Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2068/A-2/78-2022 – Umfassendes Maßnahmenpaket gegen die Teuerung, um die Kaufkraft unserer Bevölkerung zu erhalten – statt „§ 34 Placebos“
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Berichterstatterin Abg. Hinterholzer(ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Hoher Landtag! Ich berichte zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hinterholzer, Schneeberger u.a. betreffend wirksame Maßnahmen zum Teuerungsausgleich für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Wie bereits angesprochen sind die aktuelle Inflationsentwicklung und ihre Auswirkungen spürbar und beschäftigen die Staaten weltweit. Vor allem belasten die gestiegenen Verbraucherpreise die Menschen in ihrem unmittelbaren Leben. Die damit verbundenen Sorgen der Menschen sind umso ernster zu nehmen, als es sich bei den Leistungen und Produkten um Dinge handelt, auf die sie täglich angewiesen sind, die nicht eingespart oder ersetzt werden können. Diese Umstände betreffen insbesondere einkommensschwächere Haushalte und Familien in besonderem Maß, reichen aber bis weit in den Mittelstand hinein. Vor diesem angespannten Hintergrund ist es daher sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung und das Parlament bereits Entlastungsschritte auf den Weg gebracht haben, die die Auswirkungen der Teuerungswelle vor allem für die sozial Bedürftigen, aber auch für den Mittelstand abschwächen und dämpfen sollen. Ich erwähne die ökosoziale Steuerreform. Die kundgemachte Steuerreform weist ein Volumen von insgesamt sage und schreibe 18 Milliarden Euro auf. Sie tritt in mehreren Etappen in Kraft. Dazu zählt die Erhöhung des Familienbonus, der Kindermehrbetrag, die Senkung der Einkommensteuerstufen in Etappen, die Anhebung des Pensionistenabsetzbetrages, den regionalen Klimabonus … aber neben diesen Maßnahmen im Rahmen der Steuerreform hat der Bund angesichts der steigenden Energiepreise im Jänner 2022 ein erstes Maßnahmenpaket vorgelegt. Diese Maßnahmen zum Teuerungsausgleich dienen einmal der unmittelbaren Abfederung von zusätzlichen Belastungen durch die steigenden Energiepreise und sie wurden schrittweise bis März 2022 im Parlament beschlossen. Die durchwegs energie- bzw. verkehrsbezogenen Entlastungen zielen darauf ab, die gestiegenen Kosten für den Energieverbrauch in den privaten Haushalten und in den Unternehmen zu kompensieren, wobei jene Gruppen, die besonders von der Inflation betroffen sind, in besonderem Maße entlastet werden. Ich erwähne den Energiekostenausgleich in der Höhe von 150 Euro pro Haushalt, einmal Zuzahlungen bis zu 300 Euro für Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, von Ausgleichszulagen und von der Studienbeihilfe, sowie Haushalte mit Sozialhilfebezug, weiters das Aussetzen der Ökostromabgabe. Da sich im Winter weiters abgezeichnet hat, dass die Entwicklung der steigenden Energiepreise kein kurzfristiges Phänomen darstellen wird, hat der Bund dann im März 2022 ein weiteres Maßnahmenpaket zum Teuerungsausgleich mit folgendem Inhalt geschnürt: eine Senkung der Abgaben auf Erdgas und Strom bis Juni 2023 und eine Anhebung der Pendlerpauschale um 50 % und Vervierfachung des Pendlereuros für den Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023. Mit diesen beiden Maßnahmenpaketen zum Teuerungsausgleich hat der Bund also bereits 4 Milliarden Euro zur zielgerichteten Entlastung von besonders betroffenen Zielgruppen und Menschen bereitgestellt und diese Schritte werden jetzt in den kommenden Wochen in vollem Umfang wirksam. Aber neben diesen Maßnahmen des Bundes stehen für besonders betroffene Personengruppen auch entsprechende Unterstützungsleistungen des Landes sowie der erhöhte Heizkostenzuschuss für die Heizperiode 2021/2022 im Ausmaß von 150 Euro, die NÖ Pendlerhilfe und die Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem Sozialhilfegesetz zur Verfügung. Klar ist, dass diese Maßnahmen, die in Etappen in Kraft treten, teilweise erst in den kommenden Wochen eine spürbare finanzielle Erleichterung bei den Menschen entfalten werden. Für die Verantwortungsträger – und ich habe es schon gesagt – steht außer Frage, dass auf die bisher gesetzten Schritte des Bundes und Landes weitere Maßnahmen folgen müssen. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Grundlagen von treffsicheren und vor allem wirksamen Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Teuerung müssen jedoch eine belastbare Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung und vor allem auch eine genaue Analyse der Wirkung der bereits umgesetzten Maßnahmen sein. Niemand, der Verantwortung trägt, kann sich der Verpflichtung zur Unterstützung von besonders belasteten Bevölkerungsgruppen entziehen. Das möchte ich noch einmal betonen. Jeder, der Verantwortung trägt, muss sich aber auch der langfristig und nachhaltig wirkenden finanziellen Auswirkungen bewusst sein und damit eine seriöse und solide Finanzierung gewährleisten können. Aufgrund der aktuellen und sich für die kommenden Wochen verstärkt abzeichnenden steigenden Zinssituation ist in der aktuellen Lage etwa eine weitere Verwertung von Wohnbauförderungsdarlehen für uns kein geeigneter Weg, da ein Verwertungserlös von mindestens 90 % des ausstehenden Nominalwertes, wie vom Landtag mit Beschluss vom 17. Juni 2021 vorgegeben, am Markt derzeit nicht erzielbar ist. Einerseits führen steigende Preise aufgrund der Logik des Finanzausgleichs natürlich zu einer erhöhten Einnahmesituation im Wege des steigenden Steueraufkommen, aber andererseits ist auch das Landesbudget auf der Ausgabenseite etwa bei den Bau- und Personalkosten, sowie Treibstoff- und Energiepreisen von den Steigerungen ebenso massiv betroffen. Selbstverständlich sollen die tatsächlich durch die steigenden Preise resultierenden zusätzlichen Einnahmen der öffentlichen Hand wieder den Landsleuten zugute kommen. Im Interesse der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher soll daher die NÖ Landesregierung beauftragt werden, in den kommenden Wochen und Monaten ein Entlastungspaket Niederösterreich zu erarbeiten und dieses bis zum September dem NÖ Landtag vorzulegen, sodass eine Behandlung in der Landtagssitzung am 22. September möglich ist. Je genauer die Zielrichtung definiert ist, desto besser wird eine spürbare Entlastung der Landsleute erreicht werden können. Aber höchste Priorität dieses Entlastungspakets für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher muss haben, dass die Leistungen rasch, unbürokratisch und treffsicher bei den Menschen ankommen und ihnen das tägliche Leben erleichtern. Aber darüber hinaus – ich habe es ebenfalls schon gesagt – ist auch der Bund gefordert. Angesichts der finanziellen Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger weitere Maßnahmen gegen die Teuerung zu erarbeiten und umzusetzen und damit österreichweit zusätzliche Entlastungsschritte zu setzen. Als besonders wirksam und treffsicher können folgende Maßnahmen besonders von der Teuerung betroffene Bevölkerungsgruppen unterstützen: Zum Einen ist es die Steuerstrukturreform hinsichtlich der kalten Progression. Es ist ja schon im Regierungsprogramm eine Prüfung dieses Effekts vorgesehen. Die sozialen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Abschaffung der „kalten Progression“ sollten nun bis zum September 2022 analysiert und die konkrete Umsetzbarkeit für eine Steuerstrukturreform hinsichtlich der „kalten Progression“ geprüft werden. Zweitens die Kaufkraftsicherung für Pensionsbezieher. Im August starten dann wieder die Verhandlungen zur Pensionsanpassung 2022 und dann steht auch die offizielle Inflationsrate für die vergangenen zwölf Monate fest, welche wiederum die gesetzliche Grundlage für die Pensionsanpassung bildet. Eine Kaufkraftsicherung für die ältere Generation angesichts deren spezifischer Bedürfnisse muss natürlich gerade in diesem Jahr besonderes Augenmerk geschenkt werden und eine entsprechende Pensionserhöhung – vor allem für die Mindest- und Niedrigpensionen – vorgesehen werden. Zum Dritten: Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der ökosozialen Steuerreform – diese Entlastungsmaßnahme wird den Menschen in mehreren Etappen wirksam. Bei der Lohn- und Einkommensteuer wird die zweite Tarifstufe ab 1. Juli 2022 und von 35 auf 30 % und die dritte Tarifstufe erst im Juli 2023 von 42 auf 40 % gesenkt. Zum Vierten ist es der Zeitpunkt des Inkrafttretens der ökosozialen Steuerreform. Diese Entlastungsmaßnahme wird ebenfalls für die Menschen in mehreren Etappen wirksam. Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten der dritten Tarifstufe sollte im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklungen auf 1.1.2023 vorgezogen werden. Fünftens: Die Ökostrompreisgestaltung am europäischen Strommarkt. Viele Landsleute haben sich ganz bewusst für einen Ökostromanbieter entschieden. Die vergangenen Wochen haben aber nun deutlich gemacht, dass sich auch für diese Menschen die Stromrechnung deutlich erhöht hat – nämlich analog zur Gasrechnung. Unverständlich ist hiebei, dass bei Wasserkraft, Solar- und Windenergie, wo es keine Engpässe gibt, deren Verfügbarkeit nicht eingeschränkt ist und der Krieg in der Ukraine auch keine Auswirkungen auf Verfügbarkeit und Produktion hat. Die Preisentwicklung hängt somit mit dem sogenannten „Merit-Order-Prinzip“ am internationalen Strommarkt zusammen. Also damit, dass das letzte und das somit teuerste Kraftwerk, dessen Angebot bei einer Auktion angenommen wird, den Strompreis am „Spotmarkt“ bestimmt. In der Praxis sind das eigentlich die Gaskraftwerke. Die Bundesregierung soll daher auf europäischer Ebene eine Alternativenprüfung zu diesem ökologisch widersinnigen Prinzip der Strompreisgestaltung unterstützen und damit die Preise für diese Energiequellen senken. Ich stelle daher den Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die NÖ Landesregierung wird ersucht, auf Grundlage einer raschen und präzisen Analyse der Wirkung der in den kommenden Wochen in Kraft tretenden bundesweiten Maßnahmen gegen die Teuerung, im eigenen Wirkungsbereich zusätzliche treffsichere und für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher spürbare Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Teuerung zu erarbeiten und dem Landtag bis September 2022 zur Beschlussfassung vorzulegen. Dabei ist vor allem auf eine unbürokratische und wirksame Umsetzung im Interesse der Landsleute sowie eine entsprechende Ausfinanzierung Bedacht zu nehmen.
2. Die NÖ Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung heranzutreten und diese aufzufordern,
a) die im Regierungsprogramm vorgesehene Vereinfachung des Steuersystems hinsichtlich der „kalten Progression“ und damit die Umsetzbarkeit für eine diesbezügliche Steuerstrukturreform zu prüfen;
b) bei den im Sommer 2022 anstehenden Verhandlungen zur Pensionsanpassung eine Kaufkraftsicherung für Pensionsbezieher, insbesondere bei Mindest- und Niedrigpensionen, durch entsprechende Erhöhungen vorzusehen;
c) die im Rahmen der ökosozialen Steuerreform geplante Senkung der Lohn- und Einkommensteuer von 42 % auf 40 % in der 3. Tarifstufe im Interesse einer raschen Entlastung der Steuerzahler auf 1.1.2023 vorzuziehen und
d) auf europäischer Ebene die Nutzung erneuerbarer Energieträger auch dadurch zu forcieren, als Alternativen zur derzeitigen Preisgestaltung von Ökostrom am Europäischen Strommarkt im Sinne des Merit-Order-Prinzips geprüft werden sollen, damit auch die Verbraucherpreise für Energie aus nachhaltiger Stromerzeugung gesenkt werden.“
Sehr geehrter Herr Präsident, ich ersuche die Debatte einzuleiten und anschließend die Abstimmung durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.