Zusammenfassung
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Präsident Mag. Wilfing: Geschätzte Frau Landeshauptfrau! Hohe Festversammlung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 23. Jänner 1997 – damals noch in Wien – wurde das Landeshauptstadt-Errichtungsgesetz beschlossen und damit damals festgelegt, dass mit 21. Mai 1997 – also wie schon gesagt, fast auf den Tag genau vor 25 Jahren – die Hauptstadterrichtung in St. Pölten erfolgt. Genau an diesem 21. Mai hat die erste konstituierende Landtagssitzung für St. Pölten stattgefunden. Seit damals ist St. Pölten wirklich Landeshauptstadt und seit damals fahren wir so ca. einmal in der Woche nach St. Pölten aus allen Teilen Niederösterreichs, um hier unserer politischen Arbeit im Landtag und für das Landesparlament und für das Land NÖ nachzukommen. Gleich zu Beginn nütze ich die Chance, um zwei Herren zu danken, die damit engstens verbunden waren. Er hat ja begrüßt vor 25 Jahren – Franz Romeder – der sowohl die Errichtung als auch dann die Übersiedlung, dann auch die Aufnahme der Arbeiten hier im neuen Landhaus, im Landtagsschiff in St. Pölten begleitet hat und wirklich mustergültig und beispielhaft durchgeführt hat. Danke, Franz, für eure großartige Arbeit in deiner Generation, die du hier als Landtagspräsident geleistet hast. (Beifall im Hohen Hause.) An seiner Seite – und natürlich ist hier auch den damaligen Landeshauptleuten, Siegfried Ludwig und dann später Erwin Pröll, zu danken, die engstens mit diesem Projekt verbunden waren. Aber er war dann Landesfinanzreferent und hat dafür gesorgt – und wir wissen, bei vielen Großbaustellen ist das heute nicht mehr selbstverständlich, dass hier nicht nur alle kalkulierten Kosten eingehalten wurden, sondern dass auf Punkt und Beistrich nach den Gesetzmäßigkeiten der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und natürlich auch der Wirtschaftlichkeit dieses neue Landhaus, die neue Landesregierung gebaut wurde und wir hier seit 25 Jahren stolz darauf sind, hier unseren Sitz, hier in der Landeshauptstadt zu sein – Edmund Freibauer, danke für deine Arbeit. (Beifall im Hohen Hause.) Natürlich ging das nur, weil zum einen die Bevölkerung so entschieden hat. Damals gab es ja die Wahl von fünf Standorten und es gab eine große Mehrheit für St. Pölten und wir wurden immer gastfreundlich von St. Pölten empfangen, von der Stadt empfangen. Daher „Danke“ dem Altbürgermeister Gruber, aber auch dem jetzigen Bürgermeister, Matthias Stadler, dass wir seit 25 Jahren hier wirklich eine enge Partnerschaft haben, diese Landeshauptstadt gemeinsam immer weiter entwickeln und gerade 2024 bei der Kulturhauptstadt NÖ St. Pölten ganz, ganz sicher wieder neue Ausrufungszeichen für St. Pölten und damit für unsere Landeshauptstadt setzen können. Danke auch, Matthias, für diese Partnerschaft mit all den Verantwortungsträgern in St. Pölten. (Beifall im Hohen Hause.) Meine geschätzten Damen und Herren, natürlich, nach 25 Jahren stellt sich auch die Frage: War das eine richtige Entscheidung? Ich denke, dass, wenn man nur die Statistiken betrachtet, heute mit einem wirklich uneingeschränkten „Ja“ hier antworten kann und ich sage das jetzt auch sehr selbstbewusst, sogar antworten muss. Wenn wir uns ansehen nur verschiedenste Zahlen zur Landesidentität: Heute ist man stolz Niederösterreicherin und Niederösterreicher zu sein und das war noch vor 30, 40 Jahren nicht so eindeutig. Unser Gast Konrad Paul Liessmann kommt ja aus Kärnten und wir haben uns oft, wenn wir in Kärnten gefragt wurden: „Woher stammst du?“, gesagt: „Naja, irgendwo bei Wien.“ Mittlerweile sagen wir zu Recht auch in Kärnten und egal, wo auch immer: „Aus Niederösterreich.“ Gerade auch die für die Landeshauptstadt St. Pölten, diese hier klare, Identität für unser Land, hat viel dazu beigetragen – aber nicht nur. Dass wir heute hier so gut liegen, hängt natürlich auch mit der eigenständigen Kulturpolitik zusammen, hängt mit der großartigen Wissenschafts- und Bildungspolitik zusammen. Auch gerade um diese Zeit herum wurden – ich sage jetzt nur – Donau-Universität, verschiedenste Fachhochschulen gegründet, sodass wir hier in vielen, vielen Bereichen einen eigenständigen Weg alleine gegangen sind, aber natürlich gemeinsam in guter Abstimmung mit der Stadt Wien, weil das nur gemeinsam gehen kann. Gerade wirtschaftspolitisch hat sich das immens bewährt, weil – und Franz Romeder hat das auch angesprochen – gerade nur acht Jahre vorher war die Grenzöffnung und plötzlich war Niederösterreich, das immer am Rande Europas gelegen hat, im Herzen Europas, was natürlich genutzt werden konnte. Darüberhinaus konnte neben dieser Grenzöffnung neben all den Dynamiken, die natürlich – ich sage das jetzt auch sehr bewusst – die „Vienna Region“ für uns auch bedeutet, weil natürlich der Großraum Wien hier viele Möglichkeiten wirtschaftspolitischer Natur für uns eröffnet, auch noch durch die Dynamik, die mit der neuen Landeshauptstadt St. Pölten entstanden ist, gerade auch hier westlicher von Wien, vieles hier in Gang gebracht werden, sodass wir heute von vier Vierteln, aber fünf Region reden, den Zentralraum dazunehmen, weil er sich so eigenständig und so hervorragend entwickelt hat. Es hat sich daher für uns – und das ist eine große Freude – diese Übersiedlung von Wien nach St. Pölten in allen Bereichen, weil wir damit auch Wien in vielen Bereichen entlastet haben, hervorragend bewährt. Für Niederösterreich kann man fast sagen, es hätte schon viel, viel früher geschehen können. Aber das zeigt auch, dass man natürlich gerade in der Zwischenkriegszeit andere Sorgen hatte als eine eigene Landeshauptstadt zu errichten. Und es stellt sich auch berechtigt die Frage, die Erwin Pröll hier angeschnitten hat: Wären wir heute auch noch imstande in dem politischen Umfeld, in dem wir leben, eine solche Entscheidung über alle Parteien gemeinsam zu treffen, im Konsens uns zu finden und eine eigene Landeshauptstadt zu errichten? Natürlich gibt es immer wieder Fragen, die neu gestellt werden. Ich sage jetzt nur das Thema „Bodenverbrauch“. Ich glaube, heute wäre es fast unmöglich – hier waren früher Schrebergärten – Schrebergärten wegzunehmen und eine Hauptstadt zu errichten, denn das gäbe also sehr, sehr viele Diskussionen, die nicht nur in sozialen Medien, sondern die überall heftigst geführt werden würden und wir müssen uns die Frage stellen, ob wir heute noch imstande sind – und deswegen sind wir dann auf Universitätsprofessor Konrad Paul Liessmann gekommen – mit der repräsentativen Demokratie, die wir alle sehr schätzen, aber auch all den Herausforderungen, die damit gegeben sind, solche entscheidenden Fragen wie eine eigene Landeshauptstadt hier in St. Pölten für Niederösterreich noch entscheiden zu können und was das für die Zukunft der Demokratie gerade jetzt – 2022 – im Besonderen bedeutet? Das sind große Herausforderungen, denn wenn wir uns das ansehen – auch die Frage der Minderheiten … ich sage das jetzt bewusst provokant: Wie gehen Minderheiten mit Mehrheiten um? Ist im Feld der Politik die Bereitschaft, die Vernunft der politischen Mehrheit – denn das ist das Vertrauen in die Demokratie – wirklich auch zu akzeptieren? Ist der überhöhte Moralanspruch, den manche Gruppen für sich stellen, in einer Demokratie überhaupt noch handlebar, vereinbar mit anderen Interessen auch gemeinsam hier in einen Einklang zu bringen? Das sind Fragen, die uns schon heute und in den nächsten Jahren noch viel, viel intensiver beschäftigen werden. Das ist auch völlig sicher: Nicht nur hier in Niederösterreich, sondern auf der ganzen Welt. Denn die Diskussionen, die wir hier führen, sind in ganz Westeuropa Thema, sind dort beherrschend und zeigen auch, dass das, was uns in der Zweiten Republik, gerade nach 1945 geprägt hat – nämlich Konsens, Ausgleich, Stichwort „Sozialpartnerschaft“ – immer schwieriger zu gestalten ist und – ich sage das jetzt auch sehr bewusst – die Polarisierung in allen Bereichen zunimmt und auch wir ab und zu hier im Landtag merken, dass es nicht um das „Miteinander“ auf das Erste geht und auf das einander Zugehen und Zuhören, sondern zuerst einmal so die eigene Wahrheit und damit oft auch das Trennende in den Mittelpunkt gestellt wird und von da ausgehend versucht wird, mögliche Kompromisse zu finden oder auch gar nicht anzudenken. Da stellt sich daher die Frage, ob wir in der Zukunft diese repräsentative Demokratie, wo wir zum einen den Wunsch hätten, dass sich alle daran beteiligen, dass sich alle Berufsgruppen dort vertreten fühlen und da müssen wir – und ich sage das jetzt sehr selbstkritisch – auch als Politikerinnen und Politiker Niederösterreichs uns selbst die Frage beantworten, ob wir nicht ab und zu auch überschießend reagieren? Denn wenn heute ein junger Mensch – egal aus welcher Berufssparte – in die Politik wechselt und in 10, 15 Jahren wechseln müsste, müsste er fürchten, dass sofort die Frage gestellt wird, ob er beruflich für das neue Aufgabengebiet, das eben dann möglicherweise gefunden wird, überhaupt die Kompetenz dafür hat oder ob nicht sofort wieder mit Parteibuch-Misswirtschaft argumentiert wird usw., und wir daher diese Durchlässigkeit, die wir brauchen, wenn wir wollen, dass sich die Besten für Politik interessieren, die sogar eine Voraussetzung dafür ist, dass sich die Besten auch in die Politik einbringen, auch in Zukunft gestalten können. Oder – ich sage jetzt sehr bewusst als jemand, der da selbst betroffen ist, ich stelle mir oft die Frage: Viele von uns führen – und das ist jetzt der Umgang auch mit der Justiz – viele von uns haben ungefähr alle 14 Tage, einmal im Monat Sprechtage. Ich auch seit ungefähr 40 Jahren mittlerweile. Alle 14 Tage gibt es einen Sprechtag – einmal in Mistelbach und einmal in Poysdorf – und Hunderte kamen an diesen Sprechtagen zu mir, um eine Hilfe zu erwarten – oft nur im Umgang mit der Verwaltung, oft nur im Umgang damit, welche Förderungen gibt es wo? Wen kann man fragen? Oft wollte man nur eine Telefonnummer von mir, wo dieses oder jenes erreicht werden könnte, völlig zulässig usw. Trotzdem: Allein, dass da Hunderte bei mir waren – ich sage das jetzt sehr bewusst – stellt mich bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft unter Generalkorruptionsverdacht. Das ist die Frage, wie wir damit in Zukunft umgehen und wie wir in Zukunft Politik gestalten? Wenn es eine repräsentative Demokratie sein soll, wo sich die einzelnen Menschen erwarten von ihrem Politiker, von ihrer Politikerin, dass sie ihnen auch bei Alltagssorgen zur Hand geht und hier eine gewisse Unterstützung leistet. (Beifall im Hohen Hause.) Jetzt seid ihr selber schuld, weil ihr mir einen Applaus gegeben habt. Jetzt bringe ich noch einen „Sidestep“ ein: Wir leben immer von der Gewaltenteilung. Das heißt Legislative, Exekutive, Judikative. Ich bin völlig dafür, das muss auch so sein, dass natürlich die verfassungsmäßige Unabhängigkeit für alle Richterinnen und Richter gegeben ist. Aber ich bin nicht dafür, dass oberste Organe – egal in welcher Einrichtung … in der Verwaltung, aber auch in der Judikatur – auch einfordern: Es darf keine Kontrolle mehr geben, außer der Selbstkontrolle. Denn wenn wir – und auch das ist, sage ich jetzt, ein Zeichen der repräsentativen Demokratie – wollen, dass diese Gewaltenteilung auch in Zukunft funktioniert, dann muss jedes oberste Organ – egal in welcher Verwaltungseinheit – auch der Kontrolle des Parlaments oder auch des Landtages unterliegen, so wie auch völlig klar und völlig zu Recht jede Länderkammer, jedes Parlament der Kontrolle der Justiz unterliegt und sofort geahndet wird, wenn hier etwas unrechtsmäßiges geschieht. Ich glaube, dass das eine Grundvoraussetzung ist, dass wir austariert diese Demokratie auch in Zukunft weitergestalten und miteinander – das sage ich jetzt auch sehr bewusst – ehrlicher umgehen, im Wissen dessen, dass diese Demokratie verlangt, dass sich all jene, die Beiträge dafür leisten können, dass es den Menschen besser geht, die Beiträge dafür leisten können, dass wir Wirtschaftswachstum, Stabilität haben, auch bereit sind, sich in die Politik einzubringen und dort ihre Ideen und all das, was sie ausmacht, all die Kompetenzen hier bereit sind für unser Heimatland Niederösterreich einzusetzen und dann müssen wir auch dankbar sein für jede – und ich sage das jetzt auch bewusst – egal welche Partei, die diese Bereitschaft zeigt und diese Bereitschaft einbringt. Fakt ist, dass wir – und da kann ich Franz Romeder, Edi Freibauer, aber auch Martin Michalitsch, Klaus Schneeberger und Karl Moser nur danken, mit all den anderen vielen, die seit 25 Jahren in diesem Haus gesessen sind – in den letzten 25 Jahren haben wir es geschafft, einerseits oft auch sehr pointiert, oft auch sehr hart politisch zu diskutieren, was auch richtig ist, aber gleichzeitig – und ich sage das jetzt auch sehr bewusst – jenen Respekt und jene Wertschätzung jeder und jedem von uns zu zeigen in der politischen Auseinandersetzung, die wir auch brauchen, damit auch Demokratie in Zukunft die Anerkennung jener findet, die wir brauchen – nämlich unserer Wählerinnen und Wähler. Ich glaube, das ist die Aufgabe, die wir alle haben. Es ist daher auch gelungen, dieses Land in den vergangenen 25 Jahren, aber – und da bin ich mir sicher, dass Johanna Mikl-Leitner auch darauf eingeht, vor allem auch in diesen vergangenen 100 Jahren – zu einer Erfolgsstory werden zu lassen und dass es daher das unbedingte Streben jedes Einzelnen und jeder Einzelnen von uns sein muss, diesen Beitrag dazu leisten, dass wir auch in Zukunft erfolgreichst hier im Landtag für unser Land Niederösterreich arbeiten. Danke. (Beifall im Hohen Hause.)
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