Zusammenfassung
Antrag des Gesundheits-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1673/A-2/57-2021 – Pilotprojekt zur Anstellung pflegender Angehöriger
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal das Thema „Pflege“. Wir betrachten es heute aus verschiedenen Blickwinkeln. Das ist gut so. Sehr häufig wird über die Kosten diskutiert. Millioneninvestitionen in den Bau von Pflegeeinrichtungen, finanzielle Besserstellungen von Mitarbeiterinnen, Versprechungen von finanziellen Abgeltungen für die Angehörigen. Aber zu allererst sollten wir die Frage nach den Bedürfnissen der Betroffenen stellen. Jahrelang wurde eine ehrliche Debatte leider verschleppt. Die „Taskforce Pflege“ auf der Bundesebene, habe ich gestern in den Nachrichten gehört, soll im Herbst erst die Umsetzungsschritte bringen. Aber bis dann tatsächlich etwas in die Gänge kommt, wird in den Ländern weiterhin der Fleckerlteppich gewebt. Die Pflege wird von den Angehörigen meistens ganz selbstverständlich übernommen. Wir haben es auch schon … ich glaube beim ersten Beitrag hat es der Kollege Erber auch so gesagt … dass da vieles in Bewegung ist, weil die Verfügbarkeit der Familienangehörigen auch abnimmt. Aber dass das auch, so wie es derzeit läuft, noch eine sehr selbstverständliche Leistung am geliebten Angehörigen ist, auch aus Pflichtbewusstsein natürlich und manchmal auch aus Alternativlosigkeit. Der starke Anstieg der Demenzerkrankungen, ist ein wesentlicher Teil in der Pflege, verstärkt und verschärft die Situation natürlich noch einmal. Oftmals auch deshalb, weil Demenz immer noch ein Tabuthema ist. Auch die Betroffenen selbst überspielen sehr lange erste Symptome, sodass es zu einer neurologischen Abklärung und damit zu einer Diagnose oft erst viel später kommt, als es gut wäre, um erste Schritte zu setzen und um sich auch als Angehöriger darauf einstellen zu können. Wenn Sie pflegende Angehörige fragen, was sie brauchen oder auch im Nachhinein, was ihnen geholfen hätte am Beginn ihrer Tätigkeit als Pflegender, dann werden Sie wahrscheinlich gar nie hören: „Ich wäre gerne bei der Landesgesundheitsagentur angestellt worden.“ Da geht es oft um ganz andere Fragen - nämlich an ganz erster Stelle um Information. Das Wissen um vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten – es gibt erfreulicherweise sehr viele Möglichkeiten etwas zu tun – aber das Wissen, wenn Sie als pflegender Angehöriger erstmals damit konfrontiert sind, ist das nicht selbstverständlich: An wen wende ich mich? Wer hilft mir da wobei? Wie komme ich zu entsprechenden Ausstattungen? Das ist ein großer Themenblock, wo sich die Angehörigen wünschen und wünschten, sie hätten das auch früher gewusst. Die Aufgabe, die die Politik hier hat, ist diese Information leicht, niederschwellig zugänglich zu machen und zwar möglichst in jedem Bezirk. Ich kann nicht erwarten, dass die Menschen von entlegeneren Gebieten anreisen, relativ weit … die haben auch die Kraft gar nicht. Auch mit dem Einsatz von „Community Nurses“, die die Pflege frühzeitig übernehmen, wäre ein wichtiger Schritt getan. Natürlich auch mit finanzieller Unterstützung. Ein großer Anteil der pflegenden Angehörigen sind die Partnerinnen der Pfleglinge und selbst oft längst in Pension. Das heißt, wir haben daher eine ganz, ganz andere Problemstellung. Die brauchen gar keine Anstellung. Selbst die Kinder und Schwiegerkinder oftmals, also wenn die Mitte der 60er Jahre sind und ihre 80/90-Jährigen Eltern, Schwiegereltern pflegen, sind die oftmals auch schon in Pension. Wiederum andere, die dann in diese Form der Anstellung gehen, gehen aus ihrem angestammten Beruf raus und sind ganz, ganz schwer wieder zurück in das zu bringen, was sie eigentlich machen wollten. Das andere – es wird oftmals wirklich als temporäre Aufgabe gesehen, die man natürlich macht und machen möchte, aber man möchte auch den Kontakt dorthin nicht verlieren, wo man seinen eigenen Beruf hat. Über das Pflegegeld, das den körperlichen und psychischen Bedürfnissen angepasst ist, lässt sich hier viel erreichen. Das ist tatsächlich so, dass das hier oft auch zu wenig ausgereizt wird oder auch zu wenig dem entgegengesetzt wird, wenn die Einstufung im Grunde genommen eine zu niedrige ist. Auch dazu gab es gestern einen Bericht dazu, dass mehr als die Hälfte der Fälle, also schon wieder so eine knappe Mehrheit, glaube ich, wie der Herr Kollege Kaufmann gerade gemeint hat, die wäre nicht relevant, ist es tatsächlich so, dass die erste Einstufung noch einmal revidiert wird, wenn man dagegen Beschwerde erhebt. Oder ganz konkret mit Zuschüssen, also Rollstühle … natürlich ist das eine Herausforderung … oder noch mehr der Umbau von Sanitärräumen. Das ist so eine große Hilfeleistung für die Angehörigen, für einen Haushalt, der nicht mehr vorgehabt hat, groß zu investieren. Aber das macht einen großen Unterschied aus. Ein weiterer Punkt sind z. B. Zuschüsse bei Erholungsurlauben. Es geht oftmals gar nicht darum, dass ich sage: „Ah, ich brauche Kurzzeitpflegeplätze“, weil Angehörige ihre pflegebedürftigen Angehörigen gar nicht unbedingt alleine lassen möchten, sondern weil sie sich wünschen, gemeinsam eine Erholung machen zu können, wo es ein gesondertes Programm gibt – das gibt es z. B. in Oberösterreich – die sich das aber dann nicht leisten können, weil das natürlich doch Mehrkosten verursacht. Also auch hier ein Ansatzpunkt, wo man mit Geld, aber gezielt, helfen kann. Viele pflegende Angehörige verlieren die Kraft und werden selber krank. Wenn dann jemand einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall, eine andere Erkrankung bekommt, die auch aus der zunehmenden Belastung heraus kommt, die über die oftmals natürlich jahrelange Pflegetätigkeit dazukommt, da fragt dann keiner mehr, dass das eine Folgewirkung ist von dieser Überbelastung. Das heißt, wir müssen viel, viel mehr auf die pflegenden Angehörigen hier auch schauen, dass sie eine Unterstützung haben, um nicht selbst krank zu werden. Wir haben beim Thema „Pflege“ einen akuten und einen langfristigen Handlungsbedarf. Akut brauchen wir für die pflegenden Angehörigen Beratungsstellen und Hilfsangebote, finanzielle Unterstützung und Erholungsmöglichkeiten. Langfristig brauchen wir in der Gesellschaft den Fokus auf mehr gesunde Lebensjahre. Wenn ich im Antrag lese, wir werden immer älter und damit steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen … das ist so ein linearer Ansatz. Da lege ich einfach das Vorhandene, das Historische auf die Zukunft um. Es wäre, glaube ich, allen von uns so wichtig, wenn Sie sich vorstellen: Wo sind Sie in 10, in 20, in 30, in 40 Jahren? – dass man sich wünscht, selbstbestimmt, möglichst gesund, im Rahmen des Alters, dass es möglich ist zu leben. Das ist das, worauf wir eigentlich viel zu wenig schauen. Es ist immer die Reparatur, dann, wenn es nicht mehr anders geht, dass sich erst jemand verantwortlich fühlt. Das ist langfristig mein Wunsch, dass wir uns hier wirklich die Zeit nehmen, darauf zu schauen und auch das Geld in die Hand nehmen. Wir werden dem negativen Ausschussantrag hier zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass mit den vorhin erwähnten Maßnahmen den pflegenden Angehörigen mehr geholfen wäre. Ich möchte daher einen Resolutionsantrag vorlesen (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung, insbesondere die Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales, wird aufgefordert, im Sinne der Antragsbegründung flächendeckend Beratungsstellen für pflegende Angehörige in Niederösterreich auszubauen, sowie das niederösterreichische Modell zur 24-Stunden-Betreuung so auszugestalten, dass es den pflegenden Angehörigen ausreichend finanzielle Unterstützung zukommen lässt."
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
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- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
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- NEOS – Das Neue Niederösterreich