Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1755/A-8/42-2021 – Mobilität in Niederösterreich: Wo es um Land & Leute geht
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Maier (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Werte Herren der Landesregierung! Mobilität in Niederösterreich: Wo es um Land & Leute geht. Ich glaube, der Titel unserer Aktuellen Stunde alleine zeigt schon, worum es uns geht. Gerade in Zeiten einer angeregten Diskussion um die S8 auf der einen Seite, die S34 auf der anderen Seite und vielfach diskutierten Maßnahmen im öffentlichen Verkehr und der Klimaneutralität stellt uns vor Herausforderungen, die wir auch in Niederösterreich mit einem eigenen blau-gelben Mobilitätsplan betrachten wollen. Niederösterreich, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, ist ein Flächenbundesland. Dieses Flächenbundesland hat ganz andere Voraussetzungen als unsere westösterreichischen Länder mit Tallagen oder der städtische Raum wie Wien. In Niederösterreich öffentlichen Verkehr und die Mobilität in Niederösterreich zu gestalten, das ist Königsdisziplin. Ich bin davon zutiefst überzeugt, dass wir diese Königsdisziplin hervorragend beherrschen. Dieses Flächenbundesland Niederösterreich kann nicht nur mit öffentlichem Verkehr auf eine Mobilitätswende antworten. Dieses Flächenbundesland Niederösterreich muss mit einem guten Mix für die Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen die Mobilität gestalten. Ein Mix aus Öffis, aus Individualverkehr und letztendlich auch im Individualverkehr mit dem Rad. Das sind unsere Antworten. Straßen, geschätzte Damen und Herren, sind nicht obsolet. Straßen gehören genauso dazu und sind nicht so, wie manche Ökofanatiker uns heute weismachen wollen, dass sie entbehrlich sind. Auch unsere Öffibusse brauchen die Straße und auch die E-Mobilität braucht die Straße. Wenn Sie den öffentlichen Verkehr in Niederösterreich mit einem Bauwerk, mit einem Haus vergleichen wollen, so gibt es ein Rückgrat, so gibt es ein Fundament und das heißt Bahnverkehr. Wir haben mehr Bahnkilometer in Niederösterreich als die anderen Bundesländer. Wir sind gut vertaktet und mit einem entsprechenden Investitionsprogramm für die kommenden Jahre gut ausgestattet. Niederösterreich bestellt mehr Zugkilometer als andere Bundesländer und wir tun das aus tiefster Überzeugung. Unsere Buslinien könnte man in einem Wohngebäude mit den Gängen vergleichen. Das sind die Zubringer zu unseren Bahnlinien. Das sind die Verbindungen zwischen den kleinen Räumen und den größeren Räumen, zwischen den zentralen Orten und den peripheren Orten. Diese bringen tagtäglich tausende Pendlerinnen und Pendler zu ihrer Arbeitsstelle oder eben auch zu den Bahnknoten. Diese Gänge verzweigen in Räume. Diese Räume sind unsere Gemeinden, unsere Kleinregionen. Hier haben wir in Niederösterreich schon lange sehr erfolgreich begonnen mit den Individuallösungen pro Region, pro Gemeinde Antworten zu geben. Anrufsammeltaxis auf der einen Seite, Citybusse auf der anderen. All das rundet das Angebot an öffentlichem Verkehr in Niederösterreich hervorragend ab. „Last but not least“ ist das Radland Niederösterreich und unsere Landesstrategie zum Radland Niederösterreich eine Antwort, die auch dem Zeittrend entspricht. Wir fördern ganz massiv den Ausbau der Radinfrastruktur. Wir animieren Gemeinden hier tätig zu werden und über 300 Gemeinden sind es auch schon, die im Radland Niederösterreich auf der einen Seite die Infrastruktur schaffen, aber auch viel für das Bewusstsein, für die Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung beitragen. Ein paar Zahlen, geschätzte Damen und Herren, damit man die Dimension bei uns erkennen kann, was es z. B. bei den Pendlerinnen und Pendlern bedeutet, in Niederösterreich unterwegs zu sein und wo wir gefordert sind, als Land NÖ Antworten zu geben: 520.000 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sind es, die innerhalb von Niederösterreich pendeln. 240.000 Pendlerinnen und Pendler sind es, die in ein anderes Bundesland pendeln. Beispielsweise 200.000 alleine davon nach Wien. Aber, was man nicht vergessen darf, auch 80.000 Pendlerinnen und Pendler kommen von Wien nach Niederösterreich. 117.000 Menschen kommen aus anderen Bundesländern nach Niederösterreich zu ihrer Arbeitsstelle. Somit sind es tagtäglich 850.000 Menschen, die auf ihrem Arbeitsweg in Niederösterreich unterwegs sind. Deshalb, geschätzte Damen und Herren, ist Mobilität für uns im Land NÖ für unseren Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko und für unsere Landeshauptfrau ein zentrales Anliegen und ein ganz, ganz wesentliches Thema. Worauf es für uns ankommt, ist ganz klar: Die Projekte und Ideen in Sachen Mobilität unserer Politik müssen sich immer an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Wir denken nicht unbedingt nur in dem Bereich der Billigtickets, wie es etwa zurzeit die GRÜNEN tun. Wir sehen ganz bewusst drei Stellschrauben, an denen wir drehen müssen und wo wir unseren eigenen Mobilitätsplan in blau-gelb geschnürt haben. Wir stehen dazu: Ja, billiger heißt günstigeren öffentlichen Verkehr und bedarfsorientierte Tarifmodelle. Wir reden aber auch von bequemer, und das bedeutet mehr Angebot und höhere Taktung und wir reden von besser. Besser bedeutet, eine zukunftsfähige Infrastruktur und eine effiziente Logistik. Seit vielen Monaten, Sie haben es medial begleiten können, wird zwischen den Verantwortungsträgern in der Ost-Region und Vertretern der Bundesregierung verhandelt. Es ist ein Projekt, das viele Befürworter hat und auch wir stehen zu diesem Projekt. Bereits seit Anfang Juli liegt der Vorschlag von Niederösterreich auf dem Tisch, dass wir ein Ticket für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher organisieren und konzipieren wollen und das Ganze in einem Dreiklang. Eine Stufe für die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland, eine Stufe für die gesamte Ost-Region und eine Bundesstufe für ganz Österreich. Wir können heute noch keinen Preis sagen, das ist klar, aber der Preis wird sich ganz klar daran orientieren, wie der Bund auch zu seinen eigens und hier im konkreten das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur … wie viel Geld der Bund hier zur Verfügung stellt. Denn wir wollen nicht mehr und auch nicht weniger als die Abgeltung des Einnahmenentfalls. Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind auch sehr optimistisch. Wir wissen, dass wir letztendlich kurz vor der Lösung stehen. Aber ganz, ganz wichtig ist uns eines: Nicht nur der billigere Preis, sondern Ausbau muss auch stattfinden können. Wer Geld nur für billige Tickets verwendet und dann kein Geld mehr hat, um den Ausbau des öffentlichen Verkehrs voranzutreiben, wer auf der einen Seite einen Bedarf weckt und auf der anderen Seite ihn dann nicht bedienen kann, der wird ein Problem haben. Das ist nicht unsere niederösterreichische Politik, denn wir stehen dazu: Wir müssen gerade im ländlichen Raum attraktive Öffi-Angebote und Taktungen liefern, um der Bevölkerung einen Umstieg zu erleichtern und genau das kostet Geld. Auch dieses Geld fordern wir von Bundesseite ein. Nicht nur ein Ticket, das wenig kostet, sondern auch die notwendigen Maßnahmen zu unterstützen, die wir brauchen, damit hier der öffentliche Verkehr einen entsprechenden Aufschwung nimmt und damit auch unsere Menschen in diesem Bundesland zufrieden sind. Denn was nutzt das billige Ticket, wenn dann kein Platz ist, wo ich sitzen kann? Alleine im heurigen Jahr 2021 nehmen wir in Niederösterreich 140 Millionen Euro in die Hand für die Bereitstellung des Bahn- und Busangebotes. Im laufenden Jahrzehnt verwenden wir mehr als 1,1 Milliarden Euro für den Bahnverkehr. Dazu kommen noch einmal 400 Millionen Euro für die Bestellungen im Busbereich. Unser niederösterreichischer Mobilitätsplan dreht sich nicht nur um die Frage, ob ein Ticket ein, zwei oder drei Euro kostet. Wir wissen, dass es auf mehr ankommt und das bestätigen uns auch viele, viele Experten. Attraktivität zeigt sich nicht nur durch den Preis, sondern es zeigt sich auch, wie qualitätsvoll der öffentliche Verkehr gestaltet ist. Es zeigt sich auch, dass wir da und dort auch unsere Mankos haben im Bereich der ÖBB. Denn wenn aktuelle Bestellungen nicht einmal vollzogen werden können, obwohl Jahrhundertschaften in der Abteilung für Bestellung bei der ÖBB es nicht schaffen, einen Vertrag richtig zu unterschreiben oder man im Infrastrukturministerium nicht einmal über eine zweite Stammstrecke durch Wien diskutieren kann, dann werden wir – trotz billigerer Tickets – nicht zur Zufriedenheit der Menschen in diesem Land den öffentlichen Verkehr gestalten können. Nur der Dreischritt besser, bequemer und billiger wird uns zum Erfolg führen und wird die Menschen in diesem Land zufriedenstellen. Wenn es genug Platz zum Sitzen gibt, wenn der Takt passt und damit auch die Lebensqualität der Pendlerinnen und Pendler steigt, werden die Menschen zufrieden sein. Daher fordern wir mit ganz klarem Weitblick, dass zukunftsfähige Finanzplanungen aufgestellt werden seitens der Bundesregierung. Der Preis alleine ist vielleicht ein erster Schritt, aber sicher nicht der einzig notwendige. Wir stehen, geschätzte Damen und Herren, in Niederösterreich zu einem Mix aus dem öffentlichen Verkehr und dem Individualverkehr. Die Menschen in diesem Land haben Bedürfnisse in den Regionen, ob städtisch oder ländlich und darauf richtet sich auch der Mobilitätsplan in blau-gelb aus. Wir können gerne heute auch über die Dimension, über den Ausbau der Dimension von Straßen sprechen. Wir können über Umfahrungen sprechen und diskutieren. Fest steht aber auch, geschätzte Damen und Herren, und ich glaube, da werden Sie mir beipflichten: Wir brauchen auch in Zukunft die Straße. Die Straße kann nicht per se schlecht sein und ist es auch nicht. Wir brauchen die Straße für den öffentlichen Verkehr. Wir brauchen die Straße für die Busse. Wir brauchen die Straße für die E-Mobilität. Ja und den Individualverkehr wird es weiter geben. Die Antriebstechnologie, geschätzte Damen und Herren, ist die Frage. Und auch diese Fahrzeuge, egal mit welchem Antrieb sie in Zukunft fahren, werden die Straße brauchen. Die Straße per se zu verdammen, ist nicht unsere Mobilitätsstrategie. Unsere Mobilitätsstrategie ist, den Mix in diesem Flächenbundesland sicherzustellen. Wenn wir unseren Mobilitätsplan nach den Bedürfnissen der Menschen in diesem Land ausrichten, ob man öffentlich pendelt, ob man mit dem Elektrofahrzeug pendelt oder auch bisher noch mit dem Dieselfahrzeug oder dem Benziner, so ist das eine Tatsache, dass das nicht von heute auf morgen geht. Es ist ein Entwicklungsplan, dem wir uns unterwerfen. Wir haben jetzt im August 2021 das erste Mal, geschätzte Damen und Herren, mehr Erstzulassungen an Elektrofahrzeugen – nämlich 600 – als Dieselfahrzeuge. Das waren nur mehr 555. Erstmals mehr Elektrofahrzeuge. Alleine das zeigt, wohin die Reise geht, wohin die Bewusstseinsbildung geht und es ist richtig so. Wir wissen, dass wir mit unserem Mobilitätsplan Niederösterreichs eine klimafreundliche Zukunft gestalten können, mit Hausverstand, mit Realitätssinn und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Diesen Hausverstand und diesen Realitätssinn und dieses Bekenntnis aber auch zur Klimaneutralität, dem unterwerfen wir uns. Aber ich bitte auch alle in dieser Diskussion gerade den Blick auf die Realität nicht außer Acht zu lassen, sich nicht ökoromantisch in irgendwelche Sphären zu begeben und für die Menschen in diesem Land nicht das zu tun, was sie brauchen – nämlich ihren Bedürfnissen gerecht den Verkehr, die Mobilität zu gestalten, sowie es ein Flächenbundesland wie Niederösterreich braucht. Dankesehr. (Beifall bei der ÖVP.)
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