Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1723/B-17/6-2021 – Präventive Menschenrechtskontrolle 2020
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein großes „Danke“ an die Volksanwaltschaft für diesen Bericht. 2020 war durch Corona geprägt. Ich möchte aber den Fokus auf Inhalte legen, die unabhängig von der Pandemie sind. Ganz kurz streife ich die Pflegheime, dann komme ich zu den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Volksanwaltschaft hat kritisiert, dass es in den Heimen zum Teil noch immer sehr beengte Verhältnisse gibt. Ich denke hier an die untragbaren Dreibettzimmer, wo Bett an Bett steht und wo man wahrlich nicht von Qualität sprechen kann. Ebenso Heime mit Aufenthaltsbereichen ohne Tageslicht. Ich verstehe nicht, warum man hier nicht die Sanierung oder den Neubau priorisiert. Es ist mir völlig unverständlich. Zum Personalmangel: Vorgestern hat die „Presse“ dieses Thema aufgegriffen und spricht von 1.055 freien Betten und 671 offenen Stellen in Niederösterreich. Ich kann das nicht verifizieren. Ich habe aber schon vorige Woche diesbezüglich Anfragen eingebracht und bin schon auf die Beantwortung gespannt. Was ich nicht verstehe ist, dass groß 165 zusätzliche Pflegebetten für 2022 angekündigt werden, im Wissen, dass man die bestehenden schon nicht mit Pflegepersonal versorgen kann. Ich empfinde das ganz ehrlich gesagt als Irreführung der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. So tun, als ob eh alles in Ordnung wäre. Ich fordere Sie in diesem Zusammenhang auf, ein besonderes Augenmerk auf die Krankenpflegeschulen zu legen. Wir brauchen die Ausbildung für die Region in der Region und nicht nur für Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz, sondern auch im gehobenen Dienst. Das haben auch die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, FPÖ und der NEOS verstanden und unserem Antrag heute zu Beginn der Sitzung zugestimmt. Leider, die ÖVP nicht. Jetzt zu den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die sind mir ein besonderes Anliegen. Ich habe hier an dieser Stelle schon oft über die Problematik dort gesprochen. Die Volksanwaltschaft hat im Tätigkeitsbericht 2018/2019 noch sehr positiv über die sozial-inklusiven Gruppen gesprochen. In diesem Bericht schaut das nach einiger Zeit gelebter Praxis schon ein bisschen anders aus. Der Hintergrund ist ein deutlicher Anstieg von Jugendlichen mit schwersten Problemen und hohem Einzelbetreuungsbedarf. Die sind natürlich nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch in den Einrichtungen vorzufinden. Das führt wozu? Zu häufigen Aggressionsdurchbrüchen und mehr Bedarf an Einzelbetreuung und an Therapien. Kinder mit Gewalterfahrungen aus der Familie erleben in der Einrichtung eine Retraumatisierung durch die Vorkommnisse in den Gruppen und das Personal fürchtet sich. Diese Probleme treffen auf das Normkostenmodell mit einer Gruppengröße von neun Kindern, vier davon mit Individualbetreuung, zu wenig und überlastetes Personal, zu wenig Krisenplätze, fehlende Plätze auf den Kinder- und Jugendpsychiatrien und fehlende therapeutische Versorgung. Die Volksanwaltschaft findet dazu deutliche Worte und stellt den direkten Zusammenhang zwischen Betreuungsschlüssel und Qualität der Betreuung fest. Die Volksanwaltschaft fordert die Landesregierung auf, den Betreuungsschlüssel für sozialpädagogisch-inklusive Wohngemeinschaften anzuheben und die Tagsätze auf den erhöhten Bedarf abzustimmen. Ansonsten werde es – wörtlich (liest:)„in den sozial-inklusiven Gruppen zu einer Verschlechterung der sozialpädagogischen Betreuung kommen.“ Und nochmals wörtlich (liest:)„Aufgrund der speziellen Dynamik in Großeinrichtungen wird das Konzept der sozial-inklusiven Wohnformen in den sozialpädagogischen Betreuungszentren des Landes nur in eingeschränktem Maß umsetzbar sein.“ Ich habe es hier – ich wiederhole es – schon ein paar Mal gesagt: Es gibt diese Probleme. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß bestätigt durch die Volksanwaltschaft. Auch dass die Therapien nicht mehr von der Kinder- und Jugendhilfe übernommen werden, kritisiert die Volksanwaltschaft. Die Therapien sollen von extern zugekauft werden oder von der Krankenkasse finanziert werden, wenn möglich von den Eltern organisiert werden, und das klappt einfach nicht. Es muss von den Einrichtungen geleistet werden. Sie müssen für die Transporte sorgen, wenn sie überhaupt eine Therapeutin, einen Therapeuten finden bzw. wenn der Jugendliche bereit ist mitzukommen. Daher fordert die Volksanwaltschaft die Landesregierung auf, weiterhin die Kosten für Therapien zu übernehmen. Wie gesagt: Es gibt immer mehr Kinder und Jugendliche, die massive Probleme haben, die in keine Norm passen, die die Einrichtungen sprengen und wo auch schemageleitete Pädagogik scheitert. Das müssen wir auch einmal anerkennen, dass diese Pädagogik nicht für alle Kinder und Jugendliche geeignet ist. Bei dieser schwierigen Thematik entzieht man zusätzlich finanzielle Mittel und wundert sich dann, dass man die Qualität der Betreuung nicht halten kann. Alles, was wir in frühen Jahren versäumen, kommt der Gesellschaft wieder retour und zwar mehrfach so teuer. Wir brauchen für die betroffenen Kinder- und Jugendlichen einen stabilen, familienähnlichen Bezugsrahmen, bestens geschulte Bezugspersonen und großzügige therapeutische Versorgung. Ich fordere die Landesregierung auf und ich fordere die zuständige Landesrätin auf, die entsprechenden Rahmenbedingungen endlich zu schaffen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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