Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1723/B-17/6-2021 – Präventive Menschenrechtskontrolle 2020
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Vesna Schuster (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Landesrat! Hohes Haus! Bereits in der Einleitung des Volksanwaltschaftsberichts wird erwähnt, dass aufgrund der corona-bedingten Einschränkungen eine neue menschliche Gefährdungslage im Jahr 2020 bestand. Zusätzlich trafen die Restriktionen auch die Kontrolltätigkeit der Kommission unmittelbar. Denn von Mitte März bis Ende Mai 2020 konnten keine Kontrollen stattfinden. Insgesamt wurden im Berichtsjahr 448 Kontrollen durchgeführt, davon 109 in Pflegheimen und 102 in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und darüber möchte ich sprechen. Denn in sehr vielen Fällen stehen festgestellte Missstände im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung. Wie wir alle wissen, traten im Frühjahr 2020 Beschränkungen für das Betreten öffentlicher Orte in Kraft. Personen aus privaten Haushalten durften zumindest Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs selbst einkaufen oder auch spazieren gehen. Ganz anders verhielt es sich in Pflege- und Altenheimen. Pflegeheimleitungen hatten weit strengere Verbote verhängt. Die Bewohner durften nicht ins Freie, Besuch wurde untersagt, sie mussten eine lange Zeit isoliert in ihren Zimmern verbringen, hatten niemanden zum Reden, keine sozialen Kontakte. Sie waren nur noch einsam und verängstigt. Das Schlimme ist, dass sowohl die oberste Gesundheitsbehörde als auch die Heimaufsichtsbehörden der Länder diesen Zustand billigten – nämlich den Zustand, dass Heimbewohner ohne behördliche Anordnung und gegen ihren Willen von der Außenwelt isoliert und in ihren Freiheitsrechten beschränkt wurden. Dieser sogenannte vorsorgliche Infektionsschutz durch Freiheitsentziehung war unzulässig. Selbst Mitte Mai gaben 48 % der Befragten Pflegedienstleitungen an, ein kurzes Verlassen des Einrichtungsgeländes sehen sie als zu gefährlich an. In einem niederösterreichischen Heim wurden alle Bewohner dazu verhalten, nicht ins Freie zu gehen, sondern durchgehend im Haus zu bleiben. Ein- und Ausgangstüren waren zwar tagsüber nicht versperrt, aber es wurde ein Sperrgitter zwischen Straße und Gartenzugang quer gezogen, um das Verlassen der Einrichtungen zu verhindern. Eine Tiroler Einrichtung reagierte mit einer schriftlichen Verwarnung und drohte mit der Kündigung des Heimvertrags, weil eine auf den Rollstuhl angewiesene Bewohnerin im Garten des Pflegeheims und unter Wahrung eines ausreichenden Abstandes ein Gespräch mit ihrem Sohn führte. (Dritte Präsidentin Mag. Renner übernimmt den Vorsitz.)„Ein Infektionsschutz, der bei pflegebedürftigen zu massiven Freiheitsbeschränkungen und sozialer Isolation führt, nimmt Schädigungen der körperlichen und psychischen Gesundheit billigend in Kauf und trägt zur Verschlechterung von Erkrankungen bei.“ Das sagt die Bewohnervertretung und damit hat sie vollkommen recht. Denn zwischen Ende Februar und Ende April 2020 waren Besuche in Pflegeeinrichtungen in Österreich fast durchgehend verboten. Ob die Rechtsgrundlagen dafür tauglich waren, ist mehr als fraglich. Die türkis-grünen Minister haben unseren Senioren digitale Medien als Ersatz menschlicher Nähe nahegelegt – und das auch für seh- oder hörbeeinträchtigte Bewohner. Das Unmenschlichste was diese Regierung in diesem Zusammenhang zusammenbrachte, war der Umgang mit sterbenden Bewohnern dieser Einrichtungen. Viele starben einsam. Eine persönliche Verabschiedung von Sterbenden war vielen Familien nicht gestattet. Je länger die Einschränkungen andauerten, häuften sich die Meldungen von Personen, die ihre Ehepartner, Mütter, Väter oder Großeltern vermissten und fürchteten, dass ihre Liebsten seelischen Schaden nehmen und ohne Beistand einsam sterben werden. Zudem zeigte sich auch, dass mit den Einschränkungen Infektionsausbrüche und Todesfälle in Pflegeeinrichtungen nicht verhindert werden können. Die lange geforderte Pflegereform bleibt nach wie vor nur eine Ankündigung. Es fehlt an Pflegepersonal. In einem Pflegeheim schien am Dienstplan Personal auf, welches krankgemeldet war. Auch Untersuchungen von schwerstkranken Bewohnern waren wochenlang wegen der Einschränkungen unmöglich. Geht man so mit unseren Bewohnern von Pflegeeinrichtungen um? Nein, das macht man mit Sicherheit nicht. Aber die türkis-grüne Regierung hat das leider so gemacht und das ist echt zum Fremdschämen. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie hat es sich leider ähnlich verhalten. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie wurden Patienten bis zu 30 Stunden bis zum Vorliegen eines negativen PCR-Tests isoliert. Psychisch belastete Minderjährige wurden komplett isoliert – ganz alleine und im Stich gelassen. Freiheitsbeschränkungen gegen den Willen der Betroffenen sind in Österreich nach verfassungsgesetzlichen Grundsätzen nur in den von der europäischen Menschenrechtskonvention und dem Staatsgrundgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit genannten Ausnahmen zulässig. Und das auch nur auf Basis gesetzlicher Ermächtigung. Klinikleitungen sind zur Anordnung solcher Freiheitsbeschränkungen nicht ermächtigt. Organisationen wie der UN-Kinderrechtsausschuss, Kinder- und Jugendanwälte, die Volksanwaltschaft … alle haben wiederholt darauf hingewiesen, dass es in Österreich nicht genug stationäre Betreuungsplätze für Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen gibt. Aufgrund des Platzmangels werden Patienten bald nach der Akutphase entlassen. Das bedeutet, dass die Patienten, diese Kinder und Jugendlichen, nach der Akutphase keine Weiterbetreuung vor Ort haben. Die unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen der Regierung haben dazu beigetragen, dass die eh schon sehr schlimme Situation in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung noch viel, viel schlimmer geworden ist. Die Isolation, die ständigen Lockdowns, die Angstmache, dass ein Kind schuld daran sein könnte, wenn die Oma stirbt und vieles mehr haben leider viele Kinder und Jugendliche dort hingetrieben. In diese Einrichtungen, die dann überfüllt waren, wo Kinder, die Hilfe brauchten, aus Platz- und Personalmangel nach Hause geschickt wurden, wo Familien in solchen Situationen komplett allein gelassen wurden. Die Regierung hat also die Gruppen, die sie angeblich schützen wollte – die vulnerablen Gruppen – vollkommen im Stich gelassen und deren Situation nur mehr verschlechtert. Ich danke der Volksanwaltschaft für diesen Bericht und das Aufzeigen der Missstände und Verfehlungen. Die FPÖ hat schon immer davor gewarnt und aufgezeigt. Nun haben Sie es schriftlich von der Volksanwaltschaft in Form dieses Berichts. Eine Regierung, die so mit den Schwächsten unserer Gesellschaft umgeht, ist nicht nur rücktrittsreif, sondern auch zur Verantwortung zu ziehen und ich hoffe sehr, dass dies auch irgendwann passiert. (Beifall bei der FPÖ.)
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