. Z. B. haben wir in Niederösterreich 36.000 Kinder, die armutsbetroffen sind und wir wissen aus allen Studien in dem Bereich: Wer als Kind arm ist, der ist statistisch betrachtet im späteren Leben öfter selbst arm, öfter krank, öfter und länger arbeitslos. Daher bringen wir hier heute auch einen Resolutionsantrag ein betreffend Erhöhung der monatlichen Leistungen für minderjährige Personen nach dem NÖ Sozialhilfe-Ausführungsgesetz. Das ist nicht nur für die Betroffenen eine Tragödie. Es verursacht für die gesamte Bevölkerung enorme Folgekosten im Sozialsystem und im Gesundheitssystem. Die Ärztekammer hat in Österreich gerade in einer Umfrage klargemacht: 85 % der Ärztinnen sind der Ansicht, dass armutsbetroffene Kinder öfter krank werden wegen ihrer Lebensbedingungen, gerade jetzt in der Pandemie. Auch wegen des Stresses, dem materiell wenig begütetere Kinder ausgesetzt sind. Das haben wir nicht nötig und das schadet uns allen und der gesamten Gesellschaft. Was ist geschehen? Wir haben armutsbetroffenen Familien mit Kindern die Sozialhilfe gekürzt. Drei Geschwister verlieren derzeit nach der alten Rechtslage gegenüber 228 Euro im Monat. Das ist selbst für Normalverdiener viel Geld. Ich finde im Bericht zwar die Genese dieses Gesetzes, wie oft man es in den vergangenen paar Jahren abändern musste, weil TÜRKIS-BLAU nicht imstande war, etwas Verfassungskonformes auf den Weg zu bringen. Zuerst wurde das NÖ Mindestsicherungsgesetz geändert – wie wir wissen, hat das nicht gehalten. Dann hat man das Sozialhilfe-Ausführungsgesetz eingeführt – wie wir wissen: Das hat nicht gehalten. Jetzt hat man es umgeändert, aber die Kürzung bei Kindern, die der Verfassungsgerichtshof im Grundsatzgesetz gekippt hat, beinahe unverändert gelassen. In einem Zustand, der vielleicht gerade noch verfassungskonform ist, vielleicht aber auch nicht. Aber was wir sehr gerne lesen würden in einem Bericht wie diesem ist: Der Landtag hat etwas beschlossen. Wie wirkt sich das auf die betroffenen Kinder aus? Hat sich diese verschärfte Armut irgendwie bewährt? Haben die Eltern jetzt dadurch bessere bezahlte Arbeit gefunden? Zu welchen psychischen Belastungen ist es in der Pandemie dadurch gekommen? Was hat das bewirkt und was hat das damit getan? Welche Probleme konnten damit gelöst werden? Oder auch: Welche Probleme sind hinzugekommen? Das ist völlig richtig so. Auch wenn der Sozialminister trotz mehrfacher Ankündigungen noch nicht tätig geworden ist und auf Facebook mit tollen Ankündigungen hier von sich reden macht, (zeigt Tafel) indem er ankündigt, dass die Pandemie hier Riesenauswirkungen hat, aber er bis jetzt nichts dazu getan (Abg. Dr. Krismer-Huber: Finde ich super, dass man wieder ein Taferl haben darf.) und nichts dazu beigetragen hat, außer ein Facebook-Posting und für die Armut in Österreich nichts – vor allem für die Kinderarmut hier in Österreich – nichts getan hat. Aber können wir im Landtag mit der selben Geschlossenheit, die wir bei Menschen mit prekären Aufenthaltstiteln an den Tag legen, nicht auch dann agieren, wenn es um die Armut in Niederösterreich und vor allem unserer Kinder geht. Daher stellen wir den Resolutionsantrag (liest:)
„Der hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, im Sinne der Antragsbegründung eine Novelle zum NÖ Sozialhilfe-Ausführungsgesetzes auszuarbeiten und dem Landtag zuzuleiten, welche in §14 Abs. 1 Z. 3 vorsieht, dass die Staffelung der Höhe nach der Anzahl der Kinder aufgehoben und stattdessen ein einheitlicher Prozentsatz von 25 Prozent pro Kind festgelegt wird.“
Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen und ich darf hier auch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen, der aktueller denn je ist – nämlich der Punkt „Gewalt an Frauen“. Oft von Angehörigen in den eigenen vier Wänden, die viel zu oft in den vergangenen Jahren durch die schlimmste Form, dem Frauenmord, sichtbar geworden ist. Wirklich brandaktuell und leider traurige Realität, erst gestern. Ich möchte hier aber auch „Danke“ sagen an unsere Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig für ihren unermüdlichen Einsatz für die niederösterreichischen Frauenhäuser. Ich danke ihr auch, dass es gelungen ist im vergangenen Jahr die Sicherheitsmaßnahmen für die Frauenhäuser auszubauen und dafür 100.000 Euro zusätzlich in die Hand zu nehmen. Gewaltbetroffene Frauen haben sich vor der Gesellschaft den bestmöglichen Schutz verdient. Ich danke unserer Landesrätin auch, weil ich weiß, wie hartnäckig sie auch hier wieder in den Budgetverhandlungen ist, wenn es darum geht, den Gewaltschutz auf die bestmöglichen Beine zu stellen. Das brauchen wir auch, denn hier geht es in den schlimmsten Fällen darum, hier auch Menschenleben zu retten. Und ebenso begrüßenswert ist es, dass es seit Beginn des Jahres bundesweit das Pilotprojekt gibt bei dem sogenannte „Hochrisikofrauen“ bundesländerübergreifend aufgenommen werden. Gewaltschutz kennt keine Landesgrenzen. Hier hat der Föderalismus nicht im Weg zu stehen. Das war auch unserer Landesrätin, die das Thema immer wieder angestoßen hat, ein Herzensanliegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nehmen den Sozialbericht gerne zur Kenntnis. Wir möchten hier aber auch dazu sagen, dass es hier viele Dinge gibt, die wir uns wünschen würden, hier auch sehr, sehr ausführlich oder noch ausführlicher in der Analyse hier zu bekommen, um auch die richtigen politischen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, dass wir uns nicht nur mit Resolutionsanträgen am Ende des Tages dann gegenseitig überholen, sondern dass wirklich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Pflegebedürftigen, für die Kinder in Niederösterreich hier auch das Beste herauskommt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
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- Bruck an der Leitha
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- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
- Wahlpartei:
- Sozialdemokratische Partei Österreichs