Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1697/A-2/58-2021 – Maßnahmenpaket für eine gezielte Unterstützung der niederösterreichischen Einpersonenunternehmen (EPU)
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Niederösterreich rühmt sich, das Land der Gründer zu sein. Besonders viele Gründungen sehen wir bei den Einpersonenunternehmen, den sogenannten „EPU“ und dort vor allem im Bereich der Personenbetreuung. Das sind die 24-Stunden-Betreuerinnen, die die systematische Selbstausbeutung legal nur im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit betreiben können. Von den rund 70.000 niederösterreichischen EPU sind rund 17.000 dieser Gruppe zuzurechnen. Das ist aber nur ein Aspekt, den ich hier beleuchten will. (Abg. Erber, MBA: Stimmt nicht. Stimmt überhaupt nicht. Das können sie als Arbeitnehmer auch machen.) EPU sind keine homogene Gruppe. Da gibt es die erwähnten Personenbetreuerinnen. Da gibt es viele, die aus dem Arbeitsmarkt gefallen sind und sich jetzt als Selbständige versuchen müssen, weil sie keine Alternative haben. Aber da gibt es auch die Schneiderin, die zu Hause ihre Werkstatt eingerichtet hat. Da gibt es die selbständige Handelsagentin, die im eigenen Auto ihre Kunden besucht. Da gibt es die Webdesignerin, die im „Shared Office“ ihrer Arbeit nachgeht. Die selbständige Bilanzbuchhalterin, die teilweise zu Hause, teilweise bei ihren Klienten arbeitet. Da gibt es die Physiotherapeutin, die in einer Gemeinschaftspraxis eingemietet ist. Die Galeristin, die in einem kleinen Gassenlokal zeitgenössischen Künstlerinnen Raum gibt und die Sachverständige für Elektrotechnik usw., usw. EPU haben aber auch vieles gemeinsam. Da ist oft der Wunsch, die eigene Chefin zu sein, auf eigenen Beinen zu stehen, kreativ zu sein, die eigenen Ideen und Kenntnisse umsetzen zu können. Da ist das Potenzial zu wachsen, sich zu vernetzen, vielleicht Mitarbeiterinnen anzustellen und damit auch den Arbeitsmarkt zu beleben und zu entlasten. Sie fragen sich vielleicht, wenn Sie zuhören, was allerdings gerade niemand tut, warum ich dauernd die weibliche Form verwende? Nun: erstens sind Männer natürlich mitgemeint. Tatsächlich wird die Mehrheit der EPU aber von Frauen betrieben. EPU haben auch eine bezahlte Mittagspause und bezahlten Urlaub und sie können natürlich auch auf Kur oder in den Krankenstand gehen. Allerdings bezahlen sie sich das alles selbst. Spätestens hier, meine Damen und Herren, ist es Zeit nachzudenken, wie privilegiert die Beamten und Angestellten im geschützten Bereich sind, die sich über solche Dinge überhaupt keine Gedanken machen müssen und auch keine Angst vor Job- oder Einkommensverlust haben. Hier trifft der vorliegende Antrag ins Schwarze. Nicht arbeiten können bedeutet für ein EPU nichts verdienen. Und zwar Nichts. Null. Aber die Sozialversicherung läuft weiter mit einem fiktiven Mindestverdienst, auch wenn der nachweislich nicht erzielt wurde. Sie leistet dafür signifikant weniger als andere Sozialversicherungen, dafür dürfen EPU einen Selbstbehalt, 20 %, zahlen. Das ist eine eklatante Ungleichbehandlung, die endlich beendet werden muss. Wobei die Idee des Selbstbehalts an sich ist gar nicht so schlecht. Das ist ein Anreizsystem. Es gibt auch das Anreizsystem „Selbständig gesund“, wo man den Selbstbehalt auf 10 % senken kann und „Nachhaltig gesund“ mit dem der Selbstbehalt sogar auf 5 % reduziert werden kann. Das wäre ein Vorbild für andere Systeme, weil es gibt viele unter uns, die nicht verstehen, warum kettenrauchende Couchpotatoes die selben Beiträge zahlen, wie Menschen, die sich halbwegs gesund ernähren und auch einmal drei Stockwerke zu Fuß hinaufgehen können. Aber was EPU vor allem brauchen: einfache Strukturen. Wenn schon größere Unternehmen unter Bürokratie, unter der Gewerbeordnung, unter dem Kammerzwang, unter Berichtspflichten leiden, dann EPU erst recht. Auch im Bereich der Förderungen muss gelten: einfach, schnell und unkompliziert. Wenn ein Unternehmer viel Zeit investieren muss, um vielleicht ein paar hundert Euro Förderungen zu lukrieren, wo es gar nicht sicher ist, ob er die kriegt, dann wird er sich die vielleicht gar nicht abholen, weil Zeit ist Geld für ihn. Noch etwas, was herauskommt, wenn Bürokraten und nicht Praktiker Förderungssysteme entwerfen: Häufig muss ein Förderantrag vor Projektbeginn eingereicht werden. Das klingt vielleicht logisch, aber das ist völlig praxisfern. Der Einzelunternehmer oder ein Team in einem „StartUp“ setzt sich nicht hin und sagt: „Ich entwickle eine neue App und ich beginne am 15. Juli.“ Die Ideenfindung, die Marktsondierung, technische Versuche und Probeläufe, das geschieht alles im Vorfeld. Es gibt quasi einen schleichenden Beginn eines solchen Projekts. Das Endprodukt sieht oft dem Erstentwurf in den seltensten Fällen ähnlich. Für die Förderung heißt es dann: „Sorry, zu spät eingereicht.“ Genauso die Förderung des ersten Mitarbeiters. Wer ist denn der erste Mitarbeiter? Das ist vielleicht zuerst jemand, der freundschaftshalber mitmacht, dann vielleicht ein geringfügiger Angestellter. Den geringfügigen Angestellten muss ich aber nicht fördern. Da kommt ja nichts raus. Aber wenn es richtig losgeht, mit echten Gehältern, dann macht die Förderung Sinn, aber auch dann ist es wieder einmal zu spät. Hier brauchen wir einfache, unbürokratische Lösungen. Besser schnell und einfach zu fördern, mit der Klausel, das zu Unrecht bezogene Förderungen rückgefordert werden können, als bürokratische Hürdenläufe. Die ÖVP als ehemalige Wirtschaftspartei, die aber inzwischen zur reinen ÖAAB-Partei geworden ist, hat es hier nicht einmal der Mühe wert gefunden, einen 34-er zu machen. Wozu auch? EPU sind nicht das Klientel der ÖVP: zu eigenständig, zu inhomogen, hängen nicht am Fördertropf, spenden nichts, sind nicht einmal im Wirtschaftsbund verankert, vielleicht sogar Wechselwähler. Brauchen wir nicht. (Abg. Kainz: Wer hat dir denn das aufgeschrieben?) Auch wenn der ursprüngliche Antrag unsere Anliegen nicht in allen Punkten trifft, werden wir schon aus Solidarität mit den vielen EPU und Kleinunternehmen dem negativen Ausschussantrag nicht zustimmen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
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- Baden
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- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich