Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2068/A-2/78-2022 – Umfassendes Maßnahmenpaket gegen die Teuerung, um die Kaufkraft unserer Bevölkerung zu erhalten – statt „§ 34 Placebos“
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Veränderungen machen den Menschen immer Angst. Daher glauben sie dann bereitwillig jenen, die Ihnen erzählen, dass sich nichts ändern wird. Gerade in Niederösterreich wird das ja vor Wahlen gerne auf die Spitze getrieben. Man erzähle den Menschen, was sie hören wollen und mache dann etwas vollkommen anderes, wenn der Wahltermin wieder vorbei ist. Ich habe heute nicht vor, in diesen Kanon von Unglaubwürdigkeiten einzusteigen, aber als Sozialsprecherin möchte ich eines klar festhalten: Es wird Einschnitte geben und es wird vielen von uns weh tun. Wir leben in einer Zeit der Transformation. Da gibt es Migration, da gibt es Klimawandel, da gibt es Digitalisierung – um nur einige zu nennen. Das wird von vielen heute immer noch in Frage gestellt oder immer noch dagegen gearbeitet und es führt dazu, dass wir das Tempo gar nicht mehr bestimmen. Diese Transformation der Welt, der Welten – der Arbeitswelt, der Umwelt – findet statt, aber wir sind hier in vieler Weise schon fremdbestimmt. Wenn ich mir vorher die Ausführungen vom Herrn Klubobmann Landbauer angehört habe bzgl. des Spritpreisdeckels auch … ja, das sind Versäumnisse in der Politik, die diese Transformation tatsächlich sehr, sehr dramatisch werden lassen. Zu dieser Unsicherheit hinzu kommt etwas, was die Menschen ganz konkret spüren: Das Leben wird teurer. Es ist klar, dass jemand, der bisher schon sein Einkommen sehr genau einteilen musste, damit er überhaupt über die Runden kommt, viel stärker davon betroffen ist, als wenn jemand Reserven hat oder insgesamt ein höheres Einkommen hat. Es gibt zwei Dinge, die wir als verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker wissen und beachten müssten. Meine Kollegin, Indra Collini, hat es vorher auch schon gesagt. Erstens: Der Staat kann nicht alles und für alle ausgleichen. Er kann nicht jedes Risiko absichern. Ich glaube, das ist ein Glaubenssatz, wenn der bei jemandem so tief verankert ist, dann muss man sich davon einmal verabschieden. Das kann der Staat nicht. Zweitens: Genauso wichtig: Zusätzliche Schulden belasten die Zukunft. Die Inflation hat jetzt im April knapp 7 % erreicht. Wir wissen nicht, wie lange sie anhält, ob sich das tatsächlich in ein paar Monaten stabilisiert oder ob das noch eine Zeit lang so bleibt und das ist für jene, die nahe am Limit leben, sehr beängstigend. Es ist für jene, die Schulden abzahlen müssen und auch in der Lage dazu sind, eher günstig. Und es ist ganz besonders günstig für den Staat, der nicht nur enorme Schulden hat, sondern der auch noch zusätzliche Einkommen über erhöhte Steuerzahlungen – die „kalte Progression“ ist schon angesprochen worden – und auch erhöhte Verbrauchssteuern hat. Wenn der Finanzminister neuerdings doch die Abschaffung der „kalten Progression“ ventiliert, dann sagt man als gelernte Österreicherin: „Schauen wir einmal.“ Denn versprochen hat diese Regierung schon sehr viel, umgesetzt nicht so viel. Umgesetzt werden Ministerinnen und Minister in regelmäßigen Abständen, als ob das eine Party wäre, wo jeder privat entscheidet, ob er noch Lust hat weiterzumachen oder jetzt für sich entscheidet, es ist der Zeitpunkt aufzuhören. Also ich frage mich schon: Was ist das für ein Commitment für eine Regierung oder was ist das auch für eine Führung dieser Regierung? Ein weiterer Punkt sind natürlich die verbrauchsbezogenen Steuern. Kommen wir also zur Mehrwehrtsteuer oder auch – richtigerweise – Umsatzsteuer. Ich habe vorhin schon gesagt: Der Staat kann nicht alles ausgleichen. Das geht sich einfach nicht aus. Daher können zusätzliche Schulden auch nur damit gerechtfertigt werden, dass die Hilfen, die dadurch finanziert werden sollen, treffsicher eingesetzt werden – und zwar für jene, die es aus eigener Kraft nicht schaffen. Aber woher kommen den zusätzliche Einnahmen? Sie kommen von den Menschen, die arbeiten, die konsumieren und die jetzt mehr Steuern zahlen oder durch die Aufnahme neuer Schulden. Sie haben also nur die Wahl einer weiteren Umverteilung, meistens zulasten des Mittelstandes und auf der anderen Seite zur Belastung der nächsten Generationen. Und wo bitte ist die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel treffsicher? Erstens betrifft das in der Theorie Luxusgüter genauso wie Grundnahrungsmittel. Zweitens werden natürlich wohlhabendere Personen mehr davon profitieren, weil es ist nicht nur eine Frage des Prozentsatzes vom Einkommen, sondern es ist auch eine Frage der absoluten Ausgaben dafür und der Warenkorb von wohlhabenden Menschen wird größer und deutlich größer sein als von Niedrigverdienern. Drittens wird diese Praxis – also da brauchen wir uns über das Ankommen von Steuererleichterungen bei wohlhabenden Leuten gar nicht so großartig die Sorge machen, weil diese Senkung wird bei den Konsumenten nicht ankommen. Die Handelsketten haben jetzt schon enorme Teuerungen eingefahren. Die sind noch nicht einmal durchgereicht worden. Das ist noch gar nicht beim Konsumenten angekommen. Wenn Sie sich das jetzt vorstellen können, wohin diese Spanne von diesen 10 % Mehrwertsteuer versickern wird? Also alle ernstzunehmenden Ökonomen sind sich da ganz einig, dass eine Senkung der Mehrwertsteuer auf die Lebensmittel eine Schnapsidee ist. Und das wieder rückzuführen – da wünsche ich Ihnen auch viel Glück dabei. Lebensmittel haben ohnehin einen begünstigteren Steuersatz und die paar Cent pro Produkt – ist mir schon klar, dass das in Summe auch etwas ausmacht – die gehen in dieser Spanne also so was von locker unter. Das kommt niemals beim Konsumenten an. Das ist eigentlich nur ein Verzicht auf Steuereinnahmen, die man treffsicherer verteilen könnte. Jeder Verzicht auf Einnahmen und jede Ausgabe aus dem öffentlichen Haushalt wird dadurch belastet. Dass dieser öffentliche Haushalt von allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert wird, das muss uns auch allen klar sein. Wenn es wir nicht mehr sind, dann sind es unsere Kinder und danach sind es unsere Enkelkinder. Daher appelliere ich auch an die Vernunft der Abgeordneten hier keine vorschnellen populistischen Schritte zu fordern. Hilfe mit sozialer Treffsicherheit – ja. Populistische Gießkanne – nein. Wir werden daher diesem Punkt mit der Mehrwertsteuersenkung nicht zustimmen. Ebenso wenig auch der pauschalen Pensionserhöhung ohne Einkunftsgrenzen. Ich bin dabei, wenn wir sagen: den Niedrigpensionisten – und das möglichst über die Ausgleichszulage und nicht nur über die Höhe der Pension unter die Arme zu greifen und hier Abhilfe zu schaffen. Aber bei den Luxuspensionen, wo die Pension oftmals höher ist als ein Arbeitseinkommen? Ich weiß nicht, wer sich so etwas ausdenkt? Diese Missachtung des Generationenvertrags ist tatsächlich haarsträubend. Es ist das größte Wählerpotenzial. Aber ich muss auch bei den Pensionistinnen und Pensionisten unterscheiden zwischen denen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen und denen, die das sehr wohl auch gut überbrücken können. Dem TOP-Jugendticket, dieser Idee für junge Menschen in Ausbildung, dem werden wir zustimmen. Da passen auch Treffsicherheit, Verhaltensänderung und Finanzierbarkeit zusammen. Also für uns ist hier ein sehr, sehr breiter Bereich abgedeckt und deshalb ist uns auch eine differenzierte Abstimmung hier sehr wichtig. Ich bringe daher einen Antrag auf getrennte Abstimmung ein und zwar zur Ltg.-2068, der Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Mag. Samwald, Landbauer u.a. (liest:)
„Die Gefertigten stellen den Antrag sämtliche folgende Punkte des Antrags jeweils pro Punkt und Unterpunkt getrennt abzustimmen – nämlich den Punkt 1 jeweils lit. a bis f und Punkt 2 jeweils lit. a bis d.“
Zum Antrag von der ÖVP, der heute zwei Stunden vor der Sitzung eingebracht wird, brauchen wir keine getrennte Abstimmung beantragen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
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